Für Dr.in Daniela Dorner, Head of Marketing bei Viatris Austria, ist Print aus dem modernen Marketingmix nicht wegzudenken, gerade in Österreich: „Hierzulande hat Print einen besonders hohen Stellenwert, höher als in manch anderen Ländern. Für mich ist die Mischung verschiedener Werbemittel und unterschiedlicher Kanäle das Entscheidende. Gerade eine Verknüpfung von Print und Digital ist im Marketing oftmals spannend und führt sehr häufig zu einem sehr guten Feedback. So kann man beispielsweise mittels QR-Code ganz einfach von einem Printprodukt zu einer Website weiterleiten etc.“
Natascha Szakusits, Geschäftsführerin der Agentur wundermild, stimmt dem zu: „Der Stellenwert von Werbeanzeigen und Print-Mailings ist zwar nicht mehr so dominant wie früher, aber beide Tools sind nach wie vor relevant. Allerdings hat sich ihre Position im Marketingmix verändert: Früher brauchte eine Kampagne Print als Kern, um den andere Maßnahmen aufgebaut wurden. Heute ist es umgekehrt: Print ist ein spezielles Werkzeug geworden und gerade deswegen von großer Bedeutung.“
Gerald Serro, Geschäftsführer der Kommunikationsagentur SERRO, sieht dies ähnlich. Für ihn ist Print ein Teil des Customer Engagements (CE): „Früher lief CE hauptsächlich über Print-Mailing, Inserat und persönliche Außendienst/Medical-Kontakte. Mittlerweile sind weitere Channels dazugekommen. Aber die bisherigen wurden dadurch nicht verdrängt, nur verändert und in einer neuen Weise orchestriert eingesetzt – sprich, Omnichannel.“
Diese Sichtweise kann auch Dorner bestätigen: „Vor 20 Jahren war Print DAS Werbemittel schlechthin“, betont sie und erinnert sich zurück: „Wir haben unsere Zielgruppen damals rein über Print kontaktiert, z.B. Broschüren verschickt, Print-Anzeigen geschaltet etc. Ohne postalische Mailings ging damals gar nichts! Das hat sich mittlerweile verschoben, aber ganz verschwinden wird Print nie.“
Mag.a Kerstin Mikulski-Labus, Senior Produktmanagerin bei Sanova Pharma, ist ebenfalls davon überzeugt, dass Print in der Kommunikation zu Apotheker:innen und Ärzt:innen nach wie vor einen hohen Stellenwert einnimmt und alle Alters-stufen Fachzeitschriften auch heute noch zumindest ab und zu durchblättern. „Daher sind auch die klassischen Werbeformen wie Print-Anzeigen und -Mailings noch immer relevant“, erklärt sie. Die entscheidende Frage bei der Planung der Werbemaßnahmen lautet ihrer Meinung nach immer: Welcher Kanal bzw. welche Kombination macht Sinn? Dabei sei zu bedenken, wie viel Regelmäßigkeit für das Thema bzw. das Werbeziel erforderlich ist: „Oftmals ist im Pharmamarketing eine Splittung in Print- und Online-Maßnahmen am sinnvollsten. Denn Fachzeitschriften sind nach wie vor das Informationsmedium Nummer 1 bei Ärztinnen und Ärzten“, so Mikulski-Labus.
