Die Geschichte eines teuren Politikflops

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e-Cards ohne Foto sind seit Montag gesperrt. Was politisch für Aufregung sorgt, ist in der praktischen Umsetzung keine Hürde, weil weiter Versicherungsschutz besteht. Die Geschichte dahinter ist allerdings zum Haareraufen.

Die e-Cards von rund 84.000 Versicherte sind aufgrund eines fehlenden Fotos seit Wochenbeginn gesperrt. „99,1 Prozent der Versicherten sind bereits im Besitz ihrer aktuellen e-Card“, sagte Peter Lehner, Vorsitzender der Konferenz der Sozialversicherungsträger, die Versorgung der Versicherten sei aber für alle sichergestellt. Denn der Versicherungsschutz besteht weiter. „Die Inanspruchnahme medizinischer Leistungen ist selbstverständlich weiterhin uneingeschränkt möglich. Ab der ersten Aufforderung, ein Foto zur Verfügung zu stellen (etwa bei einem Arztbesuch, Anm.), hat der Versicherte 150 Tage Zeit, sich an eine Foto-Registrierstelle zu wenden“, erklärt Lehner. Nach der 150-tägigen Übergangsfrist ist für Arztbesuche ein elektronischer e-Card Ersatzbeleg notwendig, der bei der zuständigen Krankenkasse beantragt werden muss. e-Rezepte müssen in der 150 Tage Übergangsphase via 12-stelligem Rezept-Code, QR-Code oder Ausdruck bei der Apotheke eingelöst werden, da mit einer gesperrten e-Card keine e-Rezepte abgerufen werden können. Für Kinder und Jugendliche unter 14 Jahren, Senior:innen über 70 und Versicherte ab der Pflegestufe 4 ist kein Foto auf der e-Card erforderlich.

Der Vorsitzende des parlamentarischen Gesundheitsausschusses und FPÖ-Gesundheitssprecher Gerhard Kaniak zeigte sich besorgt über die mangelnde Information betroffener Versicherter aufgrund von drohenden e-Card-Sperren. „Es ist inakzeptabel, dass so viele Menschen vor vollendete Tatsachen gestellt werden“, betonte Kaniak. Dabei war es die FPÖ, der die Umstellung überhaupt zu verdanken ist. Sie ortete nämlich Missbrauch und Sozialbetrug und initiierte 2019 eine Gesetzesänderung. Die Umstellungskosten wurden von der damaligen Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) auf 10,6 Mio. Euro geschätzt. Die Forderung, die e-Card mit einem Bild zu versehen, war eine Forderung der FPÖ seit 2006. Bereits seit diesem Zeitpunkt wurden immer wieder Betrugsfälle bekannt und in den Medien erwähnt, eine genaue Zahl konnte aber nie wirklich festgestellt werden.

Dafür ortete die Medienbehörde KommAustria 2019 in einem e-Card-Video der FPÖ einen „schwerwiegenden“ Gesetzesverstoß wegen Diskriminierung. Die Freiheitlichen hatten 2018 das Thema „e-Card-Missbrauch“ mit einer Figur namens „Ali“, die einen Fes trug, illustriert. „Der Fes als typisch orientalisch-islamisches Kleidungsstück sowie die beiden Vornamen ‚Ali‘ und ‚Mustafa‘ lassen den Durchschnittsbetrachter unmissverständlich auf eine fremdländische, genauer eine orientalisch-islamische Herkunft dieser beiden Proponenten schließen. Zudem sehen sich ‚Ali‘ und ‚Mustafa‘ sehr ähnlich, wodurch offensichtlich die Absicht verfolgt wurde, diese Personengruppe in Bausch und Bogen als typischerweise Sozialmissbrauch begehend darzustellen“, urteilte die Medienbehörde. 2020 stellt dann die Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen Verhetzung gegen den damaligen FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus ein. Die von der Bundesregierung eingerichtete Task Force gegen Sozialleistungsbetrug kam übrigens vor zwei Jahren zum Ergebnis, dass die Einsparungen durch das Foto auf der e-Card deutlich geringer sind als die Kosten der Umsetzung. (rüm)