Leben mit Herzinsuffizienz

Herzinsuffizienz ist die Endstrecke der meisten chronischen kardialen Erkrankungen und ist von einer deutlich reduzierten Leistungsfähigkeit und Lebensqualität sowie einer hohen Hospitalisierungs- und Sterberate geprägt. Trotz großer Fortschritte bei Therapie und Prognose bleibt die Herzinsuffizienz eine belastende und gefährliche Erkrankung, die Betroffene im täglichen Leben einschränkt. Diese Einschränkungen werden oft noch durch unnötig strenge Verhaltensregeln verstärkt. Unglücklicherweise gibt es wenig Evidenz darüber, welche Lebensstiländerungen die Lebensqualität und/oder die Prognose verbessern. Nichtsdestotrotz gehört die Beantwortung von Lebensstilfragen zu den wichtigsten Inhalten im Rahmen der Betreuung von Herzinsuffizienzpatienten in der allgemeinmedizinischen Praxis.

Benefit durch Ausdauertraining

Mehrere Metaanalysen von kleinen Studien zeigten, dass körperliches Training die Leistungsfähigkeit und die gesundheitsbezogene Lebensqualität verbessern und die Herzinsuffizienz-Hospitalisierungsrate reduzieren kann. In einem Cochrane Review mit 33 Trials und 4.740 Patienten, vor allem mit reduzierter Ejektionsfraktion (HFrEF), zeigte das körperliche Training einen Trend zur Mortalitätssenkung, verringerte die Anzahl der Hospitalisierungen und verbesserte die Lebensqualität.
Die einzige große randomisierte kontrollierte Studie konnte zwar keine signifikante Reduktion des kombinierten primären Endpunktes – Tod oder Hospitalisierung – zeigen, aber zumindest gab es kein Signal für ein Sicherheitsproblem für körperliches Training bei Herzinsuffizienzpatienten. Hauptproblem der Studie war vermutlich, dass < 50 % der Patienten bereits nach drei Monaten nicht mehr so trainierten wie vorgesehen, obwohl zahlreiche Maßnahmen zur Erhöhung der Adhärenz gesetzt wurden. Man glaubt deshalb, dass körperliches Training bei Herzinsuffizienz eine sehr wirksame Therapiemaßnahme ist, wenn tatsächlich trainiert wird. Dementsprechend gibt es für Herzinsuffizienzpatienten eine eindeutige Empfehlung für regelmäßiges Ausdauertraining, um die Leistungsfähigkeit und Symptome zu verbessern und bei HFrEF auch die Hospitalisierungsrate zu reduzieren. Es gibt jedenfalls keinen Hinweis, dass körperliches Training irgendeiner Herzinsuffizienzpatientengruppe schadet, wie viele Patienten – teilweise auch Ärzte – fälschlicherweise glauben.
Wie dieses Training genau aussehen soll, hängt von den individuellen Limitationen des Patienten ab. Als Faustregel gilt, mindestens 20 Minuten 3-mal pro Woche. Der Patient sollte dabei mittelgradig außer Atem sein, sich aber nicht in die völlige Erschöpfung treiben, sondern die Intensität entsprechend reduzieren oder pausieren. Ein Rehabilitationsaufenthalt kann ein guter Start für langfristiges regelmäßiges körperliches Training sein. Aufgrund der bekannt schlechten Trainingsadhärenz über einen längeren Zeitraum erscheint es wichtiger, dass der Patient eine Sportart wählt, die Spaß macht, anstatt ein „One-fits-all“-Programm zu beginnen. Gruppentrainings, wie sie zum Beispiel der Österreichische Herzverband anbietet, können ebenfalls den Spaßfaktor und damit die Adhärenz erhöhen. Die Höhenempfehlungen beim Bergwandern sind sehr individuell zu gestalten. Bis 2.000 m Seehöhe ergibt sich üblicherweise kein Problem.

Rauchen: nein, Alkohol: wenig

Eine Rauchentwöhnung ist klar empfohlen. Aufgrund der deutlich verbesserten Prognose von Herzinsuffizienzpatienten gewinnen auch die Langzeitfolgen des Rauchens an Relevanz. Rauchen und auch passives Rauchen limitieren zudem die Möglichkeit einer Listung zur Herztransplantation, da innerhalb von kürzester Zeit eine erhöhte Rate an malignen Erkrankungen festzustellen ist. Raucher sollten eine spezialisierte Entwöhnungsberatung und eine Ersatztherapie erhalten. Auch eine kognitive Verhaltenstherapie und psychologische Unterstützung sollte in Betracht gezogen werden. Oft sind für eine dauerhafte Entwöhnung mehrere Versuche nötig.
Große Mengen Alkohol können wiederum eine alkoholische Kardiomyopathie verursachen, wobei hierfür vermutlich eine individuelle Prädisposition vorliegen muss. Patienten mit alkoholischer Kardiomyopathie sollten Alkohol generell vermeiden. Bei allen anderen Herzinsuffizienzpatienten gibt es keinen Hinweis, dass geringe Men-gen Alkohol schaden. Hier gelten die üblichen Richtlinien von täglich einer Einheit für Frauen und zwei für Männer. Die Grenze von zwei Einheiten (Frauen) beziehungsweise drei Einheiten (Männer) pro Tag sollte nicht überschritten werden. Eine Einheit entspricht 10 ml reinem Alkohol.

