Radikale Prostatektomie vs. LDR-Jod125-Brachytherapie

Erektile Funktion bis 3 Jahre nach kurativer Therapie des Prostatakarzinoms

Die erektile Dysfunktion (ED) nach operativer Therapie des lokalisierten Prostatakarzinoms (PCa) stellt mit der Kontinenzeinschränkung die häufigste unerwünschte Nebenwirkung sowie auch die bezüglich postoperativer Lebensqualität mit am stärksten einschränkende Komponente dar. Wir haben die postoperative erektile Funktion nach radikaler Prostatektomie (RP) mit der postoperativen erektilen Funktion nach LDR-Jod125-Brachytherapie (BT) anhand des Index of Erectile Funktion (IIEF) bei Patienten verglichen, die präoperativ als potent eingestuft wurden.

Methodik: Zwischen 2005 und 2008 behandelten wir 301 Patienten mit lokalisiertem Prostatakarzinom, von denen 286 an der prospekti-ven Studie partizipierten. 189 dieser Patienten wurden präoperativ bei normaler erektiler Funktion und einem IIEF > 7 für Frage 3 + 4 als potent eingestuft. In Worte gefasst bedeutet dies, dass diese Patienten in über der Hälfte der Fälle sowohl eine Erektion hatten, welche für eine Penetration ausreichend war, als auch dass diese Erektion ausreichend lange bis zur Vollendung des Geschlechtsverkehrs angehalten hat. Diese Patienten wurden anschließend kurativ mittels radikaler retropubischer Prostatektomie (n= 112) bzw. LDR-Jod125-Brachytherapie (n = 77) behandelt (Abb. 1). In der RP-Gruppe wurde bei 37 Patienten (33%) im Sinne der Erektionserhaltung eine einseitige bzw. beidseitige Nervenschonung durchgeführt.

Resultate: Über den gesamten Nachkontrollzeitraum zeigte sich in der Brachytherapie-Gruppe eine deutlich höhere Anzahl an Patienten mit erhaltener erektiler Funktion (Abb. 2). Im Verlauf der ersten drei Jahre postoperativ bewegt sich der Anteil der Patienten mit erhaltener erektiler Funktion in der BT-Gruppe zwischen 56% und 61%, während sich dieser Anteil in der RP-Gruppe zwischen 10% und 19% hält. Der Unterschied in Bezug auf die einseitige bzw. beidseitige Nervenschonung in der RP-Gruppe ist in Abbildung 3 dargestellt. Zwei Jahre postoperativ zeigen 25% der Patienten, bei welchen eine beidseitige Nervenschonung durchgeführt wurde eine erhaltene erektile Funktion, im Vergleich zu 12,5% bei einseitiger bzw. 10% bei fehlender Nervenschonung.

Diskussion: 3 Jahre nach RP zeigt sich in unserem Patientenkollektiv bei 10% (ohne Nervenschonung) resp. 25% (mit beidseitiger Nervenschonung) eine erhaltene erektile Funktion mit einem IIEF > 7 für Frage 3 + 4. In der BT-Gruppe zeigen sich 3 Jahre postoperativ 61% der Patienten mit erhaltener erektiler Funktion. Jeweils ca. ein Drittel der Patienten beider Gruppen nahmen 3 Jahre postoperativ PDE-5-Inhibitoren ein. In einem Vergleich von 24 Studien der letzten 7 Jahre wurde die Inzidenz einer erektilen Dysfunktion nach radikaler Prostatektomie zwischen 20 und 90% angegeben. Häufig fehlen hierbei Angaben zur Definition bzw. Evaluation der postoperativen erektilen Funktion. Single-Center- respektive Single-Surgeon-Studien zeigen hierbei höhere Raten an erhaltener postoperativer erektiler Funktion als Multicenterstudien1. In der bisher einzigen kontrollierten, randomisierten Multicenterstudie, an der insgesamt 16 Zentren aus Nordamerika, Frankreich, Belgien und Australien teilnahmen, zeigten lediglich 4% der Patienten eine erhaltene erektile Funktion nach radikaler Prostatektomie mit beidseitiger Nervenschonung ohne medikamentöse Unterstützung2. Zu bemerken ist hierbei, dass sämtliche Operationen nach Angabe der Autoren durch erfahrene Operateure durchgeführt wurden. Die Angaben zum Erhalt der erektilen Funktion nach operativer Therapie des Prostatakarzinoms als auch die Art der Datenerhebung bzw. Evaluation der erektilen Funktion differieren in der aktuellen Literatur stark. In unserem Kollektiv liegt der Anteil an Patienten mit erhaltener erektiler Funktion nach radikaler Prostatektomie bei 19% und ist somit mit der bisher einzigen prospektiv randomisiert erhobenen Datenanalyse vergleichbar. Im Vergleich hierzu liegt der Anteil der Patienten mit erhaltener erektiler Funktion nach operativer Therapie des Prostatakarzinoms in der Brachytherapie-Gruppe im gesamten Nachkontrollzeitraum deutlich über dem Anteil aus der radikalen Prostatektomie-Gruppe.

Take-Home-Message

Die kurative Therapie des lokalisierten PCa mittels LDR-Jod125-Brachytherapie ist bei vergleichbarer onkologischer Wirksamkeit im Vergleich zur radikalen Prostatektomie mit einer signifikant geringeren Einschränkung der erektilen Funktion bis drei Jahre postoperativ verbunden.

OA Dr. med. Stefan Preusser, FEBU
Klinik für Urologie, Kantonsspital St. Gallen, Schweiz

1) Mulhall JP J Urol 2009; 181(2):462-71
2) Padma-Nathan H et al., Int J Impot Res 2008; (20):479-86