Innovationen am Weg zum Patienten

Wird bei der Projektförderung für Innovationen wirklich der Prozess von der Idee bis hin zum Patienten mitbedacht?

Wir sind als Sozialversicherung nicht in die Grundidee einer Entwicklung, aus der dann eine Innovation wird, eingebunden. Das ist Sache der Industrie und der Forschungseinrichtungen. Aber wir sind diejenigen, die das Produkt in Umlauf bringen können, also wir finanzieren den Absatz. Um Innovationen in den Markt zu bekommen, benötigen wir daher einen transparenten Prozess, unter welchen Bedingungen wir diesen Absatz unterstützen, zum Beispiel zu ­erklären, wie wir die Studienlage bewerten.

Wann ist ein neues Produkt eine Innovation?

Es muss einen Zusatznutzen durch das Produkt geben, der sich gesundheitstechnisch niederschlägt. Wenn ein Produkt eine Fortentwicklung zum Status quo ist, werden aufgrund der neuen Studienlage Preisverhandlungen über die Erstattung geführt. Zuerst wird aber kontrolliert, ob es einen neuen Nutzen gibt.

Können Sie das konkret an einem Beispiel erklären, etwa anhand der Wundversorgung?

Hat ein Verband eine neue Farbe, ist das nicht innovativ. Wenn ich mir im Prozess der Versorgung einen Verbandswechsel einsparen kann, weil das neue Produkt bessere Eigenschaften hat, dann wird es günstiger. Das ist innovativ. Wir haben konkret zwei Kriterien, die wir betrachten: den medizinischen Nutzen im Heilungseffekt und das Kosten-Nutzen-Verhältnis, eben wenn ich mir zum Beispiel Verbandswechselzyklen spare.

Kommt ein einheitlicher Erstattungskatalog? Wenn ja, wann?

Meine Motivation wäre schon, dass wir weitestgehend eine Vereinheitlichung schaffen. Wir haben in einigen Produktgruppen wie Blutzuckermessgeräten, Rollstühlen oder Inkontinenzversorgung schon eine Leistungsharmonisierung angepeilt. Wichtig ist der Sozialversicherung, dass das Sachleistungsprinzip aufrechterhalten wird. Ein Geldleistungsprinzip – Patienten zahlen und wir erstatten im Nachhinein – wäre nicht absatzfördernd. Das Prinzip des Erstattungskodex, so wie bei Arzneimitteln, wäre daher durchaus sinnvoll. Bei der Preisfrage müssen wir überlegen, ob es eine gesetzliche Klammer braucht oder ob wir nicht im Verhandlungsweg mehr erreichen.

Wie sieht der Zeithorizont für einen einheitlichen Erstattungskatalog aus?

Die Gespräche gibt es schon, ich denke ein Stufenplan wäre sinnvoll, sodass wir in ein bis zwei Jahren die ersten Produkte vereinheitlicht haben. Manche Themen, wie etwa Verbandsstoffe, sind sehr komplex, da gab es auch schon in einzelnen Bundesländern Versuche zur Vereinheitlichung. Ich denke, in einem ersten Schritt wäre es gut, sich eine Kategorie von Produkten vorzunehmen und die dann österreichweit zu vereinheitlichen.

Wird eine Komponente eingeplant, die Innovationen fördert?

Ich bin mir nicht sicher, ob Innovationsförderung unsere Aufgabe ist. Wir kaufen ein, was der Markt anbietet. Für diesen soll es natürlich Anreize geben, Innovation zu forcieren.

Müssen wir davon ausgehen, dass aufgrund der negativen Preisspirale der österreichische Patient keinen Zugang zu Innovationen mehr bekommt?

Das sehe ich nicht so. Wir zahlen Produkte, die einen Patientennutzen haben. Wir wollen neue, innovative Produkte ja nicht ausschließen. Aber die Förderung der Innovation muss auch durch andere Akteure ermöglicht werden, das kann man nicht nur der Sozialversicherung umhängen.
Wir sind auch nicht absichtlich der Treiber einer negativen Preisspirale, aber wenn es auf dem Markt ein günstigeres Produkt gibt, dann werden wir uns natürlich dafür entscheiden. Das ist doch das Wesen einer Marktwirtschaft. Wenn es ein billigeres Produkt mit dem gleichen Nutzen gibt, wieso sollen wir uns dann für ein teureres entscheiden?

Wie ist Innovation aus Ihrer Sicht messbar?

Ganz klar am Nutzen: Die Frage muss lauten, ob durch ein innovatives Produkt schneller, besser, nachhaltiger Leid gelindert werden kann und in welchem Verhältnis der Patientenvorteil zu den Kosten steht.