Kassen müssen nicht die beste Behandlung bezahlen

Bei einem noch ungeborenen Kind wurde vor dessen Geburt eine linksseitige Zwerchfellhernie (CDH) diagnostiziert. Daraufhin informierte sich die Mutter des Ungeborenen über die Behandlungsmöglichkeiten des Kindes nach dessen Geburt. Routinemäßig umfassen diese Möglichkeiten medizinische Intensivtherapie für Neugeborene, insbesondere Beatmungs- und Kreislauftherapie, sowie ein chirurgisches Verfahren zum Verschluss der Hernie. Zu den intensivmedizinischen Modalitäten bei angeborenen Zwerchfellhernien gehört unter anderem auch der allfällige Einsatz der extrakorporalen Membranoxygenierung (ECMO), bei der eine Maschine teilweise oder vollständig die Atemfunktion übernimmt.

Im Zuge der Recherche wurde die Mutter auf eine deutsche Universitätsklinik aufmerksam, die in diesem Bereich über eine besonders große Erfahrung verfügt. Sie vereinbarte dort den Geburtstermin (per Kaiserschnitt), da die Überlebensrate aller dort behandelten Kinder mit angeborener Zwerchfellhernie bei über 80 % lag. Aus medizinischer Sicht ist kein Grund gegeben, der ein höheres Gesundheitsrisiko für das Kind der Klägerin erwarten hätte lassen, wäre es in Österreich behandelt worden. Der OGH führte in seiner Entscheidung aus, dass bei der Frage, ob eine Behandlung in zumutbarer Weise in Österreich durchführbar ist oder nicht, auf die Behandlungs- bzw. Operationsmöglichkeiten und -risiken und die Erfolgswahrscheinlichkeit in den einzelnen in Betracht kommenden Krankenanstalten Bezug genommen werden muss und diese Optionen auch Feststellungen zur Erfolgswahrscheinlichkeit der Behandlung (Operation) beziehungsweise zu den Mortalitätsraten in den einzelnen Krankenanstalten enthalten müssen.

Aus den gerichtlichen Feststellungen hat sich ergeben, dass die Überlebensrate in einer österreichischen Universitätsklinik bei rund 87 % gelegen ist, bei Nutzung von ECMO bei rund 65 %.
Dass allein aus der höheren Fallzahl an der deutschen Klinik eine bessere Versorgung eines Kindes mit angeborener Zwerchfellhernie beziehungsweise ein besseres Therapieergebnis als in Österreich abzuleiten wäre, ist nach Ansicht des Gerichts so nicht gegeben. Aus diesem Grund schloss sich der OGH auch der Ansicht der beiden Unterinstanzen an und führte aus, dass ein Versicherungsträger bei Vorhandensein einer zweckmäßigen und ausreichenden Krankenbehandlung im Inland seiner Verpflichtung zur Sachleistungsvorsorge ausreichend nachkommt. Keinesfalls kommt den versicherten Patienten ein Rechtsanspruch auf die jeweils weltbeste medizinische Versorgung zu, sondern – und das ergibt sich auch aus den gesetzlichen Grundlagen – nur auf eine ausreichende und zweckmäßige, das Maß des Notwendigen nicht überschreitende Krankenbehandlung. Ist die gleiche Behandlung mit ausreichender Erfolgswahrscheinlichkeit zeitgerecht kostengünstiger im Inland möglich, ist es auch der Versichertengemeinschaft nicht zumutbar, die wesentlich höheren Behandlungskosten im Ausland zu übernehmen.

Für den konkreten Sachverhalt bedeutet das somit, dass aufgrund der Möglichkeit der Therapien der angeborenen Zwerchfellhernie in Österreich (auch mit ECMO) die Behandlung in Österreich auch zumutbar gewesen ist.

Die von der Mutter des Kindes geltend gemachten Mehrkosten mussten daher nicht von der Versicherung übernommen werden.