Dorner und Szakusits sind davon überzeugt, dass Print gerade durch die zunehmende Digitalisierung zu etwas Besonderem geworden ist. „Ein Printmedium hält man in der Hand, man kann es angreifen. Dieser haptische Aspekt ist für viele Menschen immer noch wichtig – wie das bei den kommenden Generationen sein wird, bleibt abzuwarten. Derzeit wird Print von vielen als sehr hochwertig wahrgenommen“, erläutert Dorner. Szakusits sieht dies genauso: „Zu dieser Hochwertigkeit kommt dann noch eine sehr hohe Glaubwürdigkeit. So ist beispielsweise das Vertrauen in Print-Inserate größer als in Online-Anzeigen.“ Gleichzeitig ist Szakusits bewusst, dass die hohen Druckkosten heutzutage bei der Entscheidung für oder gegen Print mitberücksichtigt werden: „Wenn sich ein Unternehmen trotz der höheren Kosten entscheidet, ein Printprodukt wie beispielsweise ein Direct Mailing zu produzieren, wird daher besonders viel Wert auf hohe Qualität gelegt.“
Mikulski-Labus ist ebenfalls der Meinung, dass klassische Medien mehr Glaubwürdigkeit genießen als digitale Medien: „Online fragen sich bereits jetzt viele, was mittels künstlicher Intelligenz geniert wurde – und dieses Hinterfragen, was ‚echt‘ ist, wird in Zukunft noch weiter zunehmen …“
Digital sei viel schneller in der Erzeugung und oftmals auch kostengünstiger als Print, so Dorner, doch „digitale Werbetools sind dafür schnelllebiger und werden auch eher schneller vergessen. Print hingegen wirkt nachhaltiger, man kann es beispielsweise immer wieder in die Hand nehmen oder auch weitergeben.“ Gleichzeitig betont sie, dass es natürlich auch im digitalen Bereich tolle Möglichkeiten gibt, wie z.B. Apps oder auch digitale Fortbildungen für Health Care Professionals. „Aber man darf nicht vergessen: Auch Fortbildungen über Printmedien werden noch immer gerne genutzt. Es sind folglich immer die individuellen Vorlieben einer Zielgruppe zu bedenken.“
Szakusits ist davon überzeugt, dass es Zielsetzungen im Marketing gibt, bei denen man mit Print-Anzeigen und -Mailings immer noch am besten fährt: „Wenn es beispielsweise um den Aufbau oder die Stärkung von Markenimage geht, ist Print das richtige Tool, weil diesem Kommunikationskanal eben so viel Vertrauen entgegengebracht wird. Das überträgt sich dann auch auf die Marke.“ Auch Mikulski-Labus sieht dies so: „Die Wahl des Kommunikationsweges hängt vom jeweiligen Werbeziel ab. Bei einem neuen Produkt oder einem neuen Wirkansatz sollte man nicht nur auf die Online-Kanäle zurückgreifen, sondern auch auf Print-Maßnahmen setzen.“ Sie würde generell bei Themen, die für viele Ärzt:innen relevant sind, eine Kombination von Fachanzeige und Print-Mailing empfehlen, denn „gerade, wenn man Aspekte erklärt, welche die Ärztinnen und Ärzte ihren Patientinnen und Patienten weitergeben möchten, ist ein Mailing in haptischer Form sinnvoll. Der Arzt bzw. die Ärztin kann dieses immer wieder zur Hand nehmen und es eventuell sogar im Patientengespräch einsetzen. Ein Online-Tool wäre hier zu flüchtig.“ Gleichzeitig hält sie aber auch die digitalen Werbeformen für sehr bedeutsam und gibt zu bedenken, dass analoge und digitale Kommunikationswege auch „verschränkt“ benutzt werden können: „Man kann beispielsweise ein Webinar in einem Fachmagazin bewerben. Wichtig ist dabei allerdings, dass die Anmeldung im Printmedium mittels QR-Code möglich ist.“
Hinsichtlich solcher „Medienverschränkungen“ ist auch Dorner überzeugt, dass diese in Zukunft zunehmen werden: „Neue, innovative Produkte – ähnlich wie z.B. diese 3-D-Karten, die man mit dem Handy scannt – werden auf den Markt kommen und zusätzliche Kombinationsmöglichkeiten von Print und Digital eröffnen.“ Denn eines dürfe man nicht vergessen, so Dorner: „Über digitale Wege erreicht man nicht alle, das heißt, wenn eine Pharmafirma beispielsweise einen Rote-Hand-Brief verschicken muss, greift man auf den postalischen Print-Versand zurück.“
Szakusits stellt die Prognose auf, dass Print in Zukunft noch exklusiver und noch spezieller eingesetzt werden wird, denn „das Medienverhalten und damit auch das Marketing wird wahrscheinlich noch ein bisschen mehr in Online-Kanäle abwandern. Aber in zehn Jahren wird es trotzdem immer noch eine Zielgruppe geben, die Print haben will, die Printmedien liest. Das bedeutet, auch Fachzeitschriften werden bleiben und weiterhin sehr großes Vertrauen genießen – nur die Zielgruppe wird (noch) spezifischer werden.“
Mikulski-Labus bringt noch einen weiteren Aspekt ein, den es speziell bei Print-Mailings zu beachten gilt, nämlich den Umweltgedanken. Bei Print-Mailings sollte man ihrer Meinung nach immer überlegen, wie viel Papier dafür verwendet wird, ob das Mailing wirklich notwendig ist und „wie man es so gestalten kann, dass möglichst viele es zumindest eine Zeit lang aufbewahren, es vielleicht auf den Schreibtisch legen, weil sie immer wieder etwas darin nachschauen möchten. Aber früher oder später wird ein Print-Mailing zu Müll, das sollte uns bewusst sein. Nicht sinnvoll erscheint mir z.B. ein Mailing vor Weihnachten, denn in dieser Zeit geht es sowieso unter und ist somit vergebens“, erklärt Mikulski-Labus.
