Studie: Neurodermitis-Patient:innen oft unterbehandelt

Anlässlich des Welt-Neurodermitis-Tag am 14. September setzen sich Expert:innen für eine verbesserte Patient:innenbetreuung ein.

In Österreich leiden etwa zwei bis fünf Prozent der Erwachsenen an Neurodermitis, auch atopische Dermatitis oder atopisches Ekzem genannt – eine Krankheit, die einen hohen Leidensdruck mit sich bringt. Und: Viele Patient:innen sind möglicherweise unterbehandelt, wie die Ergebnisse aus einer wissenschaftlichen Studie aus 28 Ländern zeigen. Mehr als ein Viertel der Studienteilnehmer:innen gab das an. Paul Sator, Facharzt für Dermatologie an der Klinik Wien-Hietzing, kann das nachvollziehen: „Nicht alle Patient:innen, die für eine Systemtherapie in Frage kommen, erhalten auch Zugang zu den Therapien. Das kann unterschiedliche Gründe haben. Innovative Therapien werden vorrangig von dermatologischen Abteilungen an Krankenhäusern zur Behandlung mittelschwerer bis schwerer Neurodermitis eingesetzt. In niedergelassenen Ordinationen kommen sie wahrscheinlich aktuell noch weniger zur Anwendung. Dabei können mit dem Einsatz moderner, systemischer Therapien Beschwerden verbessert, der Juckreiz deutlich gelindert und damit die Lebensqualität wieder erhöht werden.“

Knapp über 70 Prozent der Teilnehmer:innen berichten über Juckreiz an mindestens drei Tagen in der Woche, knapp unter 70 Prozent schränken gelegentlich bis häufig ihre sozialen Kontakte beziehungsweise die Freizeitaktivitäten aufgrund des Juckreizes ein. Bei über 60 Prozent hat der Juckreiz eine gelegentlich bis häufige negative Auswirkung auf das Schul- beziehungsweise Arbeitsleben. „Auch wenn Neurodermitis nicht heilbar ist, gab es in den vergangenen Jahren große Fortschritte bei der Behandlung“, meint Sator. „Moderne Systemtherapien können Patient:innen mit mittelschwerer bis schwerer Neurodermitis zu einem verbesserten Hautbild verhelfen und den quälenden Juckreiz lindern.“

Für den Einsatz von modernen Systemtherapien – zum Beispiel Biologika als Spritze oder Januskinase-Hemmer als Tablette – ist entscheidend, wo und wie schwer die Entzündung auftritt, wie sehr der Schlaf durch häufiges Kratzen gestört und/oder wie massiv der Juckreiz ist. Rötliche, entzündete Stellen vor allem an gut sichtbaren Hautstellen oder im Genitalberich sind massiv belastend. Eine Systemtherapie, die innerlich wirkt, kann helfen, diese quälenden Beschwerden wieder in den Griff zu bekommen und geht vor allem über die reine Trigger-Vermeidung, die keine langfristige Lösung ist, hinaus. Manche Systemtherapien wie zum Beispiel Januskinase-Hemmer können bereits nach unzureichendem Ansprechen auf eine topische Therapie, zum Beispiel Kortison-Salbe, eingesetzt werden. „Es ist wichtig, dass uns heute diese Therapievielfalt zur Verfügung steht. Dadurch können wir den optimalen Behandlungsplan für jeden Patienten bzw jede Patientin finden,“ erklärt der Facharzt, der die weitere Information und Stärkung der Patient:innen als „wichtigen Auftrag“ sieht.

Die Studie stellt eine Subanalyse der schweizerischen und österreichischen Populationen der globalen 28-Länder-Querschnittsstudie MEASURE-AD dar, an der insgesamt 1.558 Patient:innen mit ärztlich bestätigter Neurodermitis teilnahmen, die derzeit eine systemische Therapie erhalten oder nach Angaben medizinischer Expert:innen für eine systemische Therapie in Frage kommen. Die Aufnahme fand zwischen Dezember 2019 und Juni 2020 statt. In der Studie wurden 98 Patient:innen aus Österreich und Schweiz untersucht, darunter 94 Erwachsene (≥ 18 Jahre) und 4 jugendliche Patient:innen (12 bis 17 Jahre). (kagr)