Hodgkin-Lymphom

OÄ Dr. Mira Sofie Witek berichtet über die Highlights in der Behandlung des Hodgkin-Lymphoms, die im Rahmen der virtuell stattfindenden Jahrestagung der DGHO (Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie) diskutiert wurden. Zudem gibt die Expertin eine Einschätzung, ob und welchen Einfluss die präsentierten Daten auf die klinische Praxis haben.

Highlights zur Behandlungsstrategie

Early vs. advanced stage/jung vs. alt: Ein wichtiges Highlight war die Ausarbeitung der verschiedenen Therapiestrategien für HL-Patienten, einerseits bei den Unterschieden zwischen early und advanced stage disease und andererseits bei der Unterscheidung von jüngeren und älteren Patienten. Gerade auch ältere Patienten (ca. 30 % der Patienten sind über 60 Jahre) stellen ein nicht unerhebliches Kollektiv der HL-Patienten dar.

Interims-PET: Die fixe Implementierung des Interims-PET-CT in die Therapiestruktur mit der Möglichkeit, PET-CT-gesteuerte Therapieentscheidungen zu treffen, war ein weiteres Highlight. Mittlerweile werden flächendeckend Interims-PET-CT durchgeführt. Dass dieses diagnostische Tool die Therapieentscheidungen deutlich beeinflusst, wurde bei der DGHO-Tagung nochmals verdeutlicht. Mit einer Deeskalation der Behandlung bei sehr gutem Ansprechen (Kontrolle durch Interims-PET-CT) kann bei einigen Patienten einerseits die Therapieintensität und andererseits auch die Dauer der Therapie reduziert werden – bei anhaltendem Therapieerfolg, gemessen an PFS und OS. Vor allem auch bei jungen Patienten ist diese Deeskalation in Bezug auf die Auswirkung auf Langzeittoxizitäten von Relevanz. Ein wichtiges Ziel jeder Therapie muss bei hervorragendem Outcome ein Einhergehen mit möglichst geringen Toxizitäten sein.

Die Studiendaten der HD21-Studie, welche derzeit noch nicht vorliegen (laufende Rekrutierung), sind mit Spannung zu erwarten – eine Reduktion bleomycinhaltiger Schemata in der Behandlung von HL-Patienten wäre vor allem mit dem Ziel der Reduktion von Lungentoxizitäten sehr erstrebenswert. Insbesondere ist auch jener Studienarm mit den über 60-jährigen Patienten hier sehr interessant, da bei diesen Patienten grundsätzlich keine Behandlung nach dem BEACOPP-eskaliert-Schema möglich ist. Die Lungentoxizität durch Bleomycin zeigt sich bei älteren Patienten nochmals deutlich verstärkt, sodass auch beim ABVD-Schema in dieser Patientengruppe insbesondere bei Verabreichung von mehr als 2 Zyklen eines bleomycinhaltigen Schemas Vorsicht geboten ist.

Behandlungsstrategien bei älteren Patienten: Ein eigener Vortrag behandelte die Therapiestrategien für ältere Patienten. Hier wurde vor allem auch auf die Wichtigkeit der Durchführung eines geriatrischen Assessments hingewiesen. Ein geriatrisches Assessment stellt ein wichtiges Tool zur Einschätzung der „Patientenfitness“ dar und sollte in die Therapieentscheidungen einbezogen werden. Für die Patientenevaluation wird bislang vor allem der ECOG-PS herangezogen, dieser ist oftmals aber insbesondere bei älteren Patienten unzureichend aussagekräftig. Beim geriatrischen Assessment werden weitere Aspekte herausgearbeitet. Beispielsweise hat die Fähigkeit zur uneingeschränkten Durchführung von Aktivitäten des täglichen Lebens einen starken Einfluss auf den Outcome der Behandlung.
Faktum ist auch, dass ältere Patienten in Studien oftmals unterrepräsentiert sind. Insgesamt sollten daher auch ältere Patienten mehr in Studien integriert werden, um eine repräsentativere Schnittmenge zu generieren und Therapien maßgeschneiderter anbieten zu können.

Vielversprechende Ansätze zur Reduktion von Toxizitäten unter Beibehaltung des Therapieerfolges ergeben sich zudem durch den Einsatz von PD1-Inhibitoren sowie des Antikörper-Wirkstoff-Konjungates Brentuximab Vedotin. Hierfür sind allerdings weitere Studiendaten erforderlich, um den Stellenwert dieser Substanzen in der Behandlung der HL-Patienten festlegen zu können.

Einfluss auf den klinischen Alltag

Für den klinischen Alltag ist es wichtig, ein Interims-PET-CT durchzuführen und damit die weiteren Therapieentscheidungen zu verknüpfen.
Ältere Patienten sollten entsprechend ihrer „Fitness“ behandelt werden, die Implementierung eines geriatrischen Assessments in die tägliche Routine ist daher sehr wünschenswert.
Insgesamt sollen HL-Patienten wie bisher stadiengerecht, fitness- und altersgerecht behandelt werden. Die Reduktion von (Langzeit-)Toxizitäten durch Therapiedeeskalationen ist hier ein entscheidender Punkt.
Die HD-21-Studie wird möglicherweise Ergebnisse bringen, die in die klinische Praxis Einzug halten können.
Der Stellenwert von Brentuximab Vedotin, einerseits in Kombination mit AVD und andererseits in Kombination mit beispielsweise Dacarbazin bzw. als Monotherapie, ist derzeit noch nicht eindeutig geklärt. Die Substanz wird jedoch in unterschiedlichen Settings bereits erfolgreich angewendet.
Die Implementierung von PD1-Inhibitoren und Brentuximab Vedotin als Teil der konventionellen Erstlinien-Behandlung könnte zukünftig zur Reduktion der Toxizitäten bei maximalem Therapieerfolg beitragen.
Auch der Stellenwert der ergänzenden Durchführung einer Liquid Biopsy (LB) ist noch unklar, aber auch hier zeigen sich vielversprechende Hinweise auf eine weitere Möglichkeit zur Evaluation des Therapieerfolges einerseits und zur frühen Detektion eines Relapses andererseits. Eine Korrelation mit dem Interims-PET-CT zur exakteren Bestimmung des Vorliegens einer Resterkrankung ist in Zukunft denkbar.