CeMM-Experte: Mutations-Anteile nehmen zu, Zahlen „zu hoch“

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Der Gesamttrend zur Zunahme der neuen Varianten des SARS-CoV-2-Virus in Österreich hält weiter an, sagte Andreas Bergthaler vom Forschungszentrum für Molekulare Medizin (CeMM) der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) am Dienstag. Neue Informationen gibt es indes zu Impfungen.

Im Osten des Landes scheint die britische „B.1.1.7“-Variante weiter stärker verbreitet zu sein. Aus rein epidemiologischer Sicht seien die am Montag erfolgten Öffnungsschritte problematisch, betonte Bergthaler: „Wir haben insgesamt noch viel zu hohe Infektionszahlen.“ In Kläranlagen- und Abwasserproben würden weiter mitunter relativ hohe Anteile der britischen Variante unter den dort jeweils detektierten SARS-CoV-2-Viren festgestellt, so der Forscher. Die Situation um den in Tirol grassierenden, südafrikanischen Mutationscluster B.1.351 sei zwar unübersichtlich, es sei aber klar, dass diese Variante dort ein Problem ist. Insgesamt unterliegt das SARS-CoV-2-Virus einer „kontinuierlichen und dynamischen“ Veränderungsrate, weshalb mit weiteren Mutationen zu rechnen ist. In wenigen Wochen müssten dann voraussichtlich wieder Maßnahmen-Ausweitungen angedacht werden, vermutet der Virologe.

Aus epidemiologischer Sicht gebe es eigentlich keine Argumente für die jetzigen Öffnungen. „Natürlich nicht von der Hand zu weisen“ sei, dass nach rund einem Jahr die Bevölkerung „müde und der Pandemie überdrüssig ist“. Gehe man aber mit sehr hohen Infektionszahlen in den Frühling, könne auch die erwartete Dämpfung der Virusverbreitung durch saisonale Effekte womöglich geringer ausfallen. Bergthaler: „Alles Gründe, um die Infektionszahlen jetzt stark zu senken, um im Sommer ein gewisses Durchschnaufen zu ermöglichen.“

Neue Informationen gibt es indes zu Impfstoffen: Wie bei den anderen Impfstoffen habe der COVID-19-Impfstoff von AstraZeneca in In-vitro-Studien eine Wirksamkeit gegenüber der südafrikanischen Variante gezeigt, teilte das Unternehmen am Dienstag mit. Im Gegensatz zu den anderen Impfstoffen habe AstraZeneca jedoch auch die Wirksamkeit beim Menschen untersucht. Die kürzlich veröffentlichten Daten des Impfstoffs sind das Ergebnis einer ersten Studie, die die Wirksamkeit eines Impfstoffs gegenüber der Südafrika-Variante in einer kleinen Stichprobe von jungen, gesunden Erwachsenen untersucht hat. Die anderen Impfstoffe hätten die Wirksamkeit gegen die Südafrika-Variante beim Menschen nicht untersucht. Der COVID-19 Impfstoff von AstraZeneca habe eine 100% Wirksamkeit gegen schwere Verläufe auf allen Kontinenten, wo Studien durchgeführt wurden (USA, Südamerika, Europa, Afrika) gezeigt.

Der nächste Covid-19-Impfstoff – jener von Janssen (Johnson & Johnsen) – ist in der EU nun im „Rolling Review“. Das heißt, das Unternehmen liefert laufend Daten an die EMA-Experten. Damit kann das Verfahren beschleunigt werden. Zunächst begutachten Rapporteur und Co-Rapporteur aus zwei Ländern mit Peer Review von dritter Seite. Ein vorläufiges Urteil ergeht dann an das CHMP-Expertengremium, das schließlich eine eventuelle (bedingte) Zulassungsempfehlung an die EU aussprechen kann. Ad26.COV-2.S ist ein rekombinantes, nicht-vermehrungsfähiger Adenovirus-Vektor vom Serotyp 26, der für das volle und stabilisierte SARS-CoV-2-Spike-Protein kodiert. „Obwohl alle derzeit laufenden Phase-III-Studien mit anderen Covid-19-Vakzinen Impfungen mit zwei Dosen untersucht haben, löste eine einzige Dosis von Ad26.COV2.S eine starke humorale (Antikörper-)Immunantwort bei der Mehrheit der Probanden aus. Mit der Anwesenheit von das S-Protein bindenden und neutralisierenden Antikörpern bei mehr als 90 Prozent der Teilnehmer, und zwar unabhängig von der Altersgruppe oder der verwendeten Dosis der Vakzine“, schrieben die Autoren einer nun im New England Journal of Medicine veröffentlichten Phase-II-Studie. Deshalb wurde in der groß angelegten Phase-III-Studie, deren rohe Resultate Janssen vor einigen Tagen bekannt gegeben hat, nur eine Dosis der Vakzine verwendet. Die Schutzwirkung gegen schwere Erkrankungen betrug laut Janssen nach 28 Tagen 85 Prozent und stieg auch danach noch weiter an. Nach dem 49. Tag wurden keine schweren Erkrankungen mehr verzeichnet. (red/APA)