Nierenzellkarzinom ESMO 2018

Dr. Irene Resch

IMmotion151: Molekulare Korrelate in Zusammenhang mit unterschiedlichem Ansprechen auf Atezolizumab + Bevacizumab versus Sunitinib bei therapienaiven metastasierten Nierenzellkarzinom-Patienten

Rini B et al., Cleveland, USA, Abstract # LBA31;

In die Studie wurden therapienaive Patienten mit metastasiertem Nierenzellkarzinom (mRCC) mit klarzelliger und/oder sarkomatoider Differenzierung eingeschlossen. Die Stratifizierung erfolgte nach MSKCC risk-score, hepataler Metastasierung und PD-L1-Status (<1% vs. ≥1%). Primäre Endpunkte waren progressionsfreies Überleben (PFS) in der PD-L1-positiven Gruppe und Gesamtüberleben (OS), sowie explorative Endpunkte wie die Gensignatur von IMmotion150 und ihre Assoziation mit PFS und Biomarker-Charakterisierung in den MSKCC-Risikogruppen und sarkomatoid differenzierten Tumoren. Patienten erhielten entweder Atezolizumab (Atezo) + Bevacizumab (Bev) oder Suninitib (Sun).

Das Ergebnis: Sarkomatoide mRCC präsentierten sich mit einer Angiogenese-niedrigen und T-Effektor-hohen Gensignatur, sowie höherer PD-L1-Expression; Patienten hatten einen verbesserten klinischen Benefit unter Atezo+Bev. Sun wiederrum sollte die Therapie der Wahl bei Angiogenese-Gensignatur-hohen Tumoren (HR 0,59) sein. Atezo+Bev wirken besser in Angiogenese-niedrigen Tumoren (HR 0,68), sowie in T-Effektor-hohen und PD-L1+-Tumoren (HR 0,68).

Patienten aus der günstigen Risikogruppe zeigten häufiger Angiogenese-hohe Gensignaturen als intermediate und poor risk-Patienten (74% vs. 26%). Intermediate/poor risk-Patienten wiederrum zeigten häufiger T-Effektor hohe Signaturen, sowie PD-L1+ Tumoren als Patienten mit günstigem Risikoprofil (64% versus 36%).

Zusammenfassend sollten demnach Patienten mit günstigem Risikoprofil, Angiogenese-hoher und nicht-sarkomatoider Variante Sunitinib erhalten. Patienten der intermediate und poor risk-Gruppe, mit höherer Wahrscheinlichkeit für Angiogenese-Signatur-niedrige und T-Effektor-hohe oder PD-L1+-Tumoren sollten mit Checkpointinhibitoren therapiert werden, selbiges gilt für Patienten mit sarkomatoider Differenzierung. Diese Studie ist die erste validierte Identifikation von klinisch relevanten Biomarkern in der Therapie des mRCC.


Axitinib beim metastasierten, papillären Nierenzellkarzinom (Axipap)

Negrier S et al., Lyon, FR, Abstract # 790PD;

Von Nierenzellkarzinomen entsprechen etwa 10-15% papillärer Histologie. In klinischen Studien werden überwiegend klarzellige Nierenzellkarzinome evaluiert, sodass Daten für die anderen Entitäten rar sind. In dieser Studie wurde der VEGF-Rezeptor-Inhibitor Axitinib als Zweitlinientherapie evaluiert. Studienpopulation: 44 Patienten mit papillärem Nierenzellkarzinom Typ 1 (n=12) und Typ 2 (n=30) und mit überwiegend mittlerer und schlechter Prognose nach IMDC. Bei einem medianen Follow-Up von 13,9 Monaten zeigte sich eine 6 Monats-progressionsfreie Rate von 47,4% unabhängig vom histologischen Subtyp und einer medianen Dauer des Ansprechens von 6 Monaten. Die häufigsten beobachteten Nebenwirkungen waren Fatigue und Hypertonie.

Zusammenfassend zeigt Axitinib eine klinisch relevante Aktivität in der Therapie des metastasierten papillären Nierenzellkarzinom.


ATLAS: Axitinib vs. Placebo bei Patienten mit hohem Rezidivrisiko nach Nephrektomie

Gross-Goupil M et al., Bordeaux, FR, Abstract # 863O;

Die doppelblinde, placebo-kontrollierte Phase-II-Studie untersuchte Axitinib im adjuvanten Setting nach Nephrektomie bei überwiegend klarzelligem Nierenzellkarzinom. Die adjuvante Therapie erfolgte für maximal drei Jahre. Bisher konnten zwei von drei adjuvanten Studien mit anti-VEGF-gerichteter Therapie keine Verlängerung des krankheitsfreien Intervalls (DFS) zeigen. ASSURE und PROTECT fielen negativ aus, lediglich STRAC konnte zwar einen Vorteil im DFS, jedoch nicht im Gesamtüberleben zeigen. Allerdings wurden in STRAC lediglich high risk-Patienten mit klarzelligem Nierenzellkarzinom eingeschlossen. In die ATLAS-Studie wurden insgesamt 724 Patienten eingeschlossen, randomisiert zu entweder Axitinib oder Placebo. In der primären Analyse wurde die Studie gestoppt, da in keiner Subgruppe ein Vorteil für Axitinib im Vergleich zu Placebo nachgewiesen werden konnte.