Moderate Salz- und Flüssigkeitszufuhr

Eine generelle Einschränkung der täglichen Flüssigkeitsmengen ist nicht empfohlen, exzessive Flüssigkeitsmengen sollten jedoch vermieden werden. Auch hier gilt es, unnötige Einschränkungen zu vermeiden, denn ein chronisches Durstgefühl drückt enorm auf die Lebensqualität. Nur eine Minderheit der adäquat therapierten Herzinsuffizienzpatienten benötigt eine strikte Flüssigkeitsrestriktion. Bei diesen Patienten, die trotz optimierter Therapie schwer symptomatisch sind, erscheint die konstante Menge pro Tag für das Diuretika-Management wichtiger als eine bestimmte Anzahl von Litern. 1,5–2,0 Liter täglich ist in den meisten Fällen eine adäquate Menge, um Symptome und Stauungszeichen zu verhindern und das Diuretikamanagement zu optimieren. Bei Hitze ist die Flüssigkeitsmenge entsprechend zu erhöhen. Wesentlich ist, dass alle Flüssigkeitsaufnahmen in die Berechnung inkludiert werden.
Eine strenge Salzrestriktion wie früher empfohlen (< 2 g/d) ist obsolet. Nachdem festgestellt wurde, dass in praktisch allen untersuchten Patientenkollektiven eine Hyponatriämie mit einer erhöhten Mortalität assoziiert ist und teilweise Patienten mit hochmolarem NaCl rascher rekompensiert werden konnten, relativierte sich dieser Ansatz. Patienten mit Herzinsuffizienz haben oft weniger Appetit, leiden unter Übelkeit und Völlegefühl und neigen zu Unterernährung und kardialer Kachexie. Nahezu salzloses Essen, das vielen nicht schmeckt, verschärft diese Probleme zusätzlich ohne erkennbaren Nutzen. Die allgemeine Empfehlung von < 6 g/d gilt auch für Herzinsuffizienzpatienten.
Diese sollten eine tägliche Gewichts-kontrolle (unter gleichbleibenden Bedingungen) in die Morgenroutine übernehmen. Bei einer Gewichtszunahme von 2 kg in 3 Tagen sollten sie den Arzt kontaktieren oder – falls entsprechend geschult – eine Selbstanpassung der Diuretika vornehmen.

Maßnahmen ab BMI > 35

Prinzipiell sollten auch Herzinsuffizienzpatienten darauf achten, ein gesundes Körpergewicht zu halten. Da jedoch Patienten mit Herzinsuffizienz und höherem Body-Mass-Index (BMI) eine bessere Prognose haben als jene mit niedrigerem (Obesity-Paradox), sollten nur Patienten mit BMI> 35 oder mit signifikanten adipositasassoziierten Symptomen eine Gewichtsabnahmeempfehlung erhalten.

Reisen und Fliegen

Reisen sollten entsprechend den individuellen Limitationen der Patienten (vor allem Leistungsfähigkeit und Fragilität) geplant werden. Die meisten Herzinsuffizienzpatienten sind in ihrer Reisetätigkeit kaum eingeschränkt.

Insbesondere wenn Patienten stabil sind, stellen kurze Flüge innerhalb Europas normalerweise kein Problem dar. Bei Langstrecken sollte langes Sitzen vermieden und Beinödemen mit Kompressionsstrümpfen vorgebeugt werden.

Lebensstilempfehlungen für Patienten mit Herzinsuffizienz

  • Sport: eindeutige Empfehlung für regelmäßiges Ausdauertraining. Zur Verbesserung der Adhärenz soll eine Sportart gewählt werden, die Spaß macht. Es gibt keinen Hinweis, dass körperliches Training schadet.
  • Rauchen: Rauchentwöhnung wird klar empfohlen.
  • Alkohol: Außer bei alkoholischer Kardiomyopathie sind die allgemein empfohlenen Richtwerte einzuhalten (1–2 Einheiten pro Tag).
  • Flüssigkeit: Weder Flüssigkeitsrestriktion noch exzessive Flüssigkeitszufuhr sind empfohlen. Eine konstante Menge ist vor allem für das Diuretika-Management wichtig.
  • Kochsalz: Es gelten die allgemeinen Empfehlungen: < 6 g/d.
  • Gewicht: Nur Patienten mit BMI > 35 oder mit signifikanten adipositasassoziierten Symptomen sollten eine Gewichtsabnahmeempfehlung erhalten.
  • (Flug-)Reisen: Kurze Flüge sind meist kein Problem. Bei Langstrecken sollte Beinödemen vorgebeugt werden.

 

Referenzen:

Lainscak M et al., Eur J Heart Fail 2011; 13(2):115–26

Ponikowski P et al., Eur J Heart Fail 2016; 18(8):891–975

www.heartfailurematters.org