Editorial

Das Spektrum der Beiträge spannt sich von Updates zur

antithrombotischen Behandlung akuter Koronarsyndrome, der Verhinderung von
Stentthrombosen, den aktuellen Definitionen des Herzinfarktes, der Bedeutung
des EKGs (ja, das gibt es auch noch!) und neuer bildgebender Verfahren zur
Infarktdiagnostik, den Besonderheiten der KHK und neuen Risikoindikatoren beim
Diabetiker, weiter über medikamentöse und apparative Therapien der
Herzinsuffizienz, Indikationen zu ICDs, hin zu aktuellen Fragen der Diagnose
und Therapie der Hypertonie, dem Stellenwert der Statine bei Hochdruckpatienten
sowie den der ACE-Hemmer und AT1-Rezeptorblocker und weiteren Themen wie
Interaktionen von Herz und Niere oder kardiale Nebenwirkungen ausgewählter
Krebsmittel. Ich hoffe, dass Sie Zeit und Muse für die Lektüre und geistige
Einverleibung aller Artikel finden. Sehr bemerkens- und beherzigenswert finde
ich die Aussage von Kronik, auch der Hausverstand sei gefragt – dort wo Evidenz
fehlt. Und sie fehlt häufiger, als wir es uns wünschen, bedenkt man nur, wie
hochselektioniert Studienpatienten in der Regel sind. So bleibt immer noch
genügend Platz für die ärztliche Kunst.

Wir haben in den letzten Jahren allzu
viel von Teuerungen und notwendigen Sparmaßnahmen auf dem Gesundheitssektor
gehört und allzu wenig über die Erfolge der Medizin. Ein Blick in die Statistik
Österreich beweist es. Seit den 80er Jahren haben sich die Todesfälle an
Herz-Kreislauf-Erkrankungen von etwa 50.000 auf rund 32.000 im Jahr 2007, somit
um etwa ein Drittel verringert. 2007 machten Todesfälle an
Herz-Kreislauf-Erkrankungen nur noch 44 % aller Todesfälle aus. Der besonders
nach 1995 einsetzende deutliche Abwärtstrend könnte u. a. mit der vermehrten
Verwendung der ACE-Hemmer, Statine, Betablocker und der Verbreitung der
Reperfusionstherapie des Herzinfarktes zusammenhängen. Ganz analoge
Beobachtungen wurden in den USA gemacht. Ein rezenter AHA Report in
“Circulation” beschreibt eine 30%ige Reduktion von Herz-Kreislauf-Todesfällen
in den letzten 10 Jahren. Bedenklich stimmt die geringe Bereitschaft der
Bevölkerung, vernünftiges Essen zu konsumieren und regelmäßig andere als die
Kaumuskeln zu betätigen. Auch dort kämpft man mit ständig steigenden und kaum
mehr aufbringbaren Kosten für die Gesundheit. Viele teure Untersuchungen und
Behandlungen betreffen Patienten, die sie nicht brauchen, während sie anderen,
die sie wirklich bräuchten, nicht zugute kommen. Ob das bei uns wohl besser
ist?

Was die Statistiken weder in den USA noch in Österreich ausweisen, sind
die Zahlen der an den chronischen Folgen Herzinsuffizienz, Schlaganfall,
Niereninsuffizienz etc. leidenden Menschen. Jedenfalls besteht kein Grund zu satter
Zufriedenheit. Die Möglichkeiten sind keineswegs ausgeschöpft, wie man aus
Framingham-Langzeitstudien erkennen kann. Diese zeigen, dass das lebenslange
Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen von Personen, deren Risikofaktoren im
Idealbereich liegen, nur wenige Prozent beträgt.

Ein praktikabler Weg, mehr
Kreislauf-Erkrankungen zu verhindern, führt über die Aufspürung subklinischer
Atherosklerosemanifestationen. Dazu eignen sich u. a. die Ultrasschalluntersuchung
der arteriellen Halsgefäße, die Messung der aortalen Pulswellengeschwindigkeit
oder der einfache Nachweis eines leicht reduzierten Dopplerindex zwischen
oberer und unterer Extremität. Die beste Diagnostik nützt jedoch nichts, wenn
ihr keine konsequenten Therapiemaßnahmen folgen. Im Klartext heißt das,
Zielwerte für Blutdruck und LDL-Cholesterin erreichen – und zwar auf Dauer –
und Umsetzung all jener etablierten Lebensstilmaßnahmen, von denen
jedermann/jedefrau gehört, die man/frau aber nicht beherzigt hat. Den
Patienten, die bereits an den Folgen der Atherosklerose laborieren, kann
vielfach mit den in den Artikeln dieses Heftes skizzierten Diagnose- und
Therapieverfahren geholfen werden. Es muss uns aber klar sein, dass diese im
Großen und Ganzen den Hebel an der falschen Seite des Problems ansetzen.

Zuletzt möchte ich Ihnen, verehrte Kolleginnen und Kollegen, und Ihren
Angehörigen für 2009 viel Erfolg, nicht zuletzt in der Umsetzung Ihrer guten
Vorsätze, anhaltende Gesundheit und berufliche Befriedigung wünschen.

Univ.-Prof.
Dr. Jörg Slany

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