Rosenwurz ist Arzneipflanze 2023

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Die Herbal Medicinal Products Platform Austria (HMPPA) – ein wissenschaftliches Netzwerk im Bereich pflanzlicher Arzneimittel und Naturstoffforschung – hat wieder die Arzneipflanze des Jahres gekürt.

„Das gemeinsame und übergeordnete Ziel ist es, die Erforschung und Entwicklung von Naturstoffen und pflanzlichen Arzneistoffen voran zu treiben und gemeinsam mit Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft diese Erkenntnisse zugunsten von PatientInnen nach modernsten wissenschaftlichen Standards umzusetzen“, betont der Präsident der HMPPA, Hermann Stuppner, Institut für Pharmazie/Pharmakognosie der Universität Innsbruck.

Dazu dient auch die Wahl der Arzneipflanze 2023. Die in Österreich weniger bekannte alpine Arzneipflanze Rosenwurz (Rhodiola rosea L., syn. Sedum roseum Scop.) ist ein mehrjähriges, horstbildendes Dickblattgewächs mit Verbreitung in den Gebirgszügen der nördlichen Hemisphäre und in den arktischen Gebieten Europas, Asiens und Nordamerikas. In Österreich findet man Rosenwurz vor allem in den Zentralalpen an und oberhalb der Waldgrenze. Die Pflanze ist winterhart und anspruchslos, wächst gern in rauen Lagen und auf mageren Standorten, in Felsspalten und am Rand von Hochmooren, auf Urgestein, aber auch im Kalkgebirge.

Aus dem Wurzelstock treiben im Frühjahr mehrere unverzweigte Triebe mit wechselständig angeordneten, sukkulenten Blättern aus. Am Ende der Sprosse stehen die kleinen vierzähligen Blüten in Trugdolden. Rosenwurz ist zweihäusig, d.h. es gibt weibliche und männliche Individuen. Die weiblichen Blütenblätter sind meist grünlich und unscheinbar, die männlichen Blüten gelb bis rotviolett. Der Artname Rosenwurz bezieht sich allerdings nicht auf die Blüten, sondern auf den rosenartigen Geruch des Wurzelstocks. Letzterer bildet die Arzneidroge und besteht aus einem walzenförmigen, oft mehr als 10 cm starken Rhizom mit vielen Wurzeln, erklärt Vizepräsident der HMPPA, Chlodwig Franz, Abt. Funktionelle Pflanzenstoffe, Vetmeduni Wien.

Die Inhaltsstoffe der Rosenwurz (Rhodiola rosea L.) sind vor allem phenolische Glykoside, wie Salidrosid und Rosavin, welche auch als qualitätsbestimmende Markersubstanzen dienen. Zudem konnten zahlreiche weitere Verbindungen identifizert werden, wie Procyanidin- und Catechinderivate und Flavonoide. Rosenwurz zählt zu den „adaptogenen“ Arzneidrogen, die eine normalisierende Wirkung auf den Organismus ausüben und die Widerstandskraft gegenüber physikalischen, chemischen und biologischen Noxen erhöhen sollen. Pharmakologische Untersuchungen haben gezeigt, dass Rosenwurzextrakt den Stresshormonspiegel senkt, und den Energiestoffwechsel stimuliert. Es wurde kürzlich auch ein neuroprotektiver Effekt nachgewiesen. Der „adaptogenen“ Wirkung wird sowohl bei der Resilienz gegen Stresssituation als auch in der Prophylaxe und Behandlung von bakteriellen und viralen Infektionen eine große Bedeutung zugemessen. So konnten an der Universität Wien Inhaltsstoffe mit einer Hemmwirkung gegenüber Influenzaviren isoliert werden, während an der Universität Graz Substanzen identifiziert wurden, die das Wachstum von Campylobacter jejuni inhibieren, ein Bakterium, welches die Hauptursache für bakterielle Gastroenteritis ist. Das äußerst interessantes Wirkprofil könnte auch für Long Covid Bedeutung haben, erklärt der Vizepräsident der HMPPA, Institut für Pharmazeutische Wissenschaften der Universität Graz. (rüm)