Enzym gibt Hoffnung für neue Immuntherapien   

Ein Enzym hilft dem Immunsystem, auch bei chronischer Infektion aktiv zu bleiben. Die Erkenntnis könnte neue Wege für Immuntherapien eröffnen. 

Ein Forschungsteam der Medizinischen Universität Wien hat unter der Leitung von Shinya Sakaguchi und Wilfried Ellmeier eine bisher unbekannte Funktion des Enzyms HDAC1 bei chronischen Virusinfektionen entdeckt. Die im „Journal of Experimental Medicine“ veröffentlichten Ergebnisse zeigen, dass HDAC1 eine zentrale Rolle bei der Bildung einer bestimmten Untergruppe von Immunzellen spielt. Diese sogenannten CX3CR1-positiven CD8+-T-Zellen behalten auch in erschöpftem Zustand teilweise ihre Fähigkeit, Viren zu bekämpfen – eine Fähigkeit, die entscheidend zur Kontrolle chronischer Infektionen wie HIV, Hepatitis B und C beiträgt.

Die sogenannte T-Zell-Erschöpfung gilt als zentrales Hindernis bei der Immunabwehr gegen chronische Viren. Dabei verlieren CD8+-T-Zellen ihre Wirksamkeit im Kampf gegen die Erreger. Interessanterweise bestehen innerhalb dieser erschöpften Population Untergruppen mit unterschiedlicher Funktionalität. Die Wiener Forschung zeigt nun, dass HDAC1 maßgeblich daran beteiligt ist, die funktionell relevanten CX3CR1-Zellen entstehen zu lassen, indem es die Struktur des Chromatins verändert und so die Aktivierung spezifischer Gene ermöglicht. Fehlt HDAC1, werden diese Zellen nicht korrekt ausgebildet, was eine erhöhte Viruslast im Organismus zur Folge hat.

Die Studie liefert damit wichtige Grundlagen für neue therapeutische Ansätze. „Unsere Erkenntnisse legen nahe, dass gezielte Eingriffe in die Funktion von HDAC1 therapeutisch genutzt werden könnten“, erklärt Sakaguchi. Ellmeier ergänzt: „Da T-Zell-Erschöpfung auch bei Krebs eine Rolle spielt, mahnen unsere Ergebnisse zur Vorsicht bei der Anwendung von Pan-HDAC-Inhibitoren.“ Diese Medikamente, die zur Krebsbehandlung eingesetzt werden, könnten unbeabsichtigt jene T-Zellen schwächen, die das Tumorwachstum kontrollieren. Künftige Studien sollen die Ergebnisse nun auf menschliche T-Zellen übertragen und therapeutisches Potenzial weiter ausloten.

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