Einsamkeit: Psychologen warnen vor „Brandbeschleuniger“ Pandemie

Alte Frau weint

Immer mehr Menschen fühlen sich in der Pandemie alleine. Der psychische Stress steigt, kann sich in körperlichen Beschwerden manifestieren und zu einem früheren Tod führen, mahnen Experten.

Laut dem Psychotherapeuten Günter Klug kann Vereinsamung lebensbedrohlicher werden als Rauchen, hoher Blutdruck oder Übergewicht. Betroffen sind alle Schichten und Altersgruppen. Knapp jeder zweite befragte Österreicher (47 Prozent) hat in einer EU-weiten Studie des Unternehmens Kaspersky angegeben, dass er im ersten Lockdown „zumindest gelegentlich Einsamkeit empfunden“ hat. Der EU-Schnitt lag bei 52 Prozent. Vor allem die jüngere Generation war besonders stark betroffen. 70 Prozent der Interviewten gaben an, die Digitalisierung habe geholfen, zumindest virtuell in Kontakt zu bleiben. Nur 42 Prozent (EU: 52 Prozent) glauben, dass diese Form der Kommunikation hilft, Einsamkeit zu bekämpfen.

Studien aus dem ersten Shutdown zufolge sei der psychische Stress deutlich gestiegen, die Pandemie habe sich als „Brandbeschleuniger“ eines bestehenden Problems erwiesen. Immer breiterer Bevölkerungskreise sind betroffen: Jeder Zweite fühle sich einsam, jeder Vierzehnte trifft nie Freunde, hieß es. Unterstützung für die Psyche wären „wichtiger denn je“. Armut zähle zu den zentralen Risikofaktoren, erläuterte Klug, Präsident von pro mente Austria. Was auch die Geschäftsfeldleiterin der Krisenhilfe Oberösterreich, Sonja Hörmanseder, bestätigte. „Rund um die Weihnachtsfeiertage wird diese oft radikale Entwicklung vielen Menschen besonders schmerzhaft bewusst“, sagte sie. Klug ergänzte, dass sich die WHO schon 2019 besorgt geäußert habe: Immer mehr Menschen leben alleine – und verbringen auch ihre Zeit alleine. „Sieben Prozent der Bevölkerung verbringen nie Zeit mit Freunden und Verwandten“, so der Psychologe. Diese Entwicklung werde durch die Pandemie zusätzlich verschärft. Vor allem Personen mit chronischen Erkrankungen, psychisch belastete bzw. erkrankte Personen, Ältere und unfreiwillig Alleinlebende leiden besonders, so Hörmanseder. (red)