Diabetes: Warnungen vor Metformin-Aus

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Bis zu 400.000 Menschen nehmen in Österreich das Diabetes-Medikament Metformin. Rund 98 Prozent tun das in Form von Generika. Hersteller warnen nun vor Preisdruck und fürchten ein Produktionsende. 

Der Präsident der Österreichischen Diabetes Gesellschaft (ÖDG), Peter Fasching, ortet ein massives Systemproblem und fürchtet „drastische und nicht vorstellbare Folgen“ für die Versorgung von Patient:innen mit Diabetes mellitus Typ 2. Denn Pharmahersteller fürchten aufgrund einer neuen EU-Richtlinie das Aus des Diabetes-Medikaments Metformin. Laut einem aktuellen Bericht des Nachrichtenmagazins „Spiegel“ prüfen Hersteller wie Zentiva und Sandoz, ob sie die Produktion einstellen müssen. Auch der Österreichische Generikaverband warnt. Das Problem: Metformin ist laut Fasching ein Basistherapeutikum für Diabetes mellitus Typ 2. „Rund 50 bis 70 Prozent der Patient:innen nehmen es oder haben es in der Medikation dabei. Es ist Primärtherapeutikum oder Kombinationspräparat“, sagt Fasching. Metformin gilt als gut verträglich – und ist extrem billig. Weil der Orginalanbieter in Österreich aufgrund der niedrigen Preise keine Kassenerstattung mehr beantragt hat, liegt der Generikaanteil bei fast 98 Prozent. 

Genau hier liegt auch das Problem: Mit der neuen Kommunalen Abwasserrichtlinie (KARL) will die Europäische Union Mikroschadstoffen wie Arzneimittelrückstände im Abwasser reduzieren. Geplant ist eine verpflichtende vierte Reinigungsstufe in großen Kläranlagen: Mindestens 80 Prozent der Kosten sollen künftig von den Herstellern von getragen werden. „Die Umweltabgabe würde für viele bewährte Präparate ein Mehrfaches der bestehenden Margen ausmachen. Ein Rückzug aus dem Markt wäre die logische Konsequenz – mit direkten Auswirkungen auf die Versorgung von Patientinnen und Patienten“, warnt Wolfgang Andiel, Präsident des Österreichischen Generikaverbandes. Bei Metformin wären Kostensteigerungen für die Hersteller von bis zu 875 Prozent zu erwarten. 

„Ohne Vorerkrankungen ist Metformin in den Leitlinien die Therapie Nummer 1 und damit Basistherapeutikum. Auch wenn aufgrund von Vorerkrankungen moderne Medikamente in der Therapie eingesetzt werden, bekommt man Metformin immer noch als Kombinationspräparat vorgeschlagen“, sagt Fasching. Ein Verschwinden hätte massive Probleme, meint er: „Wir brauchen ja trotzdem eine Grundversorgung. Metformin ist eines der billigsten Präparate. Wenn das vom Markt rutscht, wird es nur teurer für das Gesundheitswesen.“ 

Die EU-Mitgliedstaaten haben bis Mitte Juni die Möglichkeit, sich einer von Polen eingebrachten Klage gegen die Richtlinie anzuschließen. Der Österreichische Generikaverband appelliert an die Bundesregierung, dieses Zeitfenster zu nutzen und sich klar für die Sicherung der Arzneimittelversorgung einzusetzen. „Sauberes Wasser ist wichtig – aber nicht auf Kosten der Gesundheitsversorgung“, sagt Andiel. (rüm)