Lieferengpässe: Experten fürchten Knappheit bei Influenza-Impfstoff

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Große Sorge macht Experten derzeit die Bevorratung von Influenzaimpfstoff für den Herbst. Aufgrund der langen Produktionszeit müsste er bald bestellt werden. Niemand weiß aber, wie viele Menschen sich heuer impfen lassen wollen. Die Sorge vor einer zweiten Coronawelle und Engpässen in Spitälern könnte die Nachfrage weltweit erhöhen.

Der Gesundheitsausschuss im Nationalrat hat sich diese Woche einstimmig für die rechtzeitige Beschaffung von Grippe-Impfstoffen ausgesprochen. Ohne Abänderungen fand ein NEOS-Antrag die Zustimmung aller Fraktionen im Ausschuss. In dem Entschließungsantrag sprechen sich die Abgeordneten dafür aus, künftig rechtzeitig die Beschaffung von Impfstoffen vor allem gegen Influenza zu veranlassen und Anreize zu schaffen, um eine höhere Durchimpfungsrate zu erzielen. Zu Coronazeiten sollte man auch an die Grippe denken, sagte Werner Saxinger (ÖVP). Schließlich gebe es bei der Grippe das, was man gegen das Coronavirus gerne hätte: einen Impfstoff. Und der Corona-Lockdown wurde nicht zuletzt deshalb notwendig, weil viele Grippepatienten Spitalskapazitäten belegt hatten.

Auch der Branchenverband Pharmig unterstützt den Aufruf, vorzubauen und damit einerseits rechtzeitig den Bedarf an einer Influenza-Impfung festzulegen und andererseits die Durchimpfungsraten dort, wo Impfungen auch vorhanden sind, zu erhöhen. „Das entlastet das Gesundheitssystem und ist gerade auch in der derzeitigen Situation enorm wichtig, wo wir aufgrund der Corona-Pandemie umso mehr auf eine funktionierende Versorgung der Bevölkerung achten müssen“, sagt Pharmig-Generalsekretär Alexander Herzog. Eine Bedarfsfestlegung für die einzelnen Länder muss bei Impfstoffen frühzeitig erfolgen. Sie werden für den globalen Markt in nur wenigen Produktionsstätten hergestellt. Die Produktion ist zudem äußerst komplex und Impfstoffe sind nur begrenzt lagerfähig und einsetzbar. Deshalb kann nicht einfach und schnell nachproduziert werden, sollten die Bestellmengen bei den Impfstoffherstellern kurzfristig erhöht werden müssen. „Um in der jährlich im Herbst auftretenden Influenza-Zeit gut gerüstet zu sein, muss bereits im Frühjahr oder in den ersten Monaten des Jahres festgelegt werden, wie hoch der Bedarf an einem Influenza-Impfstoff in den einzelnen Ländern ist. So können die Unternehmen auch die entsprechenden Mengen ausreichend liefern. Auf kurzfristige Bedarfsänderungen können die Impfstoff-Produzenten nur äußerst schwer bis gar nicht reagieren“, erklärt Renée Gallo-Daniel vom Österreichischen Verband der Impfstoffhersteller (ÖVIH).

Auch die Ärztekammer warnt deshalb schon jetzt vor der nächsten Grippewelle im Herbst. Es sei besonders wichtig, dass sich vor der Influenza-Saison möglichst viele Österreicher gegen Grippe impfen lassen, damit gegebenenfalls genügend Intensivbetten in den Spitälern für Corona-Patienten vorhanden sind, betonte ÖÄK-Präsident Thomas Szekeres am Donnerstag. „Auch wenn Österreich bei der Corona-Entwicklung im internationalen Vergleich derzeit sehr gut da steht, wird uns COVID-19 noch länger begleiten und im Herbst möglicherweise noch einmal verstärkt auftreten“, wurde Szekeres in einer Aussendung zitiert. „Die Gesundheitsbehörden sind diesbezüglich aufgefordert, schon jetzt dafür zu sorgen, dass genügend Impfstoffe vorhanden sind, damit es zu keinem Versorgungsengpass bei Grippeimpfstoffen kommt.“ Bei der Influenza-Durchimpfungsrate gehört Österreich mit nur knapp zehn Prozent zu den europäischen Schlusslichtern. (red)