Neues aus der Forschung

Harninkontinenz der Frau
Zusammenführung mehrerer Leitlinien

Die Harninkontinenz gehört zu den häufigsten Krankheitsbildern in der Frauenheilkunde und betrifft ca. 30 % aller Frauen. Für die Betroffenen kann die Erkrankung massive Beeinträchtigungen der Lebensqualität zur Folge haben und stellt somit ein schwerwiegendes Gesundheitsproblem für Frauen aller Altersklassen dar. Zur Vereinheitlichung der Behandlung veröffentlichte die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V. (AWMF) nun die erste S2k-Leitlinie zu diesem Thema, welche die vorhergegangenen inhaltsnahen Leitlinien „Belastungsinkontinenz der Frau“ und „Die überaktive Blase“ zusammenführt. Sie bündelt damit alle wissenschaftlich relevanten Informationen zur Belastungsinkontinenz und überaktiven Blase bzw. Dranginkontinenz. Weiters wurde der diagnostische Teil zur Beckenbodensonografie bei Harninkontinenz aus einer weiteren Leitlinie integriert.
Weiterführende Informationen zur Leitlinie hier
Quelle: www.dggg.de


HIV/AIDS
Virulentere Virusvariante zirkuliert in den Niederlanden

Veränderungen der Viruslast und ein Rückgang der CD4+-T-Zellen sind im Rahmen der HIV-Evolution nicht unerwartet. Außergewöhnlich ist jedoch die hochvirulente Variante des Subtyps B von HIV-1, die jetzt von britischen Wissenschafter:innen bei der Auswertung von Kohortendaten aus Europa und Uganda entdeckt wurde und wohl bereits seit einigen Jahrzehnten in den Niederlanden zirkuliert. 109 Personen mit dieser sog. VB-Variante wiesen eine ca. 3,5- bis 5,5-mal höhere Viruslast (im Vergleich zu 6.604 Personen mit anderen Subtyp-B-Stämmen) sowie einen doppelt so schnellen Rückgang der CD4+-T-Zellen auf. Diese aggressivere Viruslinie weist umfangreiche Veränderungen im Genom auf, ist also nicht durch Rekombination entstanden. Das erschwert das Identifizieren des molekularen Mechanismus, der dahintersteckt und für die leichtere Übertragbarkeit verantwortlich ist. Doch angesichts der Tatsache, dass es die Virusvariante schon so lange geben dürfte, ohne dass sie bislang andere Varianten verdrängte, gehen Expert:innen nicht von einer raschen Ausbreitung aus.
Quelle: Wymant C et al., A highly virulent variant of HIV-1 circulating in the Netherlands. Science 2022 Feb 4; 375(6580):540–545; DOI: 10.1126/science.abk1688. Epub 2022 Feb 3


Morbus Crohn und Colitis ulcerosa
Das Unsichtbare sichtbar machen!

Im Rahmen der Awareness-Kampagne #makeitvisible und des Welt-CED-Tages am 19. Mai 2022 wird auf chronisch entzündliche Darmerkrankung (CED) aufmerksam gemacht. 60.000 bis 80.000 Menschen leiden in Österreich an den CED Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa. Unter dem Titel #makeitvisible realisiert die Patient:innen-Serviceplattform CED-Kompass, die seit mittlerweile vier Jahren CED-Betroffenen und deren Angehörigen Hilfe und Unterstützung anbietet, eine groß angelegte Bewusstseinskampagne auf Wiener Straßenbahnen. Für die Kampagne hat die Fotokünstlerin Dr.in Barbara Wirl CED-Betroffene abgelichtet, um damit das Unsichtbare sichtbar zu machen.

Mehr Infos unter www.ced-kompass.at


Multiple Sklerose
Neue Bildgebung kann Diagnose und Therapie verbessern

Entscheidend für die Prognose bei multipler Sklerose (MS) ist eine frühe Diagnose, bei der möglichst detailreiche bildgebende Verfahren große Bedeutung haben. Herkömmliche Magnetresonanztomografie (MRT) kann die MS-assoziierten Läsionen im Gehirn sichtbar machen, gesucht wird jedoch nach Methoden, um Veränderungen in sehr frühen Stadien zu erkennen. Als vielversprechend hat sich dabei die Protonen-MR-Spektroskopie erwiesen. Forscher:innen der MedUni Wien setzten für eine Studie die MR-Spektroskopie mit einem 7 Tesla starken Magneten (7-Tesla-MRT) ein, an deren Entwicklung sie beteiligt waren. Damit ist es gelungen, MS-relevante Stoffwechselveränderungen in der weißen Substanz und der kortikalen grauen Substanz sichtbar zu machen, die in der konventionellen MRT unauffällig erscheinen. Einige der neurochemischen Veränderungen, die mit der neuen Technik sichtbar gemacht werden können, treten bereits früh im Krankheitsverlauf auf, könnten also mit Behinderungen korrelieren und die Progression vorhersagen. Nach weiteren Forschungen könnte die Methode nach Einschätzung der Forscher:innen für die Erstdiagnose sowie die Überwachung von Krankheitsaktivität und Therapie eingesetzt werden.
Zur Studie
Quelle: Presseinformation MedUni Wien


Verhaltenstherapie
Virtual Reality bei Angststörungen

Die expositionsbasierte kognitive Verhaltenstherapie (CBT) gilt als Goldstandard in der Behandlung von Patient:innen mit Angststörungen. In den letzten Jahren hat die auf Virtual Reality basierte kognitive Verhaltenstherapie (VRE-CBT) gute Erfolge bei (subklinischen) Angststörungen gezeigt und sich als gute Alternative zur CBT erwiesen. Eine rezente Metaanalyse bestätigte dies nun auch für Personen mit schweren Angststörungen. Die mittlere Effektgröße im Vergleich zur Kontrollgruppe ohne Behandlung („Warteliste“) war signifikant zugunsten VRE-CBT. Die mittlere Effektgröße im Vergleich zur herkömmlichen kognitiven Verhaltenstherapie (CBT) war gering und zeigte einen nicht signifikanten Vorteil für die CBT. Die Drop-out-Rate war zwischen den Methoden vergleichbar. Nach Ansicht der Autor:innen ist die VRE-CBT demnach – vor allem aufgrund ihrer Praktikabilität und Effizienz – als vielversprechende Alternative einer CBT anzusehen.
Literatur: Van Loenen I et al., The Effectiveness of Virtual Reality Exposure-based Cognitive Behavioral Therapy for Severe Anxiety Disorders, Obsessive-Compulsive Disorder, and Posttraumatic Stress Disorder: Metaanalysis. J Med Internet Res. 2022 Feb 10; 24(2):e26736. DOI: 10.2196/26736