Könnten CF-Patienten ihre Therapielast künftig reduzieren?

Die Triple-Therapie mit Elexacaftor/Tezacaftor/Ivacaftor (ELX/TEZ/IVA) wird bei CF-Patienten mit geeigneten Mutationen additiv zu symptomatischer Standardtherapie eingesetzt. Allerdings lässt die Adhärenz bezüglich Standardtherapie bei vielen Patienten zu wünschen übrig, auch weil die Triple-Therapie so gut wirksam ist. Doch hat eine verringerte Adhärenz Auswirkungen auf den klinischen Outcome? Einige spannende Studien zum Thema wurden beim NACFC 2022 vorgestellt.

Triple-Therapie: Adhärenz für Begleittherapien im Fokus

Die Triple-Therapie mit Elexacaftor/Tezacaftor/Ivacaftor (ELX/TEZ/IVA) erweist sich im klinischen Alltag bei den meisten Anwendern als gut wirksam, so der Tenor beim NACFC 2022. Doch kann damit auch der Therapieaufwand insgesamt reduziert werden? Inzwischen gibt es viele anekdotische Berichte, dass einige CF-Patienten unter Triple-Therapie wegen der guten Wirksamkeit ohnehin die symptomatische Therapie eigenständig verringern. Doch wie schlecht ist die Adhärenz bezüglich Begleittherapien unter CFTR-Modulatoren wirklich? Welchen Einfluss hat ein solches Vorgehen auf den klinischen Outcome? Einige aktuelle Studien zum Thema wurden beim NACFC 2022 vorgestellt, darunter erste Ergebnisse der SIMPLIFY-Studie.

SIMPLIFY und …

Prof. Dr. David P. Nichols, University of Washington, Seattle, WA, USA, fasste in der Session S15 (4.11.2022, Vortrag S15.2.) das Design der randomisierten, prospektiven SIMPLIFY-Studie zusammen, an der über 12-jährige Personen mit CF unter Triple-Therapie mit ELX/TEZ/IVA und mukoaktiver Therapie seit zumindest 90 Tagen vor Screening und mit einem ppFEV1 von zumindest 60% (ab 18 Jahre) oder 70% (12-17 Jahre) teilnahmen. „Wir untersuchten gezielt den Einfluss des Absetzens der mukoaktiven Therapie mit Dornase alfa (DA) oder hypertoner Kochsalzlösung (HS) auf die Lungenfunktion (ppFEV1) als primären Endpunkt. Basierend auf verfügbarer Evidenz wählten wir einen Beobachtungszeitraum von sechs Wochen und definierten einen 3%igen FEV1-Abfall als Grenze für die Non-Inferiority.“ Die Studie wurde in zwei Teilen durchgeführt, in einem Teil mit Fort- oder Absetzen von DA (jeweils n=200/Arm), im anderen Teil mit Fort- oder Absetzen von HS (ebenfalls jeweils n=200/Arm).

Nichols stellte in der Vormittags-Session erste Ergebnisse dieser Studie vor, die am Ende desselben Tages letztlich auch im Lancet Respiratory publiziert werden sollte: „Die Daten belegen die Nichtunterlegenheit des Absetzens der Begleittherapie hinsichtlich des Abfalls der Lungenfunktion in beiden Studienteilen.“ Ein mögliches Sicherheitssignal in der Gruppe ohne Begleittherapie war Husten, berichtete Nichols und ergänzte: „Wesentliche Einschränkungen von SIMPLIFY waren die Rekrutierung eines CF-Kollektivs mit relativ guter Lungenfunktion, ein Beobachtungszeitraum von lediglich sechs Wochen und keine Datenerhebung zu pulmonalen Exazerbationen.“

… CF STORM

Die im anschließenden Vortrag (S15.2.) von Dr. Gwyneth Davies, UCL Great Osmond Street Institute of Child Health, London, UK vorgestellte britische Studie „CF STORM“ könnte einen weiteren Meilenstein setzen. In dieser Vergleichsstudie werden über 12-jährige CF-Patienten unter Triple-Therapie mit und ohne Begleittherapien und mit einem ppFEV1 von zumindest 40% zu Baseline über einen Zeitraum von 12 Monaten beobachtet. „Wir haben im Herbst 2021 den ersten Patienten eingeschlossen und inzwischen ein Drittel unserer vorgesehenen Kohorte von 764 Teilnehmern rekrutiert“, fasste Davies den aktuellen Stand der Studie zusammen.

