Eine neue Studie zeigt, dass die Rheuma-Zahlen und Kosten in den kommenden Jahren explodieren. Rheumatolog:innen der MedUni Wien fordern verstärkte Forschung zur Früherkennung und Prävention.
In rund einem Drittel aller Länder weltweit ist die Bevölkerungsalterung der Haupttreiber für die zunehmende Belastung durchrheumatische Erkrankungen wie Arthrose oder rheumatoide Arthritis. Durch eine alternde Gesellschaft bedingte Erkrankungen des Bewegungsapparats verursachten 2021 weltweit Gesundheitskosten von 96 Milliarden US-Dollar. Das ist das Ergebnis einer neuen, in der aktuellen Ausgabe des Fachjournals „Annals of the Rheumatic Diseases“ veröffentlichten Studie. Weltweit erlebten Männer größere rheumatologische Auswirkungen der Bevölkerungsalterung, insbesondere in Ländern mit hohen und oberen mittleren Einkommen. Frauen waren in Ländern mit niedrigem bis mittlerem Einkommen stärker betroffen. Die weltweit am stärksten betroffene Erkrankung des Bewegungsapparats war Arthrose, gefolgt von Gicht und rheumatoider Arthritis.
„Für Österreich bedeuten diese Studienergebnisse eine besondere Herausforderung“, kommentiert Daniel Aletaha, Leiter der Klinischen Abteilung für Rheumatologie der MedUni Wien, die Studie. „Der Anteil der über 65-Jährigen, der im Vorjahr bei 19,7 Prozent lag, wird bis 2040 auf 26,7 Prozent steigen – das ist ein immenser demografischer Kostentreiber.“ Bereits heute betreffen rheumatisch-muskuloskelettale Erkrankungen mit mehr als 120 Millionen Menschen etwa 25 Prozent der europäischen Bevölkerung und gehören zu den häufigsten Gründen für Arztbesuche sowie den führenden Ursachen für Behinderung. In Österreich verursachen muskuloskelettale Erkrankungen bereits 18,5 Prozent aller Krankenstandstage.
„Wir haben ein doppeltes Problem: Immer mehr Betroffene durch die Alterung – und gleichzeitig ist die rheumatologische Versorgung durch Fachärzte und Fachärztinnen in Österreich schon heute um etwa die Hälfte zu klein. Wer eine sichere Versorgung will, muss jetzt dringend mehr Ausbildungsplätze und Kassenstellen schaffen“, sagt Aletaha. Aber auch über die direkte Gesundheitsversorgung hinaus könne den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen rheumatischer Erkrankungen sinnvoll gegengesteuert werden. „Es gibt auch Chancen“, erklärt Aletaha: „Überträgt man konservative Berechnungen aus Großbritannien auf Österreich, zeigt sich, dass öffentlich finanzierte Forschung zur Früherkennung, Behandlung und Vorbeugung langfristig rund 24 bis 27 Prozent Gesundheitsrendite pro Jahr bringt, inklusive Produktivitätssteigerung und Innovation. In anderen Worten: Jeder investierte Euro bringt jährlich rund 25 Cent ‚Return on Investment‘ – das ist immens, aus gesellschaftlicher und besonders auch politischer Sicht.“ (red)
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