EU darf SMS mit Pfizer nicht zurückhalten

© Biontech

Im Rechtsstreit um Textnachrichten aus der Coronazeit an den Konzernchef von Pfizer hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen eine Niederlage kassiert.

Die Kommission habe „keine plausible Erklärung“ gegeben, warum sie nicht über die angeforderten Dokumente verfüge, urteilte das Gericht der Europäischen Union am Mittwoch. Den Beschluss, die angefragten Nachrichten nicht herauszugeben, erklärte es für nichtig. Das Urteil in der sogenannten „Pfizergate“-Affäre ist noch nicht rechtskräftig. Von der Kommission hieß es, sie werde das Urteil genau prüfen und eine neue Entscheidung erlassen, die eine ausführlichere Erklärung enthält. Zudem kann sie das Urteil noch am Europäischen Gerichtshof anfechten. 

Im Fokus steht ein Deal zwischen der EU-Kommission und dem Impfstoff-Hersteller Biontech/Pfizer aus dem Frühling 2021. Die Parteien einigten sich auf die Lieferung von bis zu 1,8 Milliarden Dosen Corona-Impfstoff, das Vertragsvolumen wurde damals auf 35 Milliarden Euro geschätzt. Wie die „New York Times“ berichtete, war der persönliche Kontakt zwischen von der Leyen und Pfizer-Chef Albert Bourla für den Abschluss entscheidend. Dabei sollen sie auch per SMS kommuniziert haben. Eine Journalistin der „New York Times“ beantragte daraufhin im Jahr 2022 zusammen mit ihrer Zeitung den Zugang zu sämtlichen Textnachrichten, die von der Leyen und Bourla zwischen dem 1. Jänner 2021 und dem 11. Mai 2022 ausgetauscht hatten. Die Kommission wies dies mit der Begründung ab, in ihrem Besitz befänden sich keine solchen Dokumente. Es seien keine SMS gefunden worden, die wesentlich für die Verhandlungen gewesen seien. Beschäftigte der Kommission müssten Chats und andere Dokumente nur dann archivieren, wenn sie als wichtig klassifiziert werden, heißt es aus der Behörde. 

Das fochten die Journalistin Matina Stevi und ihre Zeitung vor dem EU-Gericht an. Die Kommission muss nun auf ein Neues über die Bitte um Offenlegung der „New York Times“ befinden. Die Richterinnen und Richter machten deutlich, die Antworten der Kommission zu der Anfrage basierten „entweder auf Hypothesen oder auf wechselnden oder ungenauen Informationen“. Sie habe nicht erklären können, warum die Textnachrichten nicht in ihrem Besitz seien. Sollten sie gelöscht worden sein, müsse auch das hinreichend erklärt werden. „Die Entscheidung ist ein Sieg für Transparenz und Rechenschaftspflicht in der Europäischen Union und sendet die deutliche Botschaft, dass flüchtige Kommunikation nicht außerhalb der öffentlichen Kontrolle liegt“, sagte eine Sprecherin der „New York Times“.  

Während der Pandemie hatte die EU-Kommission im Namen der Mitgliedstaaten Verträge über Hunderte Millionen Dosen Impfstoff verhandelt und abgeschlossen. Das Vorgehen stand immer wieder in der Kritik, weil die Verträge nur teilweise öffentlich gemacht wurden oder weil es Verzögerungen bei der Lieferung des Impfstoffs gab. Die milliardenschweren Käufe von Corona-Impfstoff gerieten auch in das Visier der europäischen Staatsanwaltschaft. (APA/red)