Betablocker bei kardiovaskulären Erkrankungen

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Beim von Merck unterstützten „Forum Allgemeinmedizin“ waren auch diesmal wieder hochkarätige Vorträge zum Thema Herz-Kreislauf-Erkrankungen unter besonderer Berücksichtigung der Betablocker zu hören.

  • In den aktuellen Leitlinien der „European Society of Hypertension“ (ESH) aus 2023 stehen Betablocker auf derselben Stufe wie ACE-Hemmer, Diuretika und Kalziumantagonisten1.
  •  Es gibt einige Indikationen, in denen Betablocker (BB) besonders wichtig sind. Dazu gehören akute und chronische Koronarsyndrome, der st. p. Myokardinfarkt, Herzinsuffizienz (HFrEF und HFpEF), Arrhythmien, Vorhofflimmern, Hypertonie bei Frauen im gebärfähigen Altern bzw. in der Schwangerschaft. „Wenn man das zusammenfassen will, kann man vier Punkte aufzählen: KHK, Herzinsuffizienz, Arrhythmien und junge Frauen“, so Weber.
  • Darüber hinaus gibt es eine lange Liste anderer Indikationen, in denen Betablocker ebenfalls günstig sein können, wie z.B. obstruktive Schlafapnoe, Hypertonie mit Ruhefrequenz über 80/min, perioperative Hypertonie, große nichtkardiale chirurgische Eingriffe, periphere arterielle Verschlusskrankheit, Glaukom, Thyreotoxikose, Migräne und viele andere1.
  • Der Beginn einer antihypertensiven Therapie sollte mit einer Zweierkombination aus einem RAS- Blocker (ACE-Hemmer oder Angiotensin-Rezeptorblocker, kurz ARB) und entweder einem Kalziumantagonisten oder einem Thiaziddiuretikum erfolgen1. Der Einsatz von BB erfolgt im Sinne einer „Guideline-Directed Medical Therapy“ (GDMT) an beliebiger Stelle der Therapiekaskade, wenn z. B. eine HFrEF (Herzinsuffizienz mit reduzierter Auswurffraktion) vorliegt, eine antiischämische Therapie bei chronischen Koronarsyndromen oder eine Frequenzkontrolle bei Vorhofflimmern notwendig werden1.
  • Kontraindikationen für BB sind schweres Asthma, jeglicher höhergradige sinuatriale oder atrioventrikuläre Block und Bradykardie mit einer Frequenz <60/min. Mit Vorsicht sollten BB bei Asthma, Glukoseintoleranz und Sportlern sowie körperlich aktiven Patient:innen verwendet werden1.
  • „Was man auch sagen muss: Betablocker ist nicht gleich Betablocker – die BB sind im Gegenteil sogar die antihypertensive Substanzgruppe, bei der die größten Unterschiede zwischen den einzelnen Substanzen bestehen“, fuhr Weber fort. „Dabei verwenden wir im Alltag heute vor allem Betablocker der zweiten Generation, wie Atenolol, Bisoprolol oder Metoprolol.“
  • Einer großen Studie zufolge beträgt der günstigste Blutdruck – d.h. jener mit der niedrigsten Rate an kardiovaskulären Ereignissen – systolisch 90–114 mmHg, diastolisch 60–74 mmHg2.
  • „Was die Blutdruckziele bei KHK angeht, so haben Studien uns gezeigt, dass es sinnvoll sein kann, schon ab einem hochnormalen Blutdruck, also ab einem systolischen Druck von 130 mmHg, mit einer Blutdrucksenkung zu beginnen“, erläuterte der Kardiologe. Und obwohl manche (meist nicht randomisierte) Studien zumindest beim diastolischen Blut-druck eine J-Kurve hinsichtlich der Ereignisrate sahen (also Anstieg der Rate bei hohen, aber auch bei sehr niedrigen Werten), zeigte die randomisierte SPRINT-Studie, dass dies kein Hindernis für eine konsequente Senkung des systolischen Drucks sein sollte3.
  • Daher heißt es in den aktuellen Leitlinien, dass schon ab einem Druck von ≥ 130/80 mmHg eine Blutdrucksenkung erfolgen sollte. Dies schließt Patient:innen aus, die von vornherein eine Herzfrequenz von weniger als 50/min aufweisen. Zudem sind die oben genannten Ziele altersabhängig und gelten zunächst nur für Patient:innen unter 65 Jahren. Bei 65- bis 79-Jährigen liegt das Blutdruckziel unter 140/80 mmHg, bei isolierter systolischer Hypertonie in dieser Altersgruppe sollte der systolische RR zwischen 140 und 150mmHg eingestellt werden. Dies gilt auch für Über-80-Jährige Patient:innen. Bei gebrechlichen Patient:innen muss das Blutdruckziel individuell festgelegt werden. Bei Patient:innen, die einen diastolischen Druck unter 70 mmHg aufweisen, sollte ein erhöhter systolischer Druck ebenfalls ge-senkt werden, allerdings mit Vorsicht1.