Adhärenz und Lungenfunktion

Anekdotische Berichte über nachlassende Adhärenz für symptomatische Therapien waren auch Grundlage einer Studie der University of North Carolina at Chapel Hill, USA (#49 [Esther et al]; als Abstract #49 publiziert und am Poster #49 vor Ort mit aktualisierten Daten präsentiert). Erstautor Prof. Dr. Charles R. Esther, UNC Chapel Hill, erläuterte im persönlichen Gespräch zu Beginn der Session TPS05 (04.11.2022), dass in dieser Arbeit die klinischen Auswirkungen einer möglichen Nichtadhärenz am CF-Zentrum in Chapel Hill untersucht werden sollte. Die Adhärenz wurde mittels Medication Possession Rate (MPR) erhoben, also bezüglich Einlösens der verschriebenen Medikamente pro Monat. Berücksichtigt wurden die MPRs von Modulatoren und von Medikamenten zur Inhalation. Insgesamt wurden die Daten von 311 Personen mit CF erhoben, davon 235 mit zumindest drei Rezepten für Triple-Therapie. Lungenfunktionsmessungen vor und nach Beginn der Triple-Therapie waren für 156 Patienten verfügbar.

Den Ergebnissen zufolge war die Adhärenz für CFTR-Modulatoren generell hoch, die MPR für symptomatische Therapie nahm jedoch im Beobachtungszeitraum 2016 bis 2021 auffallend ab. So gab es in den Jahren vor Beginn der Triple-Therapie eine anhaltende Adhärenz von etwa 80% für die Inhalationstherapie, diese fiel aber in den Monaten nach Beginn der Triple-Therapie auf 69% (HS) und 73% (DA) ab. Auch die MPR der Pankreasenzyme war tendenziell unter Triple-Therapie geringer.

Esthers Kommentar zu den Ergebnissen bezüglich Lungenfunktion: „Wir waren überrascht über den geringen Einfluss der Adhärenz auf die Lungenfunktion. Der durch die Triple-Therapie zuvor erzielte substanzielle Zugewinn an Lungenfunktion nahm in beiden Gruppen über die Zeit geringfügig und kontinuierlich, aber im vergleichbaren Ausmaß ab.“ Es wäre seiner Ansicht nach daher dringend notwendig, nach SIMPLIFY weitere Studien, vor allem auch mit CF-Patienten mit geringerer Lungenfunktion zu Baseline, durchzuführen, um den Einfluss einer reduzierten symptomatischen Therapie auf den Abfall der Lungenfunktion auch über einen längeren Zeitraum zu untersuchen, betonte der Experte.

Patienten verringern Therapie ohne ärztliche Rücksprache

Die Auswertung von institutionalisierten Fragebögen untermauert den Gesprächsbedarf zum Thema Adhärenz (#248 [Kenney et al]). Diese beim NACFC 2022 präsentierten Daten aus Ohio zeigten, dass lediglich 46% der Patienten unter ELX/TEZ/IVA adhärent bezüglich aller verordneten CF-Therapien waren. 54% der befragten CF-Patienten hingegen gaben an, dass sie eigenständig, also ohne ärztliche Rücksprache, zumindest eine verordnete Medikation verringert oder abgesetzt hatten. Das betraf am häufigsten inhalative Antibiotika und Mukolytika, aber auch Bronchodilatatoren, Analgetika und Pankreasenzyme. Die Autoren rieten daher dringend, Patienten intensiver über die Bedeutung der Adhärenz für Begleitmedikation auch während der Einnahme von hochwirksamen CFTR-Modulatoren aufzuklären.

Dieser Bericht umfasst ausgewählte Inhalte aus den angeführten NACFC-2022-Sessions sowie aus den mit # gekennzeichneten Arbeiten, die als Abstracts vor dem NACFC 2022 und als Posters während des NACFC 2022 veröffentlicht wurden.