Der Rechnungshof ortet eine große psychiatrische Unterversorgung von Kindern und Jugendlichen in Österreich. Vor allem die Sozialversicherungen werden kritisiert.
Es seien zwar Strategien für die psychiatrische Versorgung von Kindern und Jugendlichen vorhanden, sagt der Rechnungshof, „jedoch fehlt es an der Umsetzung“. So brauche es etwa einen bedarfsgerechten Ausbau der Sozialversicherungsleistungen. Besonders im Zuge der Covid-19-Pandemie verschlechterte sich die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen. „Eine zielgerichtete und wirksame Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit psychischen Erkrankungen ist besonders wichtig, um die teils schwerwiegenden persönlichen Auswirkungen für die Betroffenen möglichst gering zu halten“, schrieb der Rechnungshof. Die Erkrankungen setzen sich häufig auch im Erwachsenenalter fort und können zu eingeschränkter Erwerbstätigkeit führen.
Die Versorgungslage für die Betroffenen ist in Österreich dem Rechnungshof zufolge unzureichend. Laut einer Studie der Universität Wien waren im Jahr 2014 weniger als die Hälfte der psychisch erkrankten Kinder und Jugendlichen in Behandlung. Auch entsprechende diagnostische und therapeutische Angebote wurden zu wenig intensiv entwickelt – und sind daher nicht ausreichend verfügbar. 2023 ging auch der damalige Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) von einem nach wie vor sehr hohen unerfüllten Versorgungsbedarf aus. Zudem war nach Einstufung des Gesundheitsministeriums im Jahr 2022 in mindestens zwölf von 32 Versorgungsregionen von einer mangelhaften ambulanten Versorgung auszugehen. Die durchschnittliche Wartezeit auf einen Behandlungstermin bei niedergelassenen Vertragsärztinnen und -ärzten für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Wien lag bei 90 Tagen.
Die österreichische Sozialversicherung betonte in einer Reaktion, dass den Empfehlungen des Rechnungshofes folgend bereits mehrere neue Versorgungseinrichtungen geschaffen wurden. So wurden etwa fünf neue multidisziplinäre Ambulatorien eingerichtet, in denen ärztliche, psychologische und therapeutische Leistungen gebündelt unter einem Dach angeboten werden. Zudem entstanden fünf neue Kassenordinationen für Kinder- und Jugendpsychiatrie, wodurch die ambulante Betreuung weiter ausgebaut werden konnte. „Wir haben in den letzten Jahren viel erreicht: Ein Zuwachs von 40 Prozent bei Ordinationen und Ambulatorien für Kinder- und Jugendpsychiatrie zeigt, dass wir in diesen Bereich nachweisbar investieren, wir sind aber erst am halben Weg. Unser Ziel muss es sein, dass jedes Kind und jede Familie im Bedarfsfall rechtzeitig die passende Hilfe erhält“, betonte Peter McDonald, Vorsitzender der Konferenz der Sozialversicherungsträger.
Gesundheitsministerin Korinna Schumann und Gesundheitsstaatssekretärin Ulrike Königsberger-Ludwig (beide SPÖ) bekräftigten ebenfalls, dass die Versorgung weiter verbessert werden muss. „Darauf haben wir uns auch im Regierungsprogramm verständigt – für den österreichweiten Ausbau der Therapieangebote zur Stärkung der psychosozialen Versorgung insbesondere für Kinder und Jugendliche stehen ab 2026 jährlich 25 Millionen Euro sowie ab 2027 zusätzlich 50 Millionen Euro zur Verfügung. Weiters wird es einen Ausbau der Sachleistungsversorgung im medizinischen und therapeutischen Bereich geben“, hieß es in einer Stellungnahme. (red/APA)