Krebsreport: Neue Medikamente, aber schlechte Rahmenbedingungen

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Es gäbe markante Fortschritte im Bereich der Krebsforschung. In Österreich gäbe es im Bereich Innovation und Forschung allerdings Nachholbedarf, heißt es im neuen Krebsreport.

Im Rahmen der Pressekonferenz, bei der der zweite Österreichische Krebsreport von Expert:innen der Österreichischen Gesellschaft für Hämatologie & Medizinische Onkologie (OeGHO), der Österreichischen Krebshilfe und der Statistik Austria vorgestellt wurde, freute man sich über große Fortschritte in der Krebsforschung. Allein in den vergangenen fünf Jahren registrierte die EMA 130 Krebsmedikamente. Einen besonderen Stellenwert messen die Expert:innen der Molekularpathologie und Nuklearmedizin zu, ohne diese Forschungsbereiche könnte es keine so erfolgreiche Präzisionsmedizin geben. Nachholbedarf sehen die Expert:innen allerdings vor allem in Österreich selbst. Die Zahl der heimischen Publikationen sei zwar gestiegen, aber: „Wir brauchen eine Kultur, die sich der Innovation öffnet. Wir brauchen Expert:nnen, die den Wert der Innovation einstufen und zu den Patient:nnen bringen können. Wir brauchen ein Gesundheitssystem, das der Innovation auch den finanziellen Rahmen gibt, der notwendig ist“, betont Wolfgang Hilbe, Präsident der OeGHO.

Als besonders positiv bewertet der Krebsreport, dass Innovationen aus der Krebsforschung auch wirklich bei den Patient:innen ankommen. Das zeige sich vor allem bei den Überlebenschancen von Krebspatient:innen. „Patient:innen mit einem gastrointestinalen Stromatumor hatten vor 20 Jahren eine Lebenserwartung von unter 12 Monaten, heute haben sie mit einer täglichen Tabletteneinnahme eine fast normale Lebenserwartung. Bei einem metastasierten Lungenkarzinom war nach zwei Linien Chemotherapie die Lebensperspektive mit 12 Monaten erreicht, heute können in 30 Prozent der Fälle Treibermutationen festgestellt und gezielt therapiert werden, was die Lebenserwartung statt in Monaten in Jahren bemessen lässt“, nennt Hilbe zwei Beispiele. Eine gute Prognose hinsichtlich Überlebenswahrscheinlichkeit wird dank fortlaufenden Forschungen auch bei Brust-, Prostata-, Schilddrüsen- und Hodenkrebs erreicht. Da liegt das kumulierte relative Überleben drei Jahre nach Diagnosestellung bei 90,6 Prozent bis 96,6 Prozent. Eine signifikante Verbesserung der Überlebenswahrscheinlichkeit wurde in den letzten Jahren bei Tumoren der Niere, von Kopf und Hals sowie des Magens erreicht. Die Werte kommen hier inzwischen auf 81,5 Prozent (Niere), 60,4 Prozent (Kopf und Hals) und 41,6 Prozent (Magen). Bei Lungen-, Speiseröhren-, Leber- oder Bauchspeicheldrüsenkrebs sind die Prognosen nach wie vor eher schlecht. Bei diesen Indikationen beträgt das kumulierte relative Überleben drei Jahre nach Diagnosestellung zwischen 30,2 Prozent und 15,6 Prozent.

Umso wichtiger seien Krebsvorsoge und Früherkennung: „Auch wenn das nicht neu ist, kann man die Wichtigkeit dessen nicht oft genug unterstreichen. Denn 50 Prozent aller Krebs-Todesfälle in Europa könnten vermieden werden, wenn zwölf Empfehlungen des Europäischen Kodex gegen Krebs eingehalten werden würden“, sagt Paul Sevelda, Präsident der Österreichischen Krebshilfe. Besonders wesentlich seien, regelmäßige Bewegung und gesunde Ernährung zur Vermeidung von starkem Übergewicht, Impfungen gegen HPV und Hepatitis B, Vermeidung von Nikotin- und (übermäßigem) Alkoholkonsum sowie Teilnahme an den empfohlenen Früherkennungs-Untersuchungen – insbesondere gegen Brustkrebs, Dickdarmkrebs und Gebärmutterhalskrebs. „Das Nationale Screening Komitee rät auf Basis der Evidenz zu Untersuchungen ab 45, und nicht wie bisher ab 50 – entweder mit Koloskopie oder mit dem Immunologischem Blutstuhltest (FIT)“, erklärt Sevelda neue Empfehlungen. „Ebenso wichtig ist aber auch die HPV-Impfung, die ab Februar 2023 allen Kindern und Jugendlichen vom vollendeten 9. Lebensjahr bis zum vollendeten 21. Lebensjahr kostenlos zur Verfügung steht und auch den Grundwehrdienern angeboten wird.“ (kagr)