Zahlen, Herausforderungen und Innovationen

Daten zum Krebsgeschehen in Österreich stammen aus dem Österreichischen Nationalen Krebsregister der Statistik Austria. Dieses Register erfasst alle Krebserkrankungen in der Bevölkerung inklusive Lymphomen sowie Leukämien und stellt ein wichtiges epidemiologisches Instrument dar. Die österreichische Krebsstatistik konzentriert sich auf die Erfassung verschiedener Tumorarten, insbesondere in Bezug auf das betroffene Organ, den Gewebetyp und das Tumorstadium bei Diagnosestellung. Zu den zentralen Kennzahlen zählen die jährliche Inzidenz, die Mortalität sowie die Überlebenswahrscheinlichkeiten nach Diagnosestellung.1

Aktuelle Zahlen zu Krebs in Österreich

Die Statistik Austria stellte in der Publikation „Krebserkrankungen in Österreich 2025“ aktuelle Zahlen aus 2023 vor. Im Jahr 2023 erkrankten in Österreich 46.518 Menschen neu an Krebs, 24.697 Männer und 21.821 Frauen. 11.374 Männer und 9.532 Frauen starben im Jahr 2023 an einer Krebserkrankung. Somit sind etwa 23,3 % der jährlichen Todesfälle auf Krebserkrankungen zurückzuführen. Im Jahr 2023 wurden mehr Neuerkrankungen registriert als 2022 (45.641 Fälle). Innerhalb von 10 Jahren – von 2013 (40.232 Neuerkrankungen) bis 2023 – ist also ein Anstieg der Neuerkrankungen um 15,6 % zu verzeichnen. Im Vergleich zu 2022 gab es 2023 bei beiden Geschlechtern nur geringe Veränderungen in der Zahl der Neuerkrankungen (Männer: + 0,7%, Frauen: + 3,3 %). Im Zehnjahresvergleich – wieder 2023 verglichen mit 2013 – stieg die Zahl der Neuerkrankungen bei Männern um 17,9 % und bei Frauen um 13,2 %. Ende 2023 lebten in Österreich insgesamt 418.740 Menschen mit einer Krebsdiagnose.

Trotz eines insgesamt rückläufigen Trends bei den Neuerkrankungen und der Sterblichkeitsrate wird aufgrund des demografischen Wandels und der zunehmenden Alterung der Bevölkerung mit einem Anstieg der Fallzahlen gerechnet. Krebs bleibt nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen die zweithäufigste Todesursache und stellt weiterhin eine zentrale Herausforderung für das Gesundheitswesen dar.2 Prävention und Früherkennung müssen also zentrale Säulen der Krebsbekämpfung sein. Erfreulicherweise gab es in den letzten 10–15 Jahren auch bedeutende Fortschritte in der Krebsbehandlung.

Fokus auf Prävention und Früherkennung

Anfang der 2000er-Jahre galt Österreich nicht nur als europäisches Schlusslicht in Bezug auf Tabakkontrolle, sondern verzeichnete auch einen überdurchschnittlich hohen Zigarettenkonsum sowie ein besonders niedriges Einstiegsalter bei Jugendlichen. Diese alarmierende Situation veranlasste führende Fachärzt:innen im Jahr 2014 zur Gründung der Initiative „Don’t smoke“, die eine breite Unterstützung der Bevölkerung erfuhr und maßgeblich zum Beschluss des absoluten Rauchverbotes in der Gastronomie ab 2019 beitrug.3

Das österreichische Brustkrebs-Früherkennungsprogramm „früh erkennen“ startete 2014 und steht allen Frauen ab 40 Jahren offen.4 Aktuell wird an der Einführung eines bundesweiten Darmkrebs-Screening-Programmes gearbeitet. Bis dieses verfügbar ist, kann Darmkrebs-Früherkennung im Rahmen der Vorsorgeuntersuchung erfolgen.

