RET beim NSCLC

Das nichtkleinzellige Bronchialkarzinom (NSCLC) ist eine heterogene Erkrankung. Insbesondere beim NSCLC mit Ausnahme der vom Plattenepithel ausgehenden Formen kommt es zum Auftreten einer Vielzahl an molekularen Aberrationen.1 Bei einem Großteil der Patienten mit Bronchialkarzinom ist die Erkrankung zum Zeitpunkt der Diagnose bereits in einem metastasierten Stadium. Trotz der Vielzahl an Nebenwirkungen war die Chemotherapie viele Jahrzehnte lang die einzige wirksame Behandlungsoption, um das Überleben dieser Patienten zu verlängern. Die Identifizierung aktivierender Mutationen des epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptors (EGFR) – eine der häufigsten Treibermutationen bei Adenokarzinomen der Lunge – sowie die Zulassung von Gefitinib, einem EGFR-TKI der ersten Generation, waren wegweisend für die Entwicklung molekularer zielgerichteter Therapieoptionen beim Bronchialkarzinom.2

Zielgerichtete Therapie bei RET-Fusion

Da EGFR-Mutationen in Tumoren jedoch selten gleichzeitig mit der allseits bekannten KRAS-Mutation auftraten, sprich sich diese Treibermutationen häufig gegenseitig ausschließen, fokussierte sich die Wissenschaft auf die Suche nach weiteren Treibermutationen beim Bronchialkarzinom.1, 2 Abbildung 1 liefert einen Überblick über die Häufigkeit dieser Treibermutationen beim Adenokarzinom der Lunge; hierzu gehören unter anderen ALK-Fusion, HER2– und BRAF-Mutationen, MET-Exon-14-Skipping-Mutation sowie ROS1– und RET-Fusionen. Es entwickelte sich die Idee, dass jeder NSCLC-Patient – im Speziellen jene Individuen mit einem Adenokarzinom – eine dieser Treibermutationen aufweist und dass geeignete zielgerichtete Wirkstoffe, die diesen Treiber hemmen, ein deutliches Tumoransprechen induzieren können. Diese zielgerichteten Therapieansätze führten zu einer erheblichen Verbesserung der Behandlung mit signifikanten Vorteilen hinsichtlich des progressionsfreien Überlebens (PFS), des Gesamtüberlebens (OS) sowie des Ansprechens (ORR) gegenüber zytotoxischen Chemotherapien.2

RET-Fusion:

Etwa 1–2 % der nichtselektierten NSCLC-Patienten weisen RETFusionen auf, wobei diese häufiger bei Patienten mit Adenokarzinom-Histologie, jüngerem Alter (< 60 Jahre) und bei Niemals- oder leichten Rauchern anzufinden sind. Die Rezeptor-Tyrosinkinase (RTK) RET besteht aus einer extrazellulären, einer transmembranen und einer intrazellulären Kinase-Domäne. Die Signalübertragung wird durch Liganden moduliert, die der „Glial cell-derived neurotrophic factor“-(GDNF-)Familie zugehörig sind, einschließlich GDNF, Artemin (ARTN), Neurturin (NRTN) und Persephin (PSPN). Im Gegensatz zu anderen RTKs binden Liganden an einen von vier Korezeptoren des GDNF-Familie-Rezeptor-α-(GFRα-)Proteins und bilden einen heteromeren Rezeptorkomplex, der zur Homodimerisierung von RET, einer Transautophosphorylierung sowie zur Aktivierung des RAS/MAPK/ERK-, des PI3K/AKT- und des JAK/STAT-Signalwegs führt – resultierend in​ verbessertem Überleben, Proliferation, Transformation und Migration der Zellen und gesteigerter Angiogenese. Die onkogene RET-Fusion resultiert in der Transkription potenziell tumorinduzierender Fusionsproteine, dies wiederum führt zu einer konstitutiven Kinase-Aktivierung und einer ligandenunabhängigen Aktivierung des Signalwegs. Als häufigster RET-Fusionspartner beim NSCLC gilt der Kinesin Family Member 5B (KIF5B). Weitere häufige Fusionspartner sind Coiled-Coil Domain Containing 6 (CCDC6), Nuclear Receptor Coactivator 4 (NCOA4) und Tripartite Motif Containing 33 (TRIM33).1