Editorial 10/22

Liebe Leserinnen und liebe Leser!

Derzeit leben in Österreich ca. 800.000 Menschen mit der Erkrankung Diabetes, weitere 350.000 Menschen leiden an Prädiabetes. Das jährliche Risiko, an einem Diabetes mellitus zu erkranken, wird mit 5–10 % angegeben. Entsprechend wichtig ist somit die Erfassung aller Betroffenen im Frühstadium, um entsprechende Lebensstilmaßnahmen und Therapien von möglichen Begleiterkrankungen einleiten zu können. Die im vergangenen Jahr eingeführte flächendeckende Refundierung der HbA1c-Wert-Bestimmung durch die Österreichische Gesundheitskasse bei Risikopatientinnen und -patienten unabhängig von der Vorsorgeuntersuchung trägt hier massiv zur Verbesserung der Versorgung bei und ist wegweisend.

Über die Jahre gesehen wurde abseits von sekundären Diabetesformen auch das Bild des „klassischen“ Diabetes mellitus vom Typ 1 und 2 immer differenzierter. Die bislang etablierte Klassifikation des Diabetes mellitus hat sich in der Praxis zwar bewährt, spiegelt aber die Heterogenität der Erkrankung nicht wider. Dies änderte sich im Jahr 2018 mit der Publikation einer schwedischen Arbeitsgruppe*. Basierend auf einer Clusteranalyse schlagen die Forscher eine neue Einteilung des Diabetes mellitus in fünf Subgruppen vor, die es ermöglicht, Personen mit erhöhtem Risiko für diabetesassozierte Komorbiditäten und Komplikationen zu identifizieren und so gezieltere Diagnose- und Therapieverfahren zu wählen.

Ähnlich wie die klassische Einteilung berücksichtigen die Experten bei ihrer neuen Einteilung der Diabetestypen Indizes für die Insulinsekretion und Insulinsensitivität, schlossen jedoch auch weitere einfache anthropometrische und klinische Parameter mit ein. So basiert die Einteilung der Cluster auf sechs Variablen: auf dem Vorhandensein von diabetesrelevanten Autoantikörpern, dem Alter bei Diagnose, Body-Mass-Index (BMI), HbA1c-Wert und Schätzungen der Betazellfunktion anhand des Homeostasis Model Assessments (HOMA-B) und der Insulinresistenz (HOMA-IR). Die HOMA-Indizes lassen sich aus Nüchtern-Blutglukose und Nüchtern-C-Peptid berechnen. Nachfolgende Studien bestätigten nicht nur diese Subtypen, sondern konnten ihnen auch prognostische Bedeutung zuordnen. Damit könnte die Einteilung in fünf Subtypen zukünftig die Grundlage für ein maßgeschneidertes Management der Betroffenen im Sinne einer „Präzisionsdiabetologie“ darstellen.

Mit dieser Ausgabe der Ärzte Krone starten wir mit unserer „Initiative Diabetes“ und beleuchten über die kommenden vier Ausgaben die unterschiedlichsten Aspekte rund um die Diabeteserkrankung (ab Seite 4) und zeigen, dass das Thema uns alle angeht!