Eine weitere wichtige Initiative ist ein flächendeckendes Zervixkarzinom-Früherkennungsprogramm mit Integration eines HPV-Testes. Derzeit erfolgt das Testen opportunistisch auf Initiative der Frauen – mit geschätzten Teilnahmeraten von 50–60 %, wobei genaue Daten fehlen.3 Erfreulicherweise gab es große Fortschritte bei der HPV-Impfung, die seit vergangenem Jahr für Personen vom 9. bis zum 30. Geburtstag im kostenlosen Kinderimpfprogramm etabliert ist.5

Fortschritte in der Krebstherapie

Die Zulassungen der ersten zielgerichteten Therapien um die Jahrtausendwende markierten einen entscheidenden Schritt hin zur personalisierten Krebsbehandlung. Der gegen BCR-ABL gerichtete Tyrosinkinase-Hemmer Imatinib bei der chronischen myeloischen Leukämie oder der gegen den humanen epidermalen Wachstumsfaktorrezeptor 2 (HER2) gerichtete monoklonale Antikörper Trastuzumab bei Brustkrebs sind bekannte Vertreter dieser Ära. Die Entwicklungen brachten jedoch einen weiteren bedeutenden Durchbruch: Vor etwas mehr als 10 Jahren begann die Ära der Immuntherapien.

Immuntherapie, eigentlich ein Überbegriff für eine Reihe verschiedener Behandlungsmodalitäten, die das Immunsystem zur Krebsbekämpfung nutzen, wird oft als Synonym für eine Therapie mit Immun-Checkpoint-Inhibitoren verwendet. Diese Antikörper nutzen das eigene Immunsystem zur Bekämpfung von Krebszellen, indem sie inhibitorische Checkpoint-Moleküle ausschalten, die auf T-Zellen exprimiert sind und die eine Tumorerkennung verhindern. Dadurch lösen sie sozusagen die Bremse, sodass die T-Zellen wieder in der Lage sind, Tumorzellen zu erkennen und zu bekämpfen. Bekannte Vertreter sind beispielsweise die Antikörper Pembrolizumab oder Atezolizumab, die am PD-1-/PD-L1-Checkpoint ansetzen, oder Ipilimumab mit CTLA-4 als Target. Diese Therapien sind mittlerweile aufgrund der überzeugenden Daten bei vielen Tumorerkrankungen etabliert, beispielsweise beim Melanom oder beim nichtkleinzelligen Lungenkarzinom.6, 7

Antikörper-Wirkstoff-Konjugate oder Antibody-Drug Conjugates (ADC) verbinden als Weiterentwicklung der klassischen monoklonalen Antikörper auf elegante Weise die Zielgenauigkeit von Antikörpern mit der Wirksamkeit hochpotenter Chemotherapeutika. Die derzeit am breitesten eingesetzte Substanz ist Trastuzumab-Deruxtecan bei Brustkrebs. Das Molekül bindet via HER2 an die Tumorzelle und wird in die Zelle aufgenommen. Das Chemotherapeutikum wird freigesetzt und tötet die Krebszelle.8

Ein anderes antikörperbasiertes Konzept sind bispezifische Antikörper. Sie können 2 verschiedene Antigene gleichzeitig binden, indem sie mit einem Arm an ein Antigen an der Tumorzelle und mit dem anderen Arm an ein Antigen auf der Immunzelle binden. Ein bekannter Vertreter ist Blinatumomab, ein Bi-specific T-Cell Engager (BiTE) bei der akuten lymphoblastischen Leukämie, der CD19 auf malignen B-Zellen und CD3 auf zytotoxischen T-Zellen bindet. Durch die entstehende räumliche Nähe kann die T-Zelle in weiterer Folge die Tumorzelle zerstören.9

Das Therapiekonzept, das derzeit den höchsten Grad an Personalisierung darstellt, ist die CAR-T-Zell-Therapie. Dabei werden den Patient:innen eigene T-Zellen entnommen und im Labor genetisch modifiziert, sodass sie einen Rezeptor an der Zelloberfläche ausbilden, der die definierte Zielstruktur an Tumorzellen erkennt.

Die CAR-T-Zellen werden dann zurückinfundiert und zerstören die Tumorzellen. Derzeit wird diese Therapiemodalität in erster Linie bei hämatologischen Malignomen wie akuter lymphatischer Leukämie und B-Zell-Lymphomen eingesetzt.10

All diese innovativen Therapiekonzepte markieren den Übergang zu einer personalisierten Medizin, die Behandlungen individuell auf die molekularen Eigenschaften eines Tumors und die genetischen Merkmale von Patient:innen ausrichtet.