Die Angst vor der Krankheit

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Rund ein Drittel der Menschen meidet Informationen zu Krankheiten, zeigt eine neue Studie. Warum eine Stärkung der Gesundheitskompetenz so wichtig ist.

Rund ein Drittel der Menschen geht Informationen zu schweren Krankheiten wie Krebs und Diabetes aus dem Weg. Das zeigt eine am Dienstag in Berlin veröffentlichte Analyse des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung. Dazu gehört beispielsweise, Arztbesuche hinauszuzögern oder gar nicht erst wahrzunehmen, medizinische Tests zu meiden oder die Ergebnisse zu ignorieren und Aufklärungsmaterialien links liegen zu lassen. Ein Forschungsteam analysierte Daten aus weltweit 92 Studien mit insgesamt knapp 565.000 Teilnehmer:innen aus 25 Ländern.

Die Studien umfassen unter anderem die Krankheiten Alzheimer, Huntington, HIV/Aids, Krebs und Diabetes. Das Phänomen, die Augen insbesondere vor schweren Krankheiten zu verschließen, ist demnach keineswegs ungewöhnlich. Am höchsten war die Quote bei zwei unheilbaren neurodegenerativen Krankheiten – bei Alzheimer lag die Quote der Ignoranten bei 41 Prozent und bei Huntington bei 40 Prozent.  Bei schweren, aber behandelbaren Krankheiten wie einer HIV-Infektion oder Krebs sank die Quote derjenigen, die Informationen dazu ausblendet, auf 32 beziehungsweise 29 Prozent. Mit 24 Prozent am geringsten ausgeprägt war das Vermeidungsverhalten bei Diabetes.

Als Gründe für dieses Verhalten nennen die Expert:innen unter anderem kognitive Überforderung, weil beispielsweise eine Krebserkrankung komplex und aufreibend sein kann. Eine Rolle spielen auch der Eindruck, die Gesundheit nicht selbst in die Hand nehmen zu können oder die Furcht vor Stigmatisierung etwa durch einen positiven HIV-Test. Aber auch ein mangelndes Vertrauen in das medizinische System und damit eine geringere Hoffnung, gut behandelt zu werden, ist ein Grund.

Die Ergebnisse kann man auch als einen Auftrag an Gesundheitsberufe verstehen, offener auf Patient:innen zuzugehen und sich bewusst zu sein, dass hier vor allem Ängste am Werk sind. Es ist aber auch ein Auftrag an die Politik, daran zu denken, dass Menschen Ängste bei Gesundheitsthemen und -Reformen haben. Und es ist ein Auftrag an uns alle, sich Lösungen zu überlegen, wie die Gesundheitskompetenz von Menschen gesteigert werden kann. (rüm)