© KHBG/Lisa Mathis In der Steiermark und Vorarlberg sorgen Reformpläne für massive Debatten. Österreichweit warnen Gewerkschaften, Ärztekammer und Pflegeberufe vor Kürzungen.
Diese Woche werden in den Bundesländern regionale Strukturpläne Gesundheit (RSG) fixiert – mit dem Fokus auf Sparmöglichkeiten. Gleichzeitig sucht die Regierung Konsolidierungskonzepte mit Bundesländern und Gemeinden sowie Antworten auf die Folgen von Spitalsreformen. Am morgigen Freitag versuchen Bund, Länder und Gemeinden einen Schritt vorwärts zum Abschluss eines Stabilitätspakts zu machen. Eine Einigung bei der Besprechung, an der auch nur ein Teil der Finanzlandesrät:innen teilnimmt, gilt als so gut wie ausgeschlossen. Wenig Konsens gibt es zwischen Ländern und Bund bