Wirkstoffverschreibung ist offenbar weiterhin Politik-Thema

Symbolbild/Fotolia

Das Gesundheitsministerium bekräftigte zum Wochenende erneut, dass man wegen der Medikamentenengpässe die seit langem diskutierte Wirkstoffverschreibung vorantreiben will.

Ärzt:innen sollen künftig nicht mehr ein konkretes Produkt verschreiben, sondern nur den Wirkstoff. Apotheken könnten dann einfacher auf andere Präparate ausweichen und Lieferengpässe entschärft werden, teilte das Gesundheitsministerium dem ORF-Wirtschaftsmagazin „ECO“ mit. Das Ministerium hält demnach an den bereits bekannten und von mehreren Seiten kritisierten Plänen fest. Wie weit diese bereits gediehen sind, ist aber offen.

Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) will die seit Jahren in Österreich verstärkt diskutierte Wirkstoffverschreibung schon länger durchsetzen. Schon 2008 waren sich der damalige Hauptverband der Sozialversicherung, das Gesundheitsministerium und die Apothekerkammer darüber einig und eine Patientenkampagne war startklar. Letztlich scheiterte die Umsetzung am Widerstand der Ärztekammer und an Neuwahlen. Seit die Grünen in der Regierung sind, ist das Thema wieder auf der Agenda. Es könne ihm niemand erklären, warum Österreich das einzige EU-Land sei, das diese Möglichkeit noch nicht habe, hatte Rauch bereits im September im Rechnungshofausschuss des Nationalrats betont. Eine Verordnung sei in Arbeit. Ärztekammer und Pharmavertreter sprachen sich dagegen aus und tun es auch jetzt wieder.

„Das Argument, dass in anderen Ländern eine Wirkstoffverschreibung gang und gäbe wäre, nur in Österreich nicht, ist kein wirkliches Argument. Schließlich haben alle Länder in der EU derzeit dieselben Schwierigkeiten in der Arzneimittelversorgung. Es ist kein rein österreichisches Spezifikum, dass wir derzeit bei einigen Produkten Lieferprobleme haben, Wirkstoffverschreibung hin oder her“, betont Alexander Herzog, Generalsekretär der PHARMIG. Anstatt die Situation zu verbessern, würde eine Wirkstoffverschreibung nach Ansicht des Verbandsvertreters nur den Arzneimittelschatz schmälern. Herzog: „Wir haben jetzt schon einen enorm hohen Druck auf die Preise, speziell bei Generika. Eine Wirkstoffverschreibung würde diesen Druck weiter erhöhen, weil die Apotheken jeweils nur jenes wirkstoffgleiche Medikament abgeben dürfen, das gerade den niedrigsten Preis hat.“

Klare Ablehnung kommt auch von der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK). „Ärztinnen und Ärzte beurteilen mit ihrer Expertise und ihrem Wissen um ihre Patientinnen und Patienten individuell, welches Medikament am besten geeignet ist. Wenn sie nur noch einen Wirkstoff verschreiben können, beginnt für die Patienten ein Glücksspiel, welches Präparat sie dann in der Apotheke bekommen. Es können ungewohnte Medikamente sein oder gar solche, die der mit Ärztin oder Arzt besprochenen Einnahmeart widersprechen“, führt Johannes Steinhart, Präsident der Österreichischen Ärztekammer, aus. Die Folge, vor der auch in der Wissenschaft immer wieder gewarnt wird, wäre Verunsicherung bei vielen Patient:innen und ein erhöhtes Risiko von Einnahmefehlern, so der ÖÄK-Präsident. „Besonders Patientinnen oder Patienten, die schon jahrelang auf dieselben Medikamente eingestellt sind, sind oft überfordert, wenn sie plötzlich zum Beispiel andersfärbige Medikamente in einer völlig neuen Verpackung einnehmen sollen“, unterstreicht Edgar Wutscher, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer und Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte. (rüm)