Halsschmerzen treten in den kalten Monaten häufig auf und führen zu Fehlzeiten in Schule und Beruf. Die S3-Leitlinie Halsschmerzen thematisiert die problematisch hohe Antibiotikaverschreibungsrate bei Halsschmerzen. Obwohl diese nur selten bakteriell verursacht sind, erhalten über 60 % der Patient:innen mit Halsschmerzen eine Antibiotikabehandlung. Bei diagnostizierter Tonsillitis steigt diese Quote auf über 80 %. In der Leitlinie wird ausdrücklich betont, dass selbst bakteriell verursachte Halsschmerzen keine generelle Indikation für eine Antibiotikatherapie darstellen. Falls dennoch eine antibiotische Behandlung erwogen wird, dient diese nicht der Komplikationsvermeidung, sondern ausschließlich der Verkürzung der Symptomdauer um durchschnittlich 16 Stunden. Solche medizinisch ungerechtfertigten Antibiotikaverschreibungen haben sowohl für den/die Einzelne:n als auch für die Gesellschaft negative Folgen. Sie fördern Resistenzentwicklungen, belasten das Darmmikrobiom der Patient:innen und verursachen vermeidbare Nebenwirkungen sowie unnötige Kosten im Gesundheitssystem.
Halsschmerzen können infektiologische (meist selbstlimitierende virale Pharyngitis) oder nichtinfektiologische Ursachen haben. Hierbei ist es klinisch nicht sicher möglich, zwischen einer viralen, einer bakteriellen oder einer nichtinfektiösen Pharyngitis zu unterscheiden. In der aktuell in Überarbeitung befindlichen Leitlinie wird für die Behandlung aller Patient:innen ≥ 3 Jahre mit akuten Halsschmerzen (< 14 Tagen Dauer) und ohne vorliegende Red Flags eine Beratung hinsichtlich folgender Punkte erfolgen:
Sollten die Halsschmerzen über 14 Tage lang andauern und keine Red Flags vorliegen, ist eine nichtinfektiöse Ursache wahrscheinlicher und eine weitergehende ärztliche Diagnostik und Behandlung indiziert. Mögliche Auslöser sind Rauchen, Schnarchen, Stimmbelastung, Refluxerkrankung oder Schilddrüsenerkrankung.
Zur Linderung von Symptomen braucht es oftmals nicht viel. Folgende Hausmittel werden in der Leitlinie genannt: ausreichende Flüssigkeitszufuhr, körperliche Schonung (ggf. mit Arbeitsunfähigkeitsmeldung), Vermeidung von aktivem/passivem Tabakkonsum, nichtmedikamentöse Fiebersenkung mit Wadenwickeln und nichtmedizinische Lutschtabletten. Letztere regen durch das Lutschen die Speichelproduktion an, wodurch ein schmerzlindernder Effekt erzielt wird.
Um Symptome lokal zu lindern, können auch medikamentöse Lutschtabletten, die meist Lokalanästhetika und/oder nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) enthalten, empfohlen werden. Neben Lutschtabletten stehen für die lokale Behandlung weitere rezeptfreie Rachentherapeutika, wie Gurgellösungen oder Sprays, zur Verfügung. Da diese meist apothekenpflichtige OTC-Präparate sind, verfügen Ärzt:innen häufig über wenig Erfahrung, und die Beratung an der Tara ist gefragt. Für eine kurzzeitige symptomatische Behandlung eignen sich darüber hinaus Ibuprofen oder Naproxen.