Erfolgsfaktor Wertschätzung

Wertschätzung erhöht Motivation, Engagement und Freude an der Arbeit, verbessert das Arbeitsklima und stärkt Loyalität und Compliance. „Wertschätzung und Vertrauen nehmen in der Medizin beziehungsweise in der Therapie von Patienten einen besonders hohen Stellenwert ein. So zeigt sich, dass die Compliance und der damit verbundene Therapieerfolg positiv beeinflusst werden können, wenn die Arzt-Patienten-Beziehung wertschätzend, vertrauensvoll und offen ist“, so Dr. Christoph Reisner, Präsident der Ärztekammer für Niederösterreich.
Damit diese – für therapeutische und wirtschaftliche Erfolge notwendige – Grundsätzlichkeit auch vom Patienten erlebt wird, braucht es allerdings eine Wertschätzungskultur, die auch die Mitarbeiter einer Praxis miteinbezieht. Neben den äußeren Rahmenbedingungen, die selbstverständlich auch Mitarbeiter extrem fordern, spielt in diesem Zusammenhang vor allem eine Person eine entscheidende Rolle: der direkte Vorgesetzte. Seine emotionale und soziale Kompetenz sind ein wesentlicher Einflussfaktor auf das Arbeitsklima. Sie ist die Basis für eine respektvolle, konstruktive Zusammenarbeit und eine angenehme Atmosphäre in der Praxis.
Leider herrscht aber nach wie vor in vielen Arztpraxen eine Anerkennungs- und Wertschätzungsdürre. Mitarbeiter fühlen sich für ihre Arbeit nicht ausreichend anerkannt und als Mensch nicht wertgeschätzt. Demotivation und Frust sind die Folge – und das spüren natürlich auch die Patienten. Da nützt es auch nichts, wenn auf Flyern und der Website von einer „Wohlfühlpraxis“ die Rede ist.

Was Wertschätzung ist

Fast schon inflationär verwendet, wird der Begriff oft mit Lob und Anerkennung von Leistung gleichgesetzt. Wertschätzung ist aber mehr: Sie ist die positive Bewertung eines anderen Menschen – der Respekt vor der Unterschiedlichkeit des Anderen –, sie ist eine Herzens- und Geisteshaltung, die immer auch den Menschen sieht und nicht nur dessen Leistung. Derjenige Praxisinhaber, der sich dafür interessiert, was seine Mitarbeiter empfinden – welche Bedürfnisse und Erwartungen sie haben –, kann die Stimmung in der Ordination positiv beeinflussen und die Beziehungsqualität zu Mitarbeitern und Patienten verbessern.
Viele Führungskräfte und damit auch Praxisinhaber sind sich der Auswirkung von fehlender Wertschätzung nicht bewusst. Es besteht kein Interesse – Hauptsache die Mitarbeiter funktionieren und der Laden läuft (irgendwie). Und solange die Führungskraft Arzt nicht „gelobt“ wird, gibt es ja auch keinen Grund, Mitarbeiter zu loben. Dabei wissen doch gerade Ärzte genau um die demotivierende und destruktive Auswirkung von fehlender Wertschätzung – und fordern diese zu Recht auch selbst ein.

Wertschätzungskompetenz

Um Mitarbeiter und Patienten wertschätzen zu können, ist es also wichtig, zuerst sich selbst wertzuschätzen. Der erste Schritt ist somit die Auseinandersetzung mit dem eigenen Selbstwert und dessen Stärkung.

Tipp: Beantworten Sie dazu für sich selbst (am besten schriftlich) ein paar Fragen:

  • Welche und wie viele Selbstwertquellen haben Sie, beruflich und privat?
  • Woraus ziehen Sie Selbstvertrauen?
  • Was baut Sie auf?
  • Was ist Ihnen in letzter Zeit gut gelungen?
  • Wie wirken Sie auf andere?*

*Carsten-Bach-Wirtschaftsberatung

Ihre ehrlichen Antworten zeigen Ihnen gut, wie es um Ihre persönliche Wertschätzung bestellt ist. Je höher der eigene Selbstwert, desto einfacher ist es, Mitarbeitern und Patienten Anerkennung zu geben.

Werte

Werte sind ein wesentlicher Teil im Wort Wertschätzung. „Wert-Schätzung“ ist verbunden mit Respekt, Wohlwollen und Anerkennung und drückt sich aus in Zuwendung, Interesse, Aufmerksamkeit und Freundlichkeit. Geben Sie diesen Werten Wichtigkeit, leben Sie diese aktiv vor, und prägen Sie damit die Praxiskultur! Dann ist es auch für Ihre Mitarbeiter einfacher, Patienten Wertschätzung erleben zu lassen.
Bedenkt man in diesem Zusammenhang, dass Ihre Mitarbeiter der erste und letzte Kontakt des Patienten mit Ihrer Praxis sind, wird die Bedeutung der Wertschätzungskompetenz schnell klar.
Haben Sie sich schon einmal mit Ihren Werten und denen Ihrer Praxis auseinandergesetzt? Welche Werte sind Ihnen besonders wichtig? (Abb. 1)

 

Wertschätzung ist einfach

Wertschätzung verursacht keinen Aufwand. Die kleinen Dinge, die sich problemlos in den Arbeitsalltag integrieren lassen, machen hier den Unterschied:

  • interessiert, aktiv zuhören
  • anteilnehmend lächeln
  • anerkennende Worte und Blicke finden
  • um Rat bitten
  • Bedürfnisse erkennen
  • respektvolle Wortwahl – auch in fordernden Situationen
  • Vertrauen beweisen
  • „Bitte“ und „Danke“ bewusst anwenden
  • fair revanchieren
  • Zusagen einhalten

„Wertschätzung ist ja nicht anstrengend, und alles geht viel einfacher und leichter. Es ist eine Frage der Einstellung, ob ich einen anderen Menschen achte oder nicht. Die Herausforderung liegt aber darin, dass man auch einen Menschen, der einem persönlich unsympathisch ist, als Menschen annimmt, wie er eben ist“, betont Hubert Worliczek, Mitautor des Buches „Berufsprinzip Mensch sein: wie Wertschätzung zum Erfolg führt“.

Fazit

Wer sich als Führungskraft mit Wertschätzung auseinandersetzt, sie vermittelt und lebt, wird langfristig das Praxisklima, die Zusammenarbeit mit Mitarbeitern und Patienten verbessern und das eigene Wohlbefinden steigern. Und ganz nebenbei ist Wertschätzung auch ein Gesundheitsfaktor (Abb. 2).
Möglicherweise erscheinen Ihnen die oben angeführten Punkte zu trivial. Die Erfahrung beweist aber das Gegenteil. Das WIE ist oftmals entscheidender als das WAS – vor allem in einem emotional geprägten Umfeld wie einer Arztpraxis. Probieren Sie es einfach aus!