Mirikizumab – wenn andere Biologika versagen

Colitis ulcerosa zählt gemeinsam mit Morbus Crohn zu den chronisch entzündlichen Darmerkrankungen mit einer jeweiligen Prävalenz von 200 bis 300 Fällen pro 100.000 Einwohner:innen in Österreich.
Pro Jahr kommen 800 bis 1.000 Neuerkrankungen hinzu, wobei beide Erkrankungen bisher als nichtheilbar eingestuft werden können.

Im Gegensatz zu Morbus Crohn sind bei Colitis ulcerosa nicht alle Darmschichten betroffen, da die Entzündung auf die Darmschleimhaut beschränkt ist. Typischerweise charakterisiert durch rezidivierende Schübe abdomineller Schmerzen und schleimig-blutigen Durchfall, geht CU ebenfalls meist mit Appetit- sowie Gewichtsverlust, daraus resultierendem Nährstoffmangel, Müdigkeit und Leistungsabfall einher. Die CU breitet sich in der Regel vom Rektum her kontinuierlich proximal im Kolon aus, wobei das Ileum nur in wenigen Fällen ebenfalls betroffen ist.

Die Pathogenese einer Colitis ulcerosa ist komplex und nicht geklärt, jedoch gehen aktuelle Untersuchungen von einer abnormalen Immunantwort auf eine Kombination aus mikrobiellen, genetischen und umweltbedingten Faktoren aus. Dem gegenüber steht eine Reihe von Substanzen und Ansätzen in der Therapie:
Amisalizylate, Kortikosteroide, Thiopurine, Antikörper gegen Tumornekrosefaktor-alpha, Interleukin-12/23-Antikörper, Januskinase-Inhibitoren und Shingosin-1-Phosphat-Modulatoren.

Wirkmechanismus

Seit 2023 steht nun ein neuer Therapieansatz zur Behandlung von erwachsenen Patient:innen mit mittelschwerer bis schwerer Colitis ulcerosa zur Verfügung, die auf konventionelle Therapien und/oder bisherige Biologika nur unzureichend ansprechen: Mirikizumab, ein humanisierter monoklonaler Antikörper der Klasse IgG4, genauer – ein Anti-Interleukin-23-Antikörper, der mit einer hohen Affinität und Spezifität das p19-Protein ebenjenes Zytokins bindet und somit eine Wechselwirkung mit dem IL-23-Rezeptor unterbindet. Hierbei konnte keine Kreuzreaktivität mit anderen Mitgliedern der IL-12-Familie– IL-12, IL-27, IL-35 – nachgewiesen werden. In-vitro-Versuche zeigten, dass Mirikizumab die von IL-23 und IL-2 stimulierte Produktion von IL-17 in Milzzellen von Mäusen erfolgreich inhibieren und weiters die IL-17-Produktion – die durch Anti-human-CD3- und -CD28-Antikörper sowie IL-23 stimuliert wurde – in menschlichen peripheren mononukleären Blutzellen hemmen konnte.

Dosierungen, Pharmakokinetik und Nebenwirkungen

Für Mirikizumab gibt es ein zweistufiges Dosierschema, da die Induktions- von der Erhaltungsdosis unterschieden werden muss: Die Induktionsdosis (300 mg) wird intravenös in den Wochen 0, 4 und 8 verabreicht. Hierauf erfolgt die Erhaltungsdosis (200 mg) als Fertigspritze oder Fertigpen als subkutane Injektion alle 4 Wochen. Populationspharmakokinetische Datenanalysen zeigten, dass die Clearance von Mirikizumab durch die gleichzeitige Verabreichung von 5-ASA (5-Aminosalicylsäure), Kortikosteroiden oder oralen Immunmodulatoren (Azathioprin, Mercaptopurin, Thioguanin und Methotrexat) bei Patient:innen mit Colitis ulcerosa nicht beeinflusst wurde. 48–72 Stunden nach subkutaner Gabe wurden maximale Serumkonzentrationen mit einer absoluten Bioverfügbarkeit von 44 % erreicht. Die mittlere Eliminationshalbwertszeit beträgt etwa 9,3 Tage. Als häufigste Nebenwirkungen wurden Reaktionen an der Injektionsstelle (8,7 %) und Infektionen der oberen Atemwege (7,9 %, hierbei am häufigsten Nasopharyngitis) gemeldet.

Studienlage

Im Rahmen der weltweit angelegten zulassungsrelevanten Phase-III-Studien LUCENT-1 (Wochen 1–12) und LUCENT-2 (Wochen 12–52) mit insgesamt 1.162 Proband:innen (868 erhielten Mirikizumab 200 mg, 294 ein Placebo) konnte nach der 12-wöchigen Induktionsphase bereits bei 24,2 % in der Mirikizumab-Gruppe eine klinische Remission bestätigt werden (im Vergleich zu 13,3 % in der Placebo-Gruppe). Weiters konnte bei 63,5 % der Proband:innen ein Ansprechen auf die Therapie verzeichnet werden (im Vergleich zu 42,2 % in der Placebo-Gruppe): Reduktion der Spiegel von fäkalem Calprotectin und C-reaktivem Protein. In der 40-wöchigen Erhaltungsphase konnte das primäre Studienziel (klinische Remission nach 40 Wochen) erfüllt werden: 49,9 % der Teilnehmer:innen in der Mirikizumab-Gruppe wurden als in Remission verzeichnet, wohingegen nur 25,1 % der Proband:innen in der Placebo-Gruppe dieses Ziel erreichten.

Bei der Behandlung von Colitis ulcerosa mit Biologika ist bisher ein protrahierter Wirkeintritt festgestellt worden, sodass der potenziell volle Therapieerfolg erst nach bis zu drei Monaten evaluierbar war. Die vorliegenden Studien zeigen bei Mirikizumab bereits nach vier Wochen eine signifikant erhöhte Zahl der Remissionen im Vergleich zur Placebo-Gruppe. Erste Besserungssymptome sind nach zwei bis vier Wochen feststellbar.