„Die Frage ist, ob es bei den Indikationen Herzinsuffizienz, kurz HI, und Rhythmusstörungen echte Kontraindikationen gegen Betablocker gibt“, begannin Dr.in Stefanie Schneiderbauer-Porod, Abteilung Interne II/Kardiologie, Ordensklinikum Linz, ihren Vortrag.

  • „Eine echte Kontraindikation ist eine bradykarde Rhythmusstörung mit höhergradigem AV-Block“, so die Kardiologin. „Auch schweres Asthma bronchiale ist eine Kontraindikation und auch bei dekompensierter bronchospastischer Erkrankung sollten Betablocker vermieden werden. Weitere Kontraindikationen sind Schock, schwere Hypotonie, metabolische Azidose und Phäochromozytom, wenn nicht gleichzeitig Alphablocker gegeben werden“, betonte Schneiderbauer-Porod.
  • Im Gegensatz dazu ist eine COPD keine absolute Kontraindikation. Insbesondere kardioselektive Betablocker wie Bisoprolol werden von COPDPatient: innen gut vertragen4. „Allerdings sollte man mit einer niedrigen Dosis starten und die Patient:innen gut monitieren“, forderte die Kardiologin.
  • „Was Diabetes angeht, so wird den Betablockern eine mögliche Rolle im Maskieren von Hypoglykämiesymptomen und auch ein direkter hypoglykämischer Effekt nachgesagt. Hier sollte man im Zweifelsfall Betablocker mit positivem Effekt auf die Insulinsensitivität, wie Carvedilol oder Nebivolol, verwenden“, fuhr die Expertin fort. Die ESC-Guidelines sagen jedoch klar, dass Patient:innen mit HI und eingeschränkter Linksventrikelfunktion (HFrEF) mit oder ohne Diabetes einen Betablocker erhalten sollten5.
    „Diabetes ist also keine Kontraindikation für Betablocker, aber bei schlecht eingestelltem Blutzucker ist eine gewisse Vorsicht geboten“, so Schneiderbauer-Porod. Auch die periphere arterielle Verschlusskrankheit per se ist heute keine Kontraindikation mehr, lediglich bei kritischer Extremitätenischämie sollte man von Betablockern Abstand nehmen.
  • Bei HI bilden vier Medikamentenklassen die Basis der Therapie: ACE-Hemmer bzw. ARNI (Angiotensin-Rezeptorblocker plus Neprilysininhibitoren), Betablocker, Mineralokortikoid- Rezeptorantagonisten (MRA) und SGLT-2- Hemmer6. „Manche Experten schlagen vor, diese Medikamente gleichzeitig und – jedenfalls den ARNI und den Betablocker – in niedriger Dosierung zu beginnen und langsam zur Zieldosis aufzutitrieren“, berichtete Schneiderbauer-Porod.
  • Dass diese Therapieempfehlungen praktischen Nutzen haben, zeigte eine Studie, in der im Sinne einer Cross-Trial-Analyse die Lebenszeitgewinne der konventionellen Therapie (ACE Hemmer oder ARNI plus Betablocker) mit der genannten Viererkombination verglich. Dabei zeigte sich, dass selbst ein Achtzigjähriger durch die Viererkombination im Vergleich zur konventionellen Therapie noch 2,7 Lebensjahre gewinnt, ein 55-Jähriger sogar 8,3 Lebensjahre7.

Bericht: Dr. Norbert Hasenöhrl

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