Während in den USA die Covid-19-Impfkampagne mittlerweile gehörig Fahrt aufgenommen hat, sitze man in weiten Teilen Europas „in einem anderen Boot“, sagt die Epidemiologin Eva Schernhammer. Das könnte auch Mutationen fördern.
Europa habe man gehörige Probleme, zumindest jene Menschen zu impfen, die das wollen, sagte Schernhammer in einer Diskussion. Im Rückblick steht für den in den USA arbeitenden Virologen Florian Krammer die Erkenntnis, dass Europa und die USA zu Beginn „sehr arrogant“ auf SARS-CoV-2 regiert haben. Zwar haben die USA weltweit die meisten dokumentierten Covid-19-Toten zu beklagen, aufgrund der nun hurtigen Impfanstrengungen sehe man dort aber Licht am Ende des Tunnels, hieß es bei der Online-Veranstaltung der Marshallplan-Jubiläumsstiftung, der österreichischen Botschaft in Washington D.C., der US-Vertretung in Wien und des „Global Europe Program“ des Wilson Centers. Erst am Donnerstag hatte US-Präsident Joe Biden die Zuspitzung der Corona-Pandemie in Europa als abschreckendes Beispiel für nachlassende Vorsicht angeführt.
Die Hauptsorge Schernhammers ist, dass im Angesicht neuer, mitunter ansteckenderer Varianten des Virus, die einer bereits durch Impfung oder eine durchgemachte Erkrankung aufgebauten Immunantwort zum Teil entkommen können, Europa zu einer Art Becken für gefährlichere Mutationen werden könnte, so die Wissenschafterin von der Medizinischen Universität Wien und der Harvard Medical School (USA). So scheine es, als könnten etwa die noch mit vielen Fragezeichen behafteten brasilianischen Varianten Fortschritte verzögern, wenn diese breiter in Europa kursieren. Um derartiges zu verhindern, müssten etwa Reiseeinschränkungen entschlossener verhängt werden, so Schernhammer. Für den an der Icahn School of Medicine am Mount Sinai Hospital in New York tätigen Krammer haben die USA und Europa einen durchaus unterschiedlichen Weg durch die Krise genommen. Als die Situation in Hotspots in Europa eskalierte und die USA in etwa vier bis sechs Wochen später dran waren, habe man leider noch „wenig gelernt voneinander“, sagte Schernhammer.
Dann kam Europa zwar besser durch den Sommer als die USA, im Herbst und Winter sah die Situation aber auch in Europa nicht gut aus, so Krammer. In den USA gebe nun aber die Impfkampagne aber tatsächlich Grund zur Hoffnung, so die Experten. Mit Blick auf Europa entpuppe es sich nun vielleicht als „Fehler“, dass man von den verschiedenen Impfstoffen jeweils ein wenig gekauft habe, sagte Krammer. (APA)