Patentdebatte: EU sucht jetzt einen Mittelweg

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Im Kampf gegen die Coronakrise hat die Europäische Kommission nun Position bezogen. Man will zwar nicht wie die USA eine Aufhebung von Patenten auf Impfstoffe anstreben, bietet aber einen Kompromiss. Die Industrie ist dennoch dagegen.

Die Europäische Kommission befürwortet im Kampf für eine rasche, globale Verbreitung von Corona-Impfstoffen den Einsatz von Zwangslizenzen. „Während freiwillige Lizenzen ein effektiveres Instrument sind, um den Ausbau der Produktion und das Teilen von Sachkenntnis zu ermöglichen, sind Zwangslizenzen im Kontext einer Pandemie ein vollkommen legitimes Mittel“, sagte EU-Kommissionsvize Valdis Dombrovskis in Brüssel. Es sei daher wichtig, dass die Mitglieder der Welthandelsorganisation WTO sicherstellten, dass ihr Rechtsrahmen zu Zwangslizenzen wirksam sei, so Dombrovskis. Mit Zwangslizenzen können Regierungen die Produktion eines patentierten Produkts auch ohne die Genehmigung des Patentbesitzers erlauben. Einer Aussetzung des Patents kommt dies aber nicht gleich. Das Patent liegt bei Zwangslizenzen weiterhin bei seinem Besitzer. Dieser hat deshalb dann auch Anspruch auf Entschädigungszahlungen.

Während sich ärmere Länder und auch US-Präsident Joe Biden für die Aussetzung von Patenten auf Corona-Impfstoffe aussprechen, ist die EU skeptisch. Kurz- und mittelfristig werde eine Freigabe von Patenten keine zusätzliche Impfstoffdosis bringen, hatte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gesagt. Mit einer vorübergehenden Aufhebung des Patentschutzes für Covid-19-Impfstoffe könnten Hersteller in aller Welt die Impfstoffe ohne Lizenzgebühren produzieren. Kritiker wenden ein, nicht die Patente seien das Hindernis, sondern Produktionskapazität, Kenntnisse und Rohstoffnachschub. „Bis Ende 2021 sollen 11 Milliarden Impfdosen produziert werden, genug, um die erwachsene Weltbevölkerung impfen zu können. Das zeigt ganz klar: die Kapazitäten reichen aus. Was dagegen immer noch nicht einwandfrei läuft, ist die weltweite Verteilung der produzierten Impfstoffe“, sagt Alexander Herzog, Generalsekretär des Pharmaverbandes Pharmig.

Hersteller, Regierungen und Nichtregierungsorganisationen müßten verstärkt zusammenarbeiten, um die weltweite Impfstoffverteilung zu verbessern und die Produktion zu maximieren, ohne Qualität und Sicherheit der Impfstoffe zu beeinträchtigen, teilte der Österreichische Verband der Impfstoffhersteller (ÖVIH) mit. Die Verbände der forschenden Impfstoffhersteller sowie die Biotech-Unternehmen in Europa und UK hätten zu diesem Zweck einen 5-Punkte-Plan vorgelegt. Die Impfstoffhersteller intensivieren ihre Zusammenarbeit mit Regierungen, die über eine große Menge an COVID-19-Impfstoffdosen verfügen, um einen Teil davon über COVAX oder andere etablierte Mechanismen „verantwortungsbewusst und zeitnah mit Ländern mit niedrigem und niedrigem mittlerem Einkommen zu teilen. Außerdem verstärken sie ihre Anstrengungen, um einkommensschwachen Ländern durch COVAX oder andere etablierte Mechanismen zusätzliche nicht vertraglich gebundene COVID-19-Impfstoffdosen zur Verfügung zu stellen. Zudem unternehme die Industrie alles, um den Output der COVID-19-Impfstoffe zu maximieren, ohne die Sicherheit und Qualität zu beeinträchtigen. (red)