Endemie nicht in Sicht: Nach Omikron kommen weitere Varianten

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Wer hofft, dass SARS-CoV-2 nach Omikron endemisch wird, dürfte enttäuscht werden, hieß es bei einer Tagung der Österreichischen Gesellschaft für Infektionskrankheiten und Tropenmedizin.

„Wir befinden uns in einem hoch dynamischen Ereignis“, sagte der Forscher Andreas Bergthaler (MedUni Wien/Centrum für Molekulare Medizin CeMM) in einer Online-Ärztefortbildung. In der Therapie von Covid-19 hätten durch die ständige Mutation der Erreger die meisten monoklonalen Antikörper ihre Wirkung wieder verloren. „Von Beginn an sind wir ständig überrascht worden. Wir sind jetzt bei so vielen Fällen, wie wir sie noch nie hatten. Wir haben sehr effektive Impfstoffe zur Verfügung. Aber ich weiß, dass ich nicht viel weiß“, erklärte Bergthaler, der vor kurzem eine Professur für Molekulare Immunologie an der MedUni Wien übernommen hat und sich seit Anfang der Pandemie mit SARS-CoV-2, seiner Verbreitung und seinen Mutationen beschäftigt. Völlig unklar sei auch, wie lange die Welt noch mit SARS-CoV-2 in den unterschiedlichen Varianten zu kämpfen haben werde.

Bergthaler: „Die Mutationen von SARS-CoV-2 erfolgen zwei- bis dreimal langsamer als bei der Grippe.“ Aber durch die extrem kurze Replikationszeit der Krankheitserreger komme es ständig zu neuen Mutationen, wahrscheinlich gebe es sogar beim einzelnen Covid-19-Patienten eine ganze „Wolke“ an minimal unterschiedlichen Viren. Die fitteste Variante könne sich dann weiterverbreiten.

Das Verständnis darüber, was von welcher Virusvariante zu erwarten ist, bleibt bei allen Fortschritten gering. Die Delta-Variante, die vergangenes Jahr auch in Österreich sprichwörtlich das Kommando übernahm, sei international bereits ab März 2020 bekannt gewesen. In Indien hätte die Verbreitung monatelang stagniert, wie Bergthaler bei der Veranstaltung der Österreichischen Gesellschaft für Infektionskrankheiten und Tropenmedizin (OEGIT) rekapitulierte. Dann explodierte plötzlich die Übertragung weltweit. Omikron schlage die anderen bekannten Virusvarianten bezüglich des Entkommens der Immunabwehr „um Längen“. In der Reproduktionszahl sei das ursprüngliche Wuhan-Virus bei einem Faktor von 2,5 gelegen (ein Infizierter infiziert im Durchschnitt 2,5 weitere Personen). Die SARS-CoV-2-Alpha-Variante weise einen Reproduktionsfaktor zwischen vier und fünf auf, Delta und Omikron lägen zwischen fünf und acht.

Wie es weitergeht, bleibt laut dem Experten ungewiss. „Wir sehen pro Monat etwa zwei Mutationen. Das ist erstaunlich konstant. Man kann sozusagen seine Schweizer Uhr danach stellen.“ In Österreich haben die Experten mittlerweile über die Abwasseranalyse aus mehr als 80 Kläranlagen und somit 55-prozentiger Abdeckung der Bevölkerung einen recht guten Überblick über die epidemiologische Situation. So hätte man auch bereits neue Subvarianten von Omikron registriert. Bergthaler erwartet auch mit der derzeit laufenden Omikron-Welle nicht unbedingt eine Herden-Immunität durch die Infektion vieler Menschen. Jede neue Virusvariante werfe die Menschheit wieder zurück. (APA)