WHO ruft Europa und Pharmakonzerne zur Zusammenarbeit auf

Symbolbild © Novartis

Im Zusammenhang mit den Lieferproblemen für Impfstoffe hat die Weltgesundheitsorganisation Europa und die Pharmakonzerne zur Zusammenarbeit aufgerufen. Ziel müsse sein, die Impfkampagnen gegen das Coronavirus zu beschleunigen.

„Wir müssen uns zusammentun“, forderte der WHO-Direktor für Europa, Hans Kluge, in einem Interview mit der Nachrichtenagentur AFP. Andernfalls müssten konkurrierende Pharmahersteller „ihre Anstrengungen bündeln, um die Produktionskapazitäten drastisch zu erhöhen“, fügte er hinzu. Auf die Frage, ob die seit Dezember verfügbaren Impfstoffe auch gegen neue Virusvarianten wirksam seien, antwortete Kluge: „Das ist die große Frage. Ich bin besorgt.“ Die Länder müssten auf neue problematische Mutationen des Virus vorbereitet sein, warnte er und rief zu mehr Gen-Sequenzierungen auf. Das Virus habe weiterhin „die Oberhand über den Menschen“.

Von den 53 Ländern im Zuständigkeitsgebiet der europäischen WHO – zu dem auch mehrere Länder in Zentralasien zählen – hätten 37 Fälle mit der britischen Virus-Variante und 17 Fälle mit der südafrikanischen Mutante gemeldet. Derweil haben in der Europäischen Union gerade einmal 2,5 Prozent der Bevölkerung ihre erste Dosis mit dem Impfstoff erhalten. Kluge wiederholte auch den Aufruf der WHO an die reichen Länder, ihre Impfdosen mit ärmeren Staaten zu teilen, nachdem sie einen Teil ihrer Bevölkerung geimpft haben. Die Marke von 100 Millionen weltweit verabreichten Impfdosen wurde am Dienstag überschritten, wobei 65 Prozent der Impfungen in Ländern mit hohem Einkommen verabreicht wurden. „Wir wissen, dass die EU, Kanada, Großbritannien und die USA vier- bis neunmal mehr Impfdosen bestellt haben, als sie benötigen. Ich meine also, dass man nicht warten sollte, bis 70 Prozent der Bevölkerung geimpft sind, um mit dem Balkan, mit Zentralasien und Afrika zu teilen“, sagte er.

Die EU-Kommission will indes weitere Produktionsengpässe bei den für die EU-Mitgliedstaaten bestellten Corona-Impfstoffen verhindern. Die Impfstoffproduktion sei ein komplexer Prozess und erfordere eine Reihe von Inhaltsstoffen, sagte ein Sprecher am Freitag in Brüssel. Die Behörde behalte deshalb die Frage reibungslos funktionierender Lieferketten „genau im Auge“. Eine eigens gegründete Taskforce solle in Zusammenarbeit mit der Industrie mögliche Engpässe verhindern. Kommissionschefin Ursula von der Leyen hatte in einem Interview mit mehreren Zeitungen am Donnerstag eingeräumt, dass die Behörde das Problem der Massenproduktion unterschätzt habe und möglicherweise überzogene Erwartungen geweckt habe. (red/APA)