JAVELIN Renal 101: Erstlinien-Therapie Avelumab+Axitinib vs. Sunitinib beim fortgeschrittenen Nierenzellkarzinom

Motzer R. at al., New York, US, Abstract # LBA6_PR;

Im Rahmen der Phase-III-Studie erhielten Patienten mit fortgeschrittenem, klarzelligem Nierenzellkarzinom und überwiegend intermediate/poor Prognose (80%) nach IMDC entweder Avelumab + Axitinib (Av+Ax) oder Sunitinib (Sun) in der Erstlinientherapie. Primäre Endpunkte der Studie sind progressionsfreies Überleben (PFS) und Gesamtüberleben (OS) in der PD-L1+-Gruppe, sekundäre Endpunkte PFS und OS in der Gesamtpopulation. Insgesamt 886 Patienten wurden eingeschlossen, 63 % der Patienten hatten PD-L1+-Tumoren.
Die Objektive Ansprechrate (ORR) lag in der Av+Ax-Gruppe bei 55%, in der Sunitinib-Kohorte bei 26% für PD-L+-Tumoren (51% vs. 26% in der Gesamtpopulation). Av+Ax zeigten im Vergleich zu Sun in allen Subgruppen einen PFS-Vorteil, mit einer HR von 0,69 in der Gesamtpopulation, unabhängig vom PD-L1-Status. Fast alle Patienten hatten therapiebezogene Nebenwirkungen (95 % in der Av+Ax-Gruppe, 96 % in der Sun-Gruppe), was jedoch nur in 4% (Av+Ax) und 8% (Sun) zu einer Beendigung der Therapie führte. Immuntherapieassoziierte Nebenwirkungen aller Grade wurden in 38% beobachtet, Grad 3/4 in 3% der Patienten. Av+Ax zeigte ein insgesamt günstiges Nebenwirkungsprofil. Die Kombinationstherapie Avelumab+Axitinib sollte als neue Erstlinientherapie des fortgeschrittenen RCC etabliert werden.


Ansprechen von Hirnmetastasen auf Nivolumab – eine prospektive Analyse der GETUG–AFU 26 (NIVOREN)-Studie

Flippot R et al., Paris, FR, Abstract # 868PD;

Es handelt sich hierbei um eine Phase-II-Studie mit fortgeschrittenen, klarzelligen Nierenzellkarzinom-Patienten, die nach Versagen einer anti-VEGF-gerichteten Therapie Nivolumab erhielten. Alle Patienten waren asymptomatisch, hatten keine klinischen signifikanten Hirnödeme, benötigten keine Steroidtherapie, Operationen oder Radiotherapie zum Zeitpunkt des Studieneinschlusses.

Es wurden insgesamt 73 Patienten mit Hirnmetastasen eingeschlossen; das mediane Follow–Up betrug 16,1 Monate. Nach IMDC-Kriterien waren 19 % in der günstigen, 55% in der intermediate und 27% in der schlechten Risikogruppe.

Ergebnisse der Kohorte A (ohne vorherige fokale Therapie der Hirnmetastasen): 11 % der Patienten zeigten ein komplettes intrakranielles Ansprechen (CR). Eine vorangegangene Radiotherapie war mit einem verbesserten intrakraniellen progressionsfreien Überleben assoziiert (HR 0,51). Das mediane progressionsfreie Überleben betrug 3,5 Monate (Kohorte A) und 2,7 Monate (Kohorte B, nach vorangegangener fokaler Therapie).

Insgesamt zeigt sich ein limitierter Effekt von Nivolumab auf Hirnmetastasen. Vor der Etablierung einer Therapie mit Nivolumab bei Patienten mit fortgeschrittenem, metastasiertem Nierenzellkarzinom sollte eine zerebrale Bildgebung in Erwägung gezogen werden, um diese Patienten optimal zu betreuen.

Die NIVOREN-Studie ist die erste prospektive Studie, die Checkpointinhibitoren bei Patienten mit Metastasen eines klarzelligem Nierenzellkarzinom untersucht, jedoch wurden Patienten mit symptomatischen Hirnmetastasen ausgeschlossen.


KEYNOTE-427: Pembrolizumab-Monotherapie als Erstlinientherapie im fortgeschrittenen, klarzelligen Nierenzellkarzinom (ccRCC)

Donskov F et al., Aarhus, DN, Abstract # 871P;

Diese open label, Phase-2-Studie untersucht die Wirksamkeit und das Sicherheitsprofil von Pembrolizumab in der Erstlinientherapie des lokal fortgeschrittenen und metastasierten ccRCC.

