Mutige Reformen sehen anders aus

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Im Bundeskanzleramt wurde am Dienstag über Reformwege im Dickicht des Gesundheitswesens diskutiert. Fazit: alle wollen, ziehen aber wie immer in unterschiedliche Richtungen.

Bei der vor sechs Monaten gestarteten „Reformpartnerschaft“ von Bund, Ländern und Gemeinden rückt das Gesundheitswesen in den Fokus. Bei einem Spitzentreffen am Dienstag im Bundeskanzleramt gab es den Auftrag an die Fachgruppen, konkrete Konzepte für die geplante größere Verwaltungsreform zu erarbeiten. Einer der Aufträge: Ein bundesweit einheitliches System zur Patientenlenkung ab 2027. „Es soll zu kürzeren Wartezeiten, zu schnelleren Diagnosen und zu rascheren OP-Terminen kommen“, gab Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) nach dem Treffen mit Spitzenvertreter:innen von Bund, Ländern und Gemeinden das Ziel vor. Dabei soll es auch um die Kompetenzen gehen. Stocker hatte zuletzt die Finanzierung, Steuerung und Planung aus einer Hand präferiert. Die Frage, welche Struktur am effizientesten ist, stehe allerdings erst am Schluss. Die Bereitschaft, eine gute Lösung zu finden, sei auf allen Seiten groß – es gebe aber auch „Knackpunkte sonder Zahl“, räumte Stocker ein.

Mit der geplanten verbesserten Patientenlenkung soll dafür gesorgt werden, dass Patient:innen künftig am richtigen Ort zur richtigen Zeit die passende medizinische Versorgung erhalten und die Wartezeiten deutlich verkürzt werden, hieß es in einer Aussendung des Bundeskanzleramts. Als weitere Ziele zur Verbesserung des Gesundheitssystems wurden etwa weniger Bürokratie, ein Gesamtvertrag für Kassenärzt:innen und Konzepte, damit Medizinabsolvent:innen vorrangig dem öffentlichen System zur Verfügung stehen und Wahlärzt:innen stärker ins öffentliche System gehen. In der zuletzt öffentlich viel diskutierten Frage der Kompetenzverteilung soll eine Expertengruppe drei Optionen für eine Bündelung der Finanzierungsströme sowie Struktur- und Kapazitätsplanung erarbeiten, wobei der niedergelassene und stationäre Bereich verschränkt werden sollen.

Das alles ist nicht neu. Es wird bereits seit Jahren und nicht erst in dieser Regierung diskutiert. In der Problemanalyse sind sich alle Beteiligten einig, in der Lösung ziehen alle weiterhin in andere Richtungen. Gleichzeitig drängt die Zeit, denn der medizinische Fortschritt, die demografische Entwicklung und die Umbrüche in der Wirtschaft, die die Finanzierung auf den Kopf stellen, werden die Herausforderungen massiv verschärfen. Dass man sich jetzt noch einmal ein Jahr Zeit nimmt, deutet darauf hin, dass die Politik hofft, dass sich die wirtschaftliche Lage 2026 verbessert und man dann doch weitgehend weitermachen kann, wie bisher. Dabei hätte man das, was jetzt diskutiert wird, bereits vor 20 Jahren machen müssen. Man kann das Gesundheitswesen auch im Schritttempo an die Wand fahren – dann nämlich, wenn die Wand gar keine Wand ist, sondern ein Gegenzug, der rasch auf einen zufährt. Gelingt es nicht, rasch die Weichen zu stellen, kommt es zum Crash des Gesundheitswesens. (rüm)