Für Serro hängt der zukünftige Stellenwert von Print-Anzeigen eng mit der Entwicklung der Fachmagazine zusammen. „Früher ist bei jeder Kampagne ein großes Budget in Inserate geflossen, denn damals waren die medizinischen Fachzeitschriften neben dem Außendienst einer der wichtigsten Channels. Daher war es absolut notwendig, hier die Botschaften zu platzieren – und zwar dieselben Botschaften für alle potenziellen Verschreiberinnen und Verschreiber, unabhängig davon, in welchem Akzeptanzstadium sie sich befanden.“ Die heutige Situation ist eine andere, da ein viel größeres und individualisierbares Spektrum an Kanälen zur Verfügung steht; so sind z.B. personalisierte Mails, Webinare, Videokonferenzen etc. dazugekommen. Serro: „Wenn Fachzeitschriften es schaffen, relevanten Content zu präsentieren, bleiben sie selbst relevant – und dann bleiben auch Print-Anzeigen relevant.“
Dorner ist sich bewusst, dass die jüngeren Generationen bezüglich Print und Digital bereits etwas anders ticken, beispielsweise Apps anders nutzen, aber: „Die entscheidende Frage lautet: Was macht mich besonders, was ist mein Benefit, wie steche ich heraus? Dieses ‚Golden Nugget‘ gilt es für meine Zielgruppe zu finden.“ Dieser Aspekt bleibt auch in Zukunft eine entscheidende Frage, ist sie sich sicher – „und wie sich unser Kommunikationsverhalten zwischen Print und Digital aufteilen wird, bleibt generell abzuwarten“, betont sie. Dies unterstreicht auch Mikulski-Labus: „Die Digital Natives werden immer mehr, und sie legen ein anderes Mediennutzungsverhalten an den Tag. Digital wird daher immer weiter nach vorne rücken – aber sterben wird Print nicht!“
Relevanz für den Praxisalltag
Was wünscht sich eine der Hauptzielgruppen des Pharmamarketings – die Ärzt:innen – von klassischen Werbeformaten wie Print-Anzeigen und -Mailings?
Dr.in Susanne Steindl ist Ärztin für Allgemeinmedizin in Wien. Für sie müssen Print-Mailings und -Anzeigen einen klaren Nutzen bringen: „Natürlich muss zunächst einmal die Gestaltung so sein, dass sie meine Aufmerksamkeit gewinnt. Das gilt für Print-Mailings, damit sie in der Post nicht untergehen und gleich im Altpapier landen, genauso wie für Inserate, an denen mein Blick beim Durchblättern einer Zeitung/Zeitschrift hängen bleiben muss. Bei Mailings erwarte ich mir ganz besonders, dass sie einen Benefit für meine tägliche Arbeit liefern, etwas, das so wichtig ist, dass ich das Mailing zumindest eine Zeit lang aufbewahre. Sonst ist es im Grunde verschwendetes Papier … Als Beispiel fällt mir hier eine Infokarte ein, die mich im Patientengespräch unterstützt, oder Ähnliches. Natürlich muss auch bei Print-Anzeigen der Inhalt für mich relevant sein. Außerdem muss er schnell erfassbar sein und sollte sich zudem gut im Gedächtnis verankern.“