Initiative für ein gesundes Österreich

Leistungskürzungen und Rationierungen

Der Vizepräsident der österreichischen Ärztekammer, Dr. Johannes Steinhart, sieht die Patientenversorgung in Gefahr: „Bei der von Ländern und Sozialversicherungen geplanten so genannten Gesundheitsreform handelt es sich lediglich um den Versuch, das Gesundheitssystem zu verstaatlichen und gnadenlos einzusparen. Satte 11 Milliarden Euro sollen in den nächsten Jahren einfach eingespart werden. Das kommt einem Kahlschlag unserer Patientenversorgung gleich. Nicht zuletzt ist Bundesminister Stöger für diesen Angriff auf das österreichische Gesundheitswesen verantwortlich. 11 Milliarden Euro einsparen, das würde bedeuten: für 1 Jahr alle Spitäler Österreichs sperren oder 3 Jahre alle Spitäler Wiens oder 30 Jahre alle Krankenhäuser im Burgenland.“
Bereits jetzt ist der Zustand der Patientenversorgung in Österreich mehr als bedenklich –die Spitalsambulanzen sind täglich überfüllt, die Anzahl an Kassenordinationen geht durch Sparmaßnahmen des Hauptverbandes der Sozialversicherungen zurück und in den vorhandenen Kassenordinationen gibt es immer mehr bürokratische Schikanen, zum Beispiel hinsichtlich der chefärztlichen Bewilligungen. Steinhart: „Dies alles wird dazu führen, das in Österreich eine Zweiklassenmedizin überhand nimmt.“
A propos Krankenhäuser: selbstverständ­lich soll auch hier gespart werden – im Rahmen der Gesundheitsreform sollen Spitäler oder einzelne Abteilungen zusammengelegt oder sogar geschlossen werden – dies wird die medizinische Versorgung dramatisch verschlechtern.
Dr. Harald Mayer, Vertreter der angestellten Ärzte in der Ärztekammer: „Unsere Spitalsärzte, die jetzt schon eine der höchsten Burn-out-Rate haben, werden noch mehr arbeiten müssen – dies kann und wird sich auf die Betreuung jedes einzelnen Patienten negativ auswirken. Viele in österreichischen Krankenhäusern ausgebildete Jungmediziner gehen ins Ausland, weil sie dort bessere Arbeitsbedingungen erwarten.“
Gab es im Jahr 2000 noch 8.491 Vertragsärzte der sozialen Krankenversicherung (bei 8,011 Millionen Einwohnern), so waren es im Jahr 2011 nur mehr 7.616 (bei einer Bevölkerungszunahme auf 8,41 Millionen Einwohnern)!! Damit fehlen derzeit in Österreich 1.309 Kassenstellen. Anders ausgedrückt: Im Jahr 2000 kamen auf einen Vertragsarzt 943 Einwohner, im Jahr 2011 bereits 1.105 Einwohner! Vor allem ländliche Regionen werden in den nächsten Jahren von einem akuten Hausarztmangel bedroht sein. Litten in den letzten Jahren vor allem die Hausärzte insbesondere am Land an Nachwuchsmangel, droht nun zusätzlich durch die geplante Gesundheitsreform und der damit einhergehenden Systemumstellung eine Gefährdung der gewohnt guten wohnortnahen Versorgung.
Steinhart: „All diese negativen Auswirkungen einer jahrelangen falschen Politik spüren die Patienten täglich am eigenen Leib. Dieser Reformversuch wird und muss scheitern, egal ob dieser Entwurf gesetzlich umgesetzt wird oder nicht. Das hat die Vergangenheit mehrfach bewiesen. Wir Ärzte haben schon immer mit allen demokratisch möglichen Mitteln für eine hohe Qualität in der Patientenversorgung gekämpft und werden dies auch weiterhin tun, wenn notwendig auch mit entspre­chenden Kampfmaßnahmen.“
Durch die Einführung der e-card im Jahr 2005 hat sich der administrative Aufwand in den Ordinationen extrem gesteigert – zu Ungunsten des Arzt-Patientenkontaktes, der seither trotz des zeitlichen Mehraufwandes jeden Arztes zu kurz kommt. Patienten sitzen ihrem Arzt zwar länger gegenüber, der Arzt muss sich aber vor allem mit dem Eintragen von Daten in das Computersystem beschäftigen. Interessant auch, dass die Krankenkassen trotz angeblicher administrativer Erleichterungen noch immer einen ähnlichen Beschäftigtenstand aufweisen wie vor e-card-Einführung.

Spardiktat gefährdet Patientenversorgung

Die Ausgaben für das Gesundheitssystem sollen an das durchschnittliche Bruttoin­landsprodukt (BIP) gekoppelt werden, mit einer Deckelung von 3,6% des BIP. Auf diese Weise sollen bis 2016 rund 3,4 Milliarden Euro und bis 2020 knapp elf Milliarden Euro eingespart werden. Bei sinkendem BIP würde noch weniger Geld für die Gesundheit der österreichischen Bevölkerung vorhanden sein. „Aber gerade in wirtschaftlich schlechten Zeiten neigen die Menschen eher dazu, krank zu werden und benötigen daher ärztliche Betreuung. Und was auch selten erwähnt wird: BIP-Werte sind schwer oder gar nicht prognostizierbar.

Steinhart: „Die Maßnahmen, die die Gesundheitsreform beinhaltet, sind in ihren Konsequenzen der Bevölkerung klar darzustellen und nicht, wie es unsere Politik tut, zu verschweigen. Die Ausdünnung der Leistungen wird zu einem marktwirtschaftlich orientierten Leistungsangebot führen – das ist weder fair noch sozial oder gerecht. Dieser Weg führt unweigerlich zu Rationierungen und zur Entwicklung eines privaten Gesundheitsmarktes. Damit wird eine „Zwei-Klassen-Medizin“ etabliert. Wer es sich leisten kann, wird sich auch weiterhin im Krankheitsfall alle seine medizinischen Leistungen in der Privatmedizin beschaffen.“

Einsparungsmaßnahmen im Gesundheitssektor sind möglich und notwendig – Leistungen sollten dort erbracht werden, wo sie bei gleicher Qualität am günstigsten sind. Auch das „Hausarztmodell“ und die Etablierung moderner niedergelassener Strukturen wie zum Beispiel Gruppenpraxen würden die enormen Leistungszuwächse an Spitalsambulanzen eindämmen. All diese Maßnahmen könnten und würden auch zu einer Kostenreduktion führen, allerdings niemals in solch einem Ausmaß, wie derzeit von der Regierung vorgeschlagen – solche Kostenreduktionen sind nur unter Leistungskürzungen umsetzbar. Umso spannender wird es ein, wo Bundesminister Stöger die Leistungen herzaubern wird, wenn kein Geld vorhanden ist!“

Große Umfrage in der Bevölkerung

Kann es wirklich im Sinne der Patienten sein, dass gerade auf dem Gebiet der Gesundheit radikale Sparmaßnahmen stattfinden sollen? Das Fachmedium Ärzte Krone und Krone Gesund & Familie wollen sich nun für die Anliegen der Patienten einsetzen – mit Hilfe des beiliegenden Fragebogens soll der Stellenwert der ärztlichen Versorgung eruiert werden. Bitte ermuntern Sie Ihre Patienten, den Fragebogen auszufüllen!
Der Fragebogen ist auch online abrufbar
Wir werden Anfang nächsten Jahres ausführlich über die Ergebnisse der Befragung berichten.

 

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