Die richtige Implantatwahl

Dahingehend gibt es keinen Unterschied zwischen den Zielen der Revisionschirurgie und eines Primäreingriffs. Auch die Prinzipien sind dieselben, wenn auch bei einer Revision gewisse Kompromisse notwendig sein können. Mit der heutigen großen Auswahl an Komponentendesigns und Kopplungsgraden kann die Wahl eines optimalen Implantats eine äußerst anspruchsvolle und schwierige Aufgabe sein. Es ist letztendlich immer der Chirurg, der das Implantat individuell auf den Patienten und dessen Knochen- und Bänderdefizite abstimmen muss. Für die richtige Wahl müssen die folgenden Fragen beantwortet werden:

1. Sollen Metallaugmente oder Knochentransplantate verfügbar sein?

2. Welche Art von Kopplung ist erforderlich – Kreuzband erhaltend (cruciate retaining), Kreuzband ersetzend (cruciate substituting), Varus-Valgus-gekoppelt, gekoppelt (Scharnier)?

3. Ist ein intramedullärer Tibia- und/oder Femurschaft notwendig und wenn ja, kann ein Offset-Schaft hilfreich sein?

Wichtige Faktoren bei der Implantatauswahl  

Der erste Schritt bei der Auswahl des passenden Implantates ist die richtige Einschätzung der Knochenqualität und des Knochenverlusts. Zum Einsatz kommen hier präoperative radiografische Verfahren, die den Orthopäden auch dabei unterstützen, den Bedarf an einer intramedullären Schaftfixation und möglichen Kombination mit den passenden Augmenten oder Knochentransplantaten zu bestimmen.
Die sorgfältige Auswertung der Kniestabilität durch präoperative klinische Untersuchung der Weichgewebehülle, durch Belastungsröntgen und präoperative Bestimmung einer Fehlstellung und Fehlrotation von Komponenten ist erforderlich. Allgemein wird empfohlen, die am wenigsten gekoppelten Implantate und die am wenigsten komplizierten Vorrichtungen zu verwenden, die zu einem gut fixierten und gut positionierten Knie führen.

Primär- oder Revisionsimplantate? Theoretisch könnten primäre Gesamtkniekomponenten in Fällen mit minimalem Knochenverlust und guter Knochenqualität verwendet werden. Zu beachten ist:

  • Der Grad des Knochenverlustes überschreitet für gewöhnlich den durch präoperative Radiografien vorhergesagten!
  • In den meisten Fällen wird eine primäre Komponente bei fehlendem oder weichem Knochen ohne zusätzliche Stabilität eines Schafts (und somit eines Revisionssystems) nicht stabil fixiert.
  • Ein mögliches Problem bei der Verwendung einer primären femoralen Komponente ist, dass sie die Gelenklinie anheben kann, was zu einer Instabilität des Extensionsraumes oder im Gegensatz dazu zu einer Enge des Flexionsraumes führt.
  • Die Verwendung primärer Komponenten ist daher häufig bei einer Revision einer unikompartimentalen Endoprothese möglich, selten aber in der Revision eines vollständigen Knies, insbesondere, wenn eine Fehlpositionierung der Komponente vorhanden war oder eine (a)septische osteolytische Lockerung offensichtlich ist.

 

Quelle: Auszüge aus dem Vortrag von Dr. Hilde Vandeneucker, UZ Leuven, Campus Pellenberg, Pellenberg, Belgien, beim EKA-Meeting „The Osteoarthritic Knee – Best Current Practice in Europe“.