Viele Menschen sind mit der medizinischen Versorgung zufrieden – doch besonders Frauen sehen Schwächen im System. Das Vertrauen leidet unter fehlender Geschlechtersensibilität.
Viele Österreicher:innen stellen der heimischen Gesundheitsversorgung ein gutes Zeugnis aus – 68 Prozent bewerten sie positiv. Dennoch offenbart das Allianz Gesundheitsbarometer 2025 deutliche Kritikpunkte, allen voran lange Wartezeiten, die mehr als die Hälfte der Befragten bemängeln (51 Prozent), sowie mangelnde Zeit im Gespräch mit Ärzt:innen (25 Prozent). 63 Prozent der Bevölkerung greifen mittlerweile auf Wahlärzt:innen zurück – häufig aus Frust über Wartezeiten und Zeitmangel im Kassensystem. Ein zentrales Thema der Studie war allerdings der sogenannte „Gender Health Gap“, also geschlechterspezifische Ungleichheiten in Diagnostik und Behandlung. Obwohl der Begriff den meisten noch unbekannt ist, lösen die dahinterstehenden Probleme bei fast der Hälfte der Bevölkerung große Besorgnis aus – vor allem bei Frauen und jungen Menschen. Frauen sind auch jene, die die Gesundheitsversorgung kritischer beurteilen: Nur 64 Prozent geben Bestnoten, bei Männern sind es 73 Prozent.
Die Befragung zeigt, was dahintersteckt: Viele Frauen fühlen sich von Ärzt:innen nicht ernst genommen – 71 Prozent berichten von unzufriedenstellenden Erfahrungen, häufig wegen unsensiblem Verhalten oder der Verharmlosung ihrer Beschwerden. „Die Studienergebnisse zeigen deutlich: Viele Patientinnen erleben die Ungleichbehandlung durch den Gender Health Gap ganz konkret – etwa in Form von Verharmlosung, fehlender Empathie oder verspäteter Diagnose“, erklärt Studienleiterin Alexandra Kautzky-Willer, Professorin für Gendermedizin an der MedUni Wien. Die historisch männlich geprägte medizinische Forschung führe bis heute zu Datenlücken, Fehldiagnosen und unzureichenden Therapien bei Frauen. Eine geschlechtersensible Medizin sei deshalb essenziell. Die Befragten wünschen sich ebenfalls eine gezielte Ausbildung und Sensibilisierung des medizinischen Personals.
Das Allianz Gesundheitsbarometer 2025 wurde von Marketagent mittels Computer Assisted Web Interviews (CAWI) im Zeitraum vom 10. bis 17. März 2025 durchgeführt und ist mit einer Stichprobengröße von 1.000 Personen repräsentativ für die österreichische Bevölkerung im Alter von 14 bis 75 Jahren, quotiert nach Alter, Geschlecht, Region und Ausbildung. Die Umfrage umfasste insgesamt 31 Fragen, die verschiedene Aspekte der medizinischen Versorgung, persönliche Erfahrungen und Einstellungen zur Gendermedizin abdeckten. Alle Ergebnisse wurden gerundet. (kagr)