Nachdem wir uns in den letzten Ausgaben des Heftes mit den verschiedenen Anlagemöglichkeiten beschäftigt und die jeweiligen Chancen und Risiken aufgezeigt haben, wenden wir uns diesmal der Anlagestrategie zu. Eine erfolgreiche Anlagestrategie ruht grundsätzlich auf drei Säulen.
Diversifikation. Verteilen Sie ihr Kapital auf verschiedene Anlageklassen. Setzen Sie niemals alles auf ein Pferd, sondern achten Sie darauf, sich mehrere Möglichkeiten offenzuhalten.
Zeithorizont. Eines sollten Sie sich immer vor Augen halten: Langfristige Anlagen gleichen kurzfristige Schwankungen, wie sie etwa an den Börsen immer wieder vorkommen, aus. Dazu ein Beispiel aus Österreich: Angenommen Sie hätten Anfang dieses Jahres 1.000 Euro in einen ETF auf den Wiener Leitindex ATX investiert. Bis Mitte März hätten Sie bereits einen Ertrag von 180 Euro erwirtschaftet, den Sie allerdings binnen kürzester Zeit wieder verloren hätten,denn bis zum 9. April drehte die Entwicklung, und der ATX verlor seinen gesamten Zugewinn. Von den ursprünglich eingesetzten 1.000 Euro wären Ihnen zu diesem Zeitpunkt nur 985 Euro geblieben. Doch der Spuk war nur von kurzer Dauer, im Anschluss ging es wieder steil bergauf. Mit Stand 3. Oktober 2025 wären aus den ursprünglichen 1.000 Euro bereits 1.300 Euro geworden. Sprich, der ATX hat seit Jahresanfang ein beachtliches Plus von 30 % erzielt. Blickt man noch weiter zurück, so zeigt sich noch deutlicher, welche Rolle der Faktor Zeit bei der Veranlagung spielt: In 5 Jahren, seit Anfang Oktober 2020, hat der Wiener ATX ein Plus von 127,5% erzielt, das entspricht einer durchschnittlichen Rendite von 25,5% pro Jahr. Zieht man den ATX Total Return, bei dessen Performance auch die Dividendenzahlungen berücksichtigt werden, als Maßstab heran, so waren es in den vergangenen 5 Jahren sogar 185 % plus bzw. eine jährliche Rendite von im Schnitt 37 %.
Risikobewusstsein. Eines sollten Sie sich bei der Geldanlage immer vor Augen halten: Höhere Renditen sind nur mit höheren Risiken zu erzielen. Das Sparbuch ist auch weiterhin die sicherste Geldanlage von allen, allerdings lässt sich damit aktuell kaum eine Rendite erzielen.
So weit die grundsätzlichen Überlegungen. Im Folgenden aber noch 7 Tipps aus der Praxis, die Ihnen dabei helfen sollen, die für Sie passende Veranlagungsform zu finden und umzusetzen.
Analysieren Sie Ihre finanzielle Ausgangslage. Schauen Sie sich zu allererst einmal Ihre aktuelle finanzielle Situation an: Einkommen, Ausgaben, vorhandenes Vermögen und Schulden. Legen Sie einen Notgroschen als Reserve zurück, bevor Sie zu investieren beginnen.Definieren Sie Ihre Anlageziele. Definieren Sie konkrete Ziele: Wollen Sie für die Altersvorsorge sparen, ein Haus kaufen oder ein passives Einkommen aufbauen? Je nach Ziel ergeben sich unterschiedliche Anlagestrategien. Legen Sie fest, wann Sie das Geld benötigen – Ihr Anlagehorizont ist mitentscheidend.
Bestimmen Sie Ihr persönliches Risikoprofil. Ihr Risikoprofil hängt von mehreren Faktoren ab: Alter, Einkommen, finanziellen Verpflichtungen und persönlicher Mentalität. Wichtig ist vor allem, wie Sie mit Wertschwankungen emotional umgehen können. Wenn Sie dazu neigen, bei Kursschwankungen in Panik zu geraten, sollten Sie eher auf konservative, „sicherere“ Anlageinstrumente wie Anleihen, Versicherungen oder das Sparbuch zurückgreifen. Eine Faustregel in diesem Zusammenhang lautet: Je jünger Sie sind und je länger der Anlagehorizont ist, desto mehr Risiko können Sie eingehen.
