Impfbereitschaft sinkt, Ideen zur Erhöhung sind umstritten

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Kommende Woche werden knapp 560.000 Impfdosen nach Österreich geliefert – offen ist allerdings, an wen sie verimpft werden – denn die Impfbereitschaft sinkt. Experten zeigen sich im Hinblick auf den Herbst besorgt.

Das Impfen gegen das Coronavirus geht vielen Experten nicht rasch genug. Die Impfbereitschaft sinkt, nicht nur in Österreich. Der Leiter der Virologie der Berliner Klinik Charité, Christian Drosten, zeigt sich „zunehmend besorgt über den Impffortschritt“, sagte in einem schriftlich geführten Interview der Deutschen Presse-Agentur. „Hier kommen wir nicht schnell genug voran, obwohl genug Impfstoff zur Verfügung steht.“ Viele Menschen wähnten sich angesichts der noch niedrigen Infektionszahlen in einem falschen Sicherheitsgefühl.

In Österreich hat sich die Vorsitzende der Bioethikkommission, Christiane Druml, am Wochenende für die Ausdehnung der Impfpflicht auf diverse Berufsgruppen ausgesprochen. Der Medizinerin schwebt eine derartige Pflicht nicht nur im gesamten Bildungs-, Pflege- und Gesundheitsbereich vor, zu dem sie auch Apotheker, 24-Stunden-Pfleger und Hebammen zählt, sondern für alle körpernahen Berufe wie Friseure, Masseure, die Hand- und Fußkosmetik, wie sie gegenüber der „Kleinen Zeitung“ sagte. Als Argument brachte sie die „gesamtgesellschaftliche Verpflichtung des Einzelnen“. Die Freiwilligkeit habe ihre Grenzen, wenn es um eine Erkrankung gehe, „die unser Wirtschafts- und Sozialsystem weltweit in einen Krisenmodus gebracht hat“, betonte sie. Zudem gehe es um die Frage der Verhältnismäßigkeit. „Der Stich ist geringfügig, die Erkrankung ist aber gefährlich, und der Nutzen für die Gesamtbevölkerung ist ein sehr hoher“, argumentierte die Chefin der im Bundeskanzleramt angesiedelten Bioethikkommission: „Ohne Impfpflicht hätten wir die Pocken Ende der 1970er-Jahre nie ausgerottet.“ Ein autonomes Agieren der Bundesländer in dieser Frage halte sie für absurd. Der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) hat sich umgekehrt am Wochenende für eine Impfpflicht für Besucher der Nachtgastronomie ausgesprochen. Wie steirische Medien berichteten, sieht Schützenhöfer die PCR-Tests, die derzeit vom Bund als Alternative zur Impfung beim Eintritt vorgeschrieben werden, kritisch. Da die Auswertung bis zu 24 Stunden dauern kann, sei es fraglich, wie viele Jugendliche sich in der Realität für einen Discobesuch entscheiden würden.

Gleichzeitig wird der Widerstand gegen die Verschärfung von Corona-Maßnahmen in Europa immer massiver. Vor dem slowakischen Parlament kam es am Freitag zu Zusammenstößen zwischen Corona-Impfgegnern und der Polizei. Die Protestierenden in der Slowakei skandierten Sprüche wie „Impffaschismus“, „Gestapo“ und „Wir geben nicht auf“. Hintergrund ist ein Gesetzesvorhaben, das Erleichterungen für Geimpfte zum Beispiel beim Einkaufen in Geschäften ermöglichen soll. Grundlage dafür soll das digitale EU-Impfzertifikat sein. In Italien protestierten Gegner des Grünen Passes ebenfalls gegen strengere Zutrittsregeln zu Restaurants und Bars. Der Protest folgte auf eine Entscheidung der Regierung von Ministerpräsident Mario Draghi, angesichts steigender Infektionszahlen die Corona-Regeln zu verschärfen. Auch in Athen und anderen Städten Griechenlands war es in den vergangenen Tagen zu Demonstrationen von Impfgegnern gekommen. Sie warfen der Regierung vor, dass eine Impfpflicht nicht verfassungskonform sei. Unter den Demonstranten waren zahlreiche Rechtsextremisten und religiöse Eiferer. In einigen Fällen kam es zu Ausschreitungen. (red/APA)

Kurzumfrage: Braucht es eine Impfpflicht zur Erhöhung der Impfquote?