AUVA-Konzept: „Traumazentrum Wien“

Welche konkreten Pläne gibt es für die unfallchirurgische Versorgung in Wien (kurzfristig wie langfristig)? Was konkret beinhaltet das AUVA-Konzept?

Dr. Helmut Köberl, AUVA-Generaldirektor: Die AUVA wird die schon bisher gelebten Schwerpunkte der Wiener Unfallkrankenhäuser Meidling und Lorenz-Böhler/Brigittenau weiter stärken und ausbauen. Unter dem gemeinsamen Dach „Traumazentrum Wien“ werden Organisation und Know-how der beiden Häuser gebündelt, damit an beiden Standorten die Patientinnen und Patienten auf noch höherem Niveau versorgt werden können. Die AUVA schafft damit das Exzellenzzentrum für Unfallchirurgie, das das gesamte Spektrum der Unfallheilbehandlung – von der Akutversorgung über die rekonstruktive Chirurgie bis zur elektiven Chirurgie – abdeckt.
Die unfallchirurgische Versorgung im Traumazentrum Wien umfasst:

  • Akutversorgung schwerst verletzter PatientInnen, sogenannter PolytraumapatientInnen, 24 Stunden am Tag und 7 Tage in der Woche
  • rekonstruktive Chirurgie durch hoch qualifizierte Fachärztinnen und Fachärzte (z. B. plastische Chirurgie und periphere Nervenrekonstruktion)
  • standortübergreifende Spezialteams 24 Stunden 7 Tage in der Woche u. a. für Wirbelsäule, Schulter und Hand – egal wann ein Patient z. B. mit einer schweren Wirbelsäulenverletzung eingeliefert wird, es wird immer ein Wirbelsäulenspezialist Dienst haben
  • standortübergreifendes Radiologie-Institut
  • standortübergreifende Abteilung für Anästhesie und Intensivmedizin – im Rahmen dieser soll es in weiterer Folge eine standortübergreifende Schmerzambulanz geben
  • interne Doppelfachausbildung Orthopädie und Traumatologie für noch mehr Know-how im Traumazentrum Wien
Ist die Zusammenführung der beiden Häuser (Meidling und LBK) an einem Standort geplant? Wann und wo?

Die beiden Standorte Meidling und Lorenz-Böhler/Brigittenau werden ab 1. 1. 2018 organisatorisch unter einem gemeinsamen Dach als Traumazentrum Wien geführt. Eine Zusammenführung an einem Standort ist derzeit nicht geplant.

Stimmt es, dass die beiden AUVA-Häuser zu einem fusioniert werden sollen und dafür ein Spital an einem gänzlich neuen Standort (Lainz?) in einem Kofinanzierungsprojekt mit der Gemeinde Wien/KAV errichtet werden soll? Gibt es dieses Konzept? Mit welchem Zeithorizont?

Es gibt grundsätzliche Gespräche mit dem KAV. Welche Projekte daraus entstehen könnten, kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht beantwortet werden.

Warum wurde die Schockraumschließung im LBK (Wochenende bis Dienstagfrüh) angeordnet?

Die Konzentration der Schockraumfälle am Standort Meidling zwischen Samstag, 8 Uhr, und Dienstag, 8 Uhr, ist eine logische Folge des Schwerpunktkonzeptes, das die AUVA verfolgt. Am Standort Meidling wurde schon in der Vergangenheit ein spezielles Schockraum-Konzept verfolgt. Dafür hat die AUVA in den letzten Jahren zusätzliche MitarbeiterInnen eingestellt.

Welches langfristige Konzept gibt es für das LBK?

Am Standort Lorenz-Böhler/Brigittenau wird der Schwerpunkt rekonstruktive Chirurgie ausgebaut. Die rekonstruktive Chirurgie ist ein essenzieller Bestandteil der Chirurgie. Beispiel: Jemand greift mit der Hand in die Kreissäge. Akut geht es jetzt darum, das Leben des Menschen zu retten. Es ist aber genauso wichtig, dass der Mensch seine Hand wieder verwenden und in ein normales Leben zurückkehren kann. Genau an solchen Fällen arbeitet das Team am Standort Lorenz-Böhler/Brigittenau nun noch intensiver. Denn die Arbeit von Unfallchirurgen endet nicht im Schockraum.
Parallel steht der Standort Lorenz-Böhler/Brigittenau natürlich auch für Akutversorgung zur Verfügung. Für Verletzte und Schwerverletzte, die nicht unmittelbar lebensgefährlich verletzt sind und daher nicht in den Schockraum gebracht werden müssen, steht der Standort Lorenz-Böhler unter der Woche sowie auch am Wochenende – wie schon bisher – zur Verfügung. Die personellen Kapazitäten für die Notfallversorgung im Lorenz-Böhler bleiben unverändert. Durch den Schwerpunkt auf aufwendige rekonstruktive Chirurgie, der für das Haus vorgesehen ist, wird personell aufgestockt.

Was bedeutet die Schockraumschließung für die Versorgungssituation der Wiener Schwerverletzten? Können Meidling und die ­anderen unfallchirurgischen Abteilungen Wiens ­tatsächlich komplett kompensieren? Müssen ­gelegentlich wegen Engpässen ­Patienten nach Niederösterreich geflogen werden, oder muss man kurzfristig den Schockraum offen halten?

Für Verletzte und Schwerverletzte, die nicht unmittelbar lebensgefährlich verletzt sind und daher nicht in den Schockraum gebracht werden müssen, steht der Standort Lorenz-Böhler auch künftig – wie schon bisher – auch am Wochenende zur Verfügung. Patienteninnen und Patienten mit besonders schweren Traumata – die Schockraumfälle – werden am Wochenende am Standort Meidling versorgt.
Grundsätzlich ist es nicht unüblich, dass ein Schockraumfall in ein anderes Krankenhaus umgeleitet wird – zum Beispiel, weil der Schockraum einfach gerade belegt ist. Im Fall eines größeren Schadensereignisses, der zusätzliche Kapazitäten erfordert, kann der Schockraum am Standort Lorenz-Böhler innerhalb weniger Minuten geöffnet und in Betrieb genommen werden.

Interview mit: Dr. Helmut Köberl

Generaldirektor AUVA


AutorIn: Susanne Hinger

Klinik 03|2017

Herausgeber: MedMedia Verlag und Mediaservice GmbH
Publikationsdatum: 2017-07-03