Bauen Sie Wissen auf – bleiben Sie bei Geheimtipps skeptisch. Investieren Sie Zeit in Ihre eigene Finanzbildung. Sie sollten verstehen, in was Sie investieren. Bücher, Podcasts, seriöse Finanzblogs und Kurse helfen, fundierte Entscheidungen zu treffen. Starten Sie mit möglichst einfachen, leicht verständlichen Produkten wie etwa ETF, die exakt einen Index abbilden. Wenn Sie in einzelne Aktien investieren, sollten Sie sich den legendären Investor Warren Buffett als Vorbild nehmen. Dieser hat nur in Unternehmen investiert, deren Geschäftsmodell er selbst verstanden hat. Bleiben Sie skeptisch – die Finanzwelt ist voll mit Geheimtipps. Vor allem im Internet kursieren unzählige solcher „1.000%-Chancen“, die in erster Linie dazu dienen, Anleger:innen das Geld aus der Tasche zu ziehen. In vielen Fällen handelt es sich um Pennystocks, die oft erst kurz auf einem Kurszettel stehen. Mittels Werbeschaltungen, die häufig als „Analyse“ getarnt daherkommen, wird das Interesse potenzieller Anleger:innen geweckt, während im Hintergrund gezielt der Kurs in die Höhe getrieben wird. Binnen kürzester Zeit steigt der Kurs dieser Aktien in lichte Höhen, um dann – sobald genügend Anleger:innen in den Geheimtipp investiert haben – wieder abzustürzen. In diesem Fall gilt das alte Sprichwort: „Den Letzten beißen die Hunde.“
Diversifizieren Sie Ihr Portfolio. Wie bereits zuvor erwähnt lautet eines der fundamentalen Prinzipien bei der Geldanlage, dass man nicht das gesamte Kapital auf ein einziges Anlageinstrument setzen sollte. Streuen Sie Ihr Vermögen über verschiedene Anlageklassen (Aktien, Anleihen, Immobilien, Gold), Regionen und Branchen. Ein ausgewogenes Portfolio könnte beispielsweise aus 60 % Aktien bzw. Aktien-ETF, 30 % Anleihen und 10 % Gold bestehen. Natürlich lässt sich der Aktien- und Anleihen-Anteil auch durch Fonds abbilden, wobei Dachfonds hier eher vermieden werden sollten, da sie durch höhere Verwaltungsgebühren an der Performance knabbern.
Setzen Sie Ihre Strategie sukzessive um. Sparpläne – egal ob ETF oder Fonds – sind ein guter Tipp, um mit der Veranlagung zu starten. Dabei können Sie bereits monatlich mit 50 bis 100 Euro beginnen, langfristig Vermögen aufbauen. Bei Sparplänen profitieren Sie auch vom sogenannten Cost-Average-Effekt. Dieser glättet Preisschwankungen, da einmal zu einem günstigeren und dann wieder zu einem höheren Kurs gekauft wird.
Prüfen Sie regelmäßig Ihre Anlagestrategie. Überprüfen Sie Ihre Anlagestrategie zumindest einmal im Jahr. Haben sich Ihre Lebensumstände geändert? Passen Sie Ihr Portfolio bei Bedarf an, aber vermeiden Sie häufiges Umschichten. Emotionales Handeln bei Marktschwankungen ist einer der häufigsten Anlegerfehler. Wenn Sie auf „StopLoss Orders“ setzen, achten Sie darauf, dass diese nicht zu eng sind, da Sie sonst leicht ausgebremst werden könnten. Außerdem sollten „StopLoss Orders“ bei steigenden Kursen regelmäßig nachgezogen werden. Zur Erklärung: Eine „StopLoss Order“ ist eine automatische Verkaufsorder an der Börse, die dazu dient, Verluste zu begrenzen oder Gewinne abzusichern. Sobald der Kurs eines Wertpapiers einen vordefinierten Preis, den Stop-Preis, erreicht oder unterschreitet, wird automatisch ein Verkauf ausgelöst. Der Vorteil liegt darin, dass man nicht ständig die Kurse überwachen muss.
Die optimale Anlagestrategie ist individuell und hängt von Ihrer persönlichen Situation, Ihren Zielen und Ihrer Risikobereitschaft ab. Für die meisten Privatanleger:innen bietet eine Kombination aus breit gestreuten ETF und einer langfristigen Buy-and-Hold-Strategie die beste Mischung aus Renditechancen und vertretbarem Risiko. Ideal ist es, frühzeitig zu beginnen, kontinuierlich zu investieren und langfristig dabei zu bleiben. Zeit ist beim Vermögensaufbau die wichtigste Verbündete.