„Wir wollen Zukunftsstrategien für die Apotheker erarbeiten“

Apotheker Krone: Sie beraten den Apothekerverband als Handelsexperte beim Strategieprozess. Was genau ist Ihre Aufgabe?

Von Ende Dezember bis Anfang Februar wurde eine umfangreiche Online-Befragung aller Mitglieder des Apothekerverbandes durchgeführt – zur Bewertung der Herausforderungen, denen sich die Apotheken gegenübersehen. Die Wahl der Themen für die Zukunftskonferenz wurde maßgeblich von einer vorangegangenen Expertenbefragung beeinflusst, die im Herbst 2017 mit Entscheidungsträgern und Meinungsführern aus dem öster­reichischen Gesundheitswesen und anderen relevanten ­Bereichen stattgefunden hat. Ich wurde gebeten, als Strategieberater die Konferenz vorzubereiten und zu leiten.

Was soll nun am 6. und 7. April genau passieren?

Bis jetzt haben über 500 Apothekerinnen und Apotheker an der Befragung teilgenommen. Die Ergebnisse werden den rund 300 erwarteten Teilnehmern präsentiert werden. Gemeinsam wollen wir dann Zukunftsstrategien erarbeiten. Angereichert wird das Programm durch Vorträge von Experten und Kennern des Gesundheitssystems, unter anderem Genetiker Prof. Dr. Markus Hengstschläger von der Universität Wien und Univ.-Prof. Dr. Herwig Ostermann, Geschäftsführer der Gesundheit Österreich GmbH. Der aktuelle Anmeldestand von rund 200 Teilnehmern ist bereits sehr erfreulich, die Anmeldung läuft noch bis Mitte März.

Eine der Herausforderungen ist die Digitalisierung. Wie sehen Sie die Ausgangslage für die Apotheken?

Im Einklang mit der Digitalisierung sowie technologischen Innovationen verändert sich die Lebenswelt der Kunden, die andere Bedürfnisse an die Gesundheitsversorgung haben als bisher. Im Zusammenhang mit der Digitalisierung führt vor allem auch die hohe Smartphone-Durchdringung zu einem neuen Kundenverhalten und -verständnis. Der persönliche Kontakt mit dem Apotheker ist nicht mehr zwingend notwendig. Derzeit fokussieren sich die österreichischen Apotheken zumeist noch ausschließlich auf ihren angestammten Vertriebskanal – als Single-Channel. In Zukunft wird es unumgänglich sein, alle Informations- und Kaufentscheidungswege der Kunden ganzheitlich, das heißt Vertriebskanal-übergreifend, als Omni-Channel zu gestalten.

Wie sieht es im Hinblick auf Automatisierung und Online-Handel aus?

Big Data wird für die Apotheken in Zukunft eine Schlüsselrolle einnehmen. Mobile und digitale Kundenschnittstellen, die Automatisierung von Prozessen und die Vernetzung der Akteure in der Gesundheitsbranche ermöglichen in Echtzeit, die unterschiedlichen Daten und Kundendaten zusammenfließen und auswerten zu lassen und dadurch Muster, vor allem im Verhalten wie der Compliance, zu erkennen. In Zukunft werden nicht mehr nur Kennzahlen zum Verkaufsvolumen oder zu den Marktanteilen erhoben, durch Big Data 4.0 ist es darüber hinaus beispielsweise denkbar, dass mobile Daten von Smart­phone-Nutzern analysiert werden und bei der Medikationsanalyse als Informationsbasis für die individualisierte Beratung herangezogen werden. Dadurch wird es unter anderem möglich, Patienten auf Wechselwirkungen und Unverträglichkeiten hinzuweisen. Auch bietet Big Data viel Potenzial für die medizinische Forschung und somit für die Verbesserung der Vorsorge, Prävention und Therapie. Dies kann auch die Diagnose- und Therapiemöglichkeiten für seltene Erkrankungen verbessern.

Ein anderes Thema ist die demografische Entwicklung und die Zunahme altersbedingter Erkrankungen. Diese Patienten werden vermutlich nicht ganz so digital-affin sein?

Laut der WKO-Bevölkerungsstruktur-Prognose wird in Österreich der Anteil älterer Personen im Jahr 2075 bei 54,6 Prozent liegen. Das ist das Verhältnis der über 64-Jährigen zur Bevölkerung zwischen 20 und ­65 Jahren. Derzeit sind das 30,2 Prozent. Herausforderungen, die mit dem demografischen Wandel in Verbindung stehen, sind, dass einerseits die Versorgungsansprüche und die technologischen Möglichkeiten zunehmen werden, die Renten im Gegensatz dazu jedoch stagnieren, was zu einem erhöhten Kosten- und Effizienzsteigerungsdruck führen wird. Als Konsequenz daraus wird eine Kernaufgabe der österreichischen Apotheken sein, einen wachsenden und niederschwelligen Beitrag zu leisten, sodass die gesamte Bevölkerung weiterhin in gewohnt hoher Qualität versorgt werden kann.