Die aktuell vorgestellte Kohorte A inkludierte nur Patienten mit klarzelligem Nierenzellkarzinom. 42% der Patienten wiesen eine PD-L1-Expression auf (CPS ≥1). Insgesamt waren 110 Patienten eingeschlossen, wobei 61 Patienten die Therapie beendeten, insbesondere aufgrund von Nebenwirkungen (18/110) und Progression der Erkrankung (38/110). Es zeigte sich eine objektive Ansprechrate (ORR) von 38% mit 3% kompletten Remissionen. Bei Patienten mit IMDC intermediärem/hohen Risiko war die ORR höher mit 42%, gegenüber 32% bei Patienten mit niedrigem Risiko. PD-L1-positive Patienten (CPS ≥1) zeigten ebenso eine höhere ORR (50% vs. 26%). Das progressionsfreie Überleben war ebenso in Abhängigkeit vom PD-L1-Status verlängert mit 9,7 Monaten vs. 5,6 Monaten (bei PD-L1-negativen Patienten). Das Nebenwirkungsprofil entsprach dem für Pembrolizumab bereits beschriebenem, mit Grad 3/4-Nebenwirkungen in 22% der Patienten.

Kommentar: Pembrolizumab zeigt somit eine vielversprechende Wirksamkeit als Monotherapie in der Erstlinie, jedoch liegen bisher noch keine Daten für das mediane Gesamtüberleben vor.


IMmotion150 & IMmotion151: Erstlinientherapie des metastasierten RCC mit Atezolizumab/Bevacizumab vs. Sunitinib (kombinierte Analyse zu Verträglichkeit und Sicherheitsprofil)

Suarez C et al., Barcelona, SP, Abstract # 873P;

Durch Datenpooling erfolgte die Analyse von 546 Patienten unter Atezolizumab + Bevacizumab im Vergleich zur Erstlinien-Monotherapie mit Sunitinib (n=552). Der überwiegende Anteil der Patienten war gemäß MSKCC intermediate/poor risk (80%) Patient, 20% wiesen Lebermetastasen auf und 75% waren bereits vor Therapiebeginn nephrektomiert. Knapp über 40% waren PD-L1-positiv (IC ≥ 1%).

Therapie-assoziierte Nebenwirkungen traten in 96% und 91% der Patienten unter Sunitinib und Atezolizumab +Bevacizumab auf, wohingegen Grad 3/4-Nebenwirkungen häufiger unter Sunitinib auftraten (54% vs. 40%). In 8% der Patienten unter Sunitinib und 5% unter Atezolizumab +Bevacizumab führten Nebenwirkungen zur Beendigung der Therapie.

Kommentar: Diese Ergebnisse unterstreichen die relativ gute Verträglichkeit der Kombination von Atezolizumab + Bevacizumab in der Erstlinientherapie im Rahmen von klinischen Studien. Es bleibt abzuwarten, ob die zuletzt veröffentlichten Ergebnisse mit Nachweis eines verlängerten progressionsfreien Überlebens auch zu einer Verlängerung des Gesamtüberlebens führen.


CheckMate 214: Ipilimumab + Nivolumab vs. Sunitinib in der Erstlinientherapie des fortgeschrittenen Nierenzellkarzinoms

Rini B et al., Cleveland, USA, Abstract # 875P;

Die Phase-III-Studie CheckMate 214 konnte bereits nach einem medianen Follow–Up von 17,5 Monaten in der Erstlinientherapie für Patienten mit intermediate/poor risk nach IMDC mit fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom ein besseres Gesamtüberleben als auch eine höhere objektive Ansprechrate (ORR) für die Kombinationstherapie Ipilimumab + Nivolumab im Vergleich zu Sun belegen. Nach nun 3-jährigem Follow-Up zeigte sich unter der Kombinationstherapie eine höhere Rate an komplettem Ansprechen (CR) und längeres Ansprechen auf die Therapie im Vergleich zur Sunitinib-Monotherapie in allen Risikogruppen. Progressionsfreies Überleben (PFS) und Gesamtüberleben waren in der intermediate- und poor risk-Population für Ipilimumab +Nivolumab länger als unter Sunitinib, bei favourable risk Patienten jedoch ident für beide Therapiearme. Die 2-Jahres-PFS-Rate war in der favourable risk Gruppe gleich für beide Therapiearme, bei intermediate/poor risk Patienten konnte wiederum ein Vorteil für die Kombination (60%) im Vergleich zu Sunitinib (41%) nachgewiesen werden.

Kommentar: Die Ergebnisse der CheckMate 214-Studie mit nun längerem Follow-Up unterstützen die günstigen Daten für die Kombination Ipilimumab + Nivolumab im Vergleich zu Sunitinib bei intermediate und poor risk Patienten.