Anders als Arzneimittel sind NEM Lebensmittel, die dazu bestimmt sind, die normale Ernährung zu ergänzen. Als Lebensmittel können NEM eine Vielfalt von Nährstoffen und anderen Stoffen wie beispielsweise Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente, auch aus Pflanzen oder Pflanzenteilen, enthalten. Um als NEM eingestuft zu werden, müssen diese Stoffe aus Einfach- oder Mehrfachkonzentraten bestehen und in ihrer Zusammensetzung eine ernährungsspezifische oder physiologische Wirkung zeigen, dürfen aber keinesfalls eine pharmakologische Wirkung entfalten. Wäre Letzteres der Fall, müsste das Produkt als Arzneimittel eingestuft und somit einem Zulassungsverfahren unterworfen werden. Die Abgrenzung ist nicht immer leicht. Im Zweifelsfall empfiehlt es sich, ein Gutachten des Abgrenzungsbeirates des BMASGPK einzuholen. Auch die Abgrenzung zu kosmetischen Mitteln, diätischen oder angereicherten Lebensmitteln ist nicht immer einfach und sollte einer Prüfung unterzogen werden.
Nicht alle Vitamine und Mineralstoffe dürfen bei der Herstellung von NEM eingesetzt werden, sondern ausschließlich solche, die in Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 1170/2009 aufgelistet sind und in den in Anhang II dieser Verordnung aufgezählten Formen eingesetzt werden. Dabei sind auch die in dieser Verordnung und von nationalen Gremien empfohlenen Reinheitskriterien bei der Herstellung von NEM zu beachten.
Immer wieder stellt sich für Hersteller von NEM die Frage, welche Höchstmenge an Vitaminen und Mineralstoffen eingesetzt werden darf, diese wurde aber bislang weder national noch auf EU-Ebene geregelt. Das BMASGPK hat lediglich Empfehlungen zu Höchstmengen von Vitaminen und Mineralstoffen in NEM sowie betreffend Toleranzen bei der Beurteilung des Vitamin- und Mineralstoffgehaltes und für die Verwendung von Pflanzen und Pflanzenteilen in NEM veröffentlicht. Auch seitens der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit liegen Empfehlungen für bestimmte Vitamine und Mineralstoffe vor. Eine einheitliche gesetzliche Regelung für höchstzulässige Mengen an Vitaminen und Mineralstoffen in NEM ist auf EU-Ebene seit Längerem in Ausarbeitung, weshalb die weitere Entwicklung hierzu unbedingt verfolgt werden sollte.
Bis dahin empfiehlt es sich, bei der Herstellung von NEM nach Maßgabe der geltenden Empfehlungen sicherzustellen, dass das NEM nicht aufgrund eines zu hohen Vitamin- oder Mineralstoffgehaltes als „nicht sicher – für den menschlichen Verzehr ungeeignet“ eingestuft wird oder eine andere im LMSVG „verpönte“ Eigenschaft aufweist. Im Gegensatz hierzu wurden Mindestmengen von Vitaminen und Mineralstoffen auf EU-Ebene bereits sehr wohl vorgegeben, die in einem NEM enthalten sein müssen, damit ein Nährstoff explizit auf der Verpackung erwähnt werden darf. Gerade bei NEM werden gerne neuartige Lebensmittel oder Herstellungsverfahren eingesetzt und deren physiologische Wirkung gepriesen.
Als neuartige Lebensmittel (Novel Foods) werden Lebensmittel angesehen, die vor dem 15. 5. 1997 in der EU nicht in nennenswertem Umfang für den menschlichen Verzehr verwendet wurden und bestimmte Herstellungsverfahren beziehungsweise Eigenschaften aufweisen. Solche Lebensmittel dürfen laut der Novel-Foods-Verordnung nur verwendet werden, wenn sie einer einheitlichen Sicherheitsbewertung unterworfen wurden. Seit 1. 1. 2018 ist eine Unionsliste in Geltung, die alle zugelassenen Novel Foods auflistet, die ohne Zulassungsverfahren in NEM eingesetzt werden dürfen.
Eine Meldung, Registrierung oder Anmeldung eines NEM ist in Österreich schon seit 2006 nicht mehr erforderlich. NEM dürfen allerdings nur verpackt und in dosierter Form in Verkehr gebracht werden, das heißt in Form von beispielsweise Kapseln, Pastillen, Tabletten, Pillen und anderen ähnlichen Darreichungsformen, Pulverbeuteln, Flüssigampullen, Flaschen mit Tropfeinsätzen und ähnlichen Darreichungsformen von Flüssigkeiten und Pulvern zur Aufnahme in abgemessenen kleinen Mengen.
Nachdem es sich bei NEM um Lebensmittel handelt, sind zusätzlich zu den in der EU-Lebensmittelinformationsverordnung vorgesehenen Kennzeichnungspflichten (z. B. Name und Anschrift des Herstellers, Nettofüllmenge, Mindesthaltbarkeitsdatum etc.) auch jene in der Nahrungsergänzungsmittelverordnung vorgesehenen Angaben (z.B. Kennzeichnung als „Nahrungsergänzungsmittel“, Warnhinweise, Verzehrempfehlung, Mengenangabe etc.) auf dem Etikett verpflichtend. Die AGES hat hierzu eine Checkliste veröffentlicht, die als Vorlage dienen kann. Hier ist auch die oben erwähnte Novel-Food-Verordnung zu beachten, die für zugelassene neuartige Lebensmittel zusätzliche spezifische Kennzeichnungspflichten vorsieht.
Neben den verpflichtenden Angaben gibt es ebenfalls eine Reihe von Verboten, die sowohl bei der Kennzeichnung als auch der Werbung von NEM zu beachten sind. Zu beachten ist hier insbesondere Folgendes: