„Onkologie ist ein ideales Setting für digitale Begleitung.“

In der Serie „NEXT GENERATION“ beantworten junge Onkolog:innen 5 Fragen zu ihrem Berufsleben, die gemeinsam mit der Young Hematologists & Oncologists Group Austria (YHOGA) erarbeitet wurden. Im Interview spricht FA Dr. David Kiesl von der Abteilung Hämatologie und Onkologie am Ordensklinikum Linz über seine wissenschaftliche Tätigkeit und das Projekt „Heartfish-Uro-Oncology“, das mit dem MSD Join4Care Award 2022/2023 ausgezeichnet wurde.

Was schätzen Sie an Ihrer momentanen Position am meisten, und was sind die größten Herausforderungen für eine:n junge:n Onkolog:in?

FA Dr. David Kiesl: Am meisten schätze ich die Möglichkeit, mich einzubringen und aktiv mitzugestalten, sowie die akademische Tätigkeit. Die Vereinbarkeit von Forschungstätigkeit und klinischem Alltag stellt eine Herausforderung dar. Flexiblere Arbeitszeitmodelle wären wünschenswert, um die tägliche Routine inklusive administrativer Aufgaben und den Forschungsbereich optimal in Einklang bringen zu können.

Was muss ein Job mitbringen, um erfüllend zu sein, und wie stellen Sie sich den weiteren Karriereweg mit einer Zeitspanne von 10 Jahren vor?

Als erfüllend empfinde ich die Arbeit und den persönlichen Kontakt mit den Patient:innen. Innovationen umzusetzen und Neues aufzubauen ist meiner Ansicht nach ebenfalls sehr wichtig. In 10 Jahren sehe ich mich weiterhin in einer Führungs- bzw. Leitungsposition. Aktuell bin ich onkologischer Leiter des uro-onkologischen Zentrums am Ordensklinikum Linz, für das in diesem Jahr die Zertifizierung geplant ist und auf dessen Entstehung und Aufbau ich gerne zurückblicke. Für die erfolgreiche Weiterführung dieses interdisziplinären Projekts werde ich mich zukünftig sowohl im akademischen als auch im klinischen Bereich weiterhin aktiv einsetzen. Ein weiterer Erfolg war die Entwicklung der Heartfish-Uro-Oncology-App, einer Supportivapplikation, die im klinischen Alltag Zeit und Ressourcen schont und den Patient:innen aufwendige Wege erspart. Die Onkologie ist ein ideales Setting für digitale Begleitung.

Heartfish baut auf Trainingstherapie, Aktivität, Bewegung und Sport während einer onkologischen Therapie auf. Umrahmt wird das Konzept von psychoonkologischen, diätologischen sowie onkologischen Inhalten, beispielsweise zu Nebenwirkungen und deren Management. Der Einsatz der App wird wissenschaftlich evaluiert: Es wird erhoben, wie das Aktivitätsniveau unter der onkologischen Therapie beeinflusst wird und ob durch dieses digitale Programm ein Absinken des Aktivitätslevels verhindert bzw. eine Stabilisierung oder sogar Verbesserung erzielt werden können.

Wie gehen Sie mit Stress im Berufsalltag um?

Für mich ist Sport sowohl Fixpunkt als auch Ausgleich im Alltag. In beruflicher Hinsicht beschäftige ich mich parallel zur Onkologie auch mit Sportmedizin, diese abwechslungsreiche Tätigkeit ist für mich ebenfalls ein guter Ausgleich. Auch der Austausch mit Kolleg:innen im klinischen Alltag ist wichtig, von einer guten Teamstruktur können alle profitieren.

Was verstehen Sie unter einer gelungenen Work-Life-Balance? Unterscheidet sich die Ansicht der jungen Generation von jener der älteren?

Es gibt sicherlich unterschiedliche Sichtweisen zwischen der älteren und der jüngeren Generation im Hinblick auf die Work-Life-Balance, beziehungsweise gibt es möglicherweise verschiedene Vorstellungen, wie sich diese gestaltet. Für mich definiert der Begriff nicht unbedingt die Balance zwischen Arbeit und Freizeit, sondern mehr die Integration des Berufs ins Alltagsleben. Diesbezüglich wären flexiblere Arbeitszeitmodelle von Vorteil, ebenso wie die Möglichkeit, gewisse administrative Tätigkeiten beispielsweise auch im Homeoffice oder im Rahmen von Administrationstagen erledigen zu können.

Warum ergreift Ihrer Meinung nach ein Teil der Absolvent:innen heimischer Medizinuniversitäten den Arztberuf nicht?

Das Medizinstudium bietet mittlerweile andere und vielseitigere Möglichkeiten als früher. In der Vergangenheit war der Weg vom Medizinstudium zur Arbeit im heimischen Spital klar vorgezeichnet. Durch internationale Kontakte im Rahmen von Auslandssemestern können Student:innen heutzutage wichtige Einblicke gewinnen, die sie im späteren Berufsleben prägen. Auch die Erfahrungen, welche die Student:innen an österreichischen Kliniken während des Studiums sammeln, können sowohl im positiven als auch im negativen Sinne weitere Entscheidungen über die künftige berufliche Laufbahn beeinflussen.

Vielen Dank für das Gespräch!