Einigung auf weltweites Pandemie-Abkommen

© WHO / Lindsay Mackenzie

Nach mehr als dreijährigen Gesprächen hat sich die Weltgesundheitsorganisation auf ein Abkommen zur Vorbeugung von Pandemien geeinigt. Die USA und rechte europäische Parteien sehen es skeptisch.

Seit mehr als drei Jahren verhandeln die Mitglieder der Weltgesundheitsorganisation (WHO) über ein internationales Abkommen zur Vorbeugung von Pandemien – nun ist eine Grundsatzeinigung erzielt worden. „Dies ist ein Geschenk an unsere Kinder und unsere Enkel”, sagte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus am Samstag nach einer fast 24-stündigen Marathonsitzung. Mit dem Abkommen soll die Welt besser auf Krisen wie die Corona-Pandemie vorbereitet werden. Die Unterhändler:innen wollten sich am Dienstag erneut treffen und den endgültigen Text verabschieden. Zudem müssten die Regierungen der WHO-Mitgliedstaaten zustimmen. Formell verabschiedet werden soll das Abkommen dann bei der Generalversammlung der mehr als 190 Mitgliedstaaten der UNO-Organisation Ende Mai.

Der Beschluss zur Ausarbeitung eines Pandemie-Abkommens war im Dezember 2021 von den WHO-Mitgliedstaaten gefasst worden, um Lehren aus der Coronakrise zu ziehen. Die Verhandlungen zogen sich allerdings endlos hin, immer neue Runden mussten anberaumt werden. Um auf künftige Gesundheitskrisen besser vorbereitet zu sein und im Pandemie-Fall schneller und gezielter reagieren zu können, wurde die Ausarbeitung eines Pandemie-Abkommens vereinbart. Es soll klare Regeln in den Bereichen Prävention, Vorsorge und Reaktion schaffen. Zu Beginn der Pandemie stockte etwa der Austausch von Schutzausrüstung, Medizintechnik und Medikamenten zwischen den einzelnen Staaten – auch innerhalb Europas.

Einer der zunächst am Freitag noch offenen Hauptstreitpunkte in dem rund 30-seitigen Vertragsentwurf war nach AFP-Informationen der Transfer von Technologien zur Herstellung von Impfstoffen oder anderen Gesundheitsprodukten bei Pandemien. Vor allem lateinamerikanische Länder hätten darauf gedrängt, diesen Transfer zu erleichtern, hieß es aus Verhandlungskreisen. Mehrere andere Staaten, in denen die Pharmaindustrie ein wichtiger Wirtschaftsfaktor ist, lehnten dagegen die Idee verpflichtender Transfers ab und bestanden auf deren Freiwilligkeit. Dieser Streit sei nun gelöst, sagte ein Verhandlungsteilnehmer Samstag früh. Allerdings wurde der vereinbarte Text zunächst nicht veröffentlicht. Der fehlende Technologie- und Wissenstransfer war während der Corona-Pandemie von ärmeren Ländern scharf kritisiert worden: Während reiche Länder Impfstoffe und Corona-Testtests teilweise in großen Mengen zur Verfügung hatten, gingen ärmere Staaten leer aus und konnten nicht wirkungsvoll gegen die Pandemie vorgehen.

Die USA sind beim Abkommen nicht dabei – Präsident Donald Trump hatte nach seinem Wiedereinzug ins Weiße Haus den Rückzug seines Landes aus der WHO erklärt. Argumentiert wird ähnlich wie von rechten Parteien in Europa, die fürchten, dass der Pandemievertrag eine Bedrohung für die gesundheitspolitische Souveränität der Nationalstaaten darstellt. Jedes Land müsse selbst über Maßnahmen im Gesundheitsbereich entscheiden können – gerade in Krisenzeiten, so der Mythos, dass die WHO zu einer geheimen Weltregierung wird. „Eine Bevormundung durch die WHO ist weder notwendig noch akzeptabel“, erklärte am Wochenende auch der FPÖ-Europaabgeordnete und Autor des Buches „Die Schwurbler hatten doch recht“, Gerald Hauser: „Die WHO entwickelt sich zunehmend von einer Gesundheitsorganisation zu einer Lobbyplattform der Pharmaindustrie.“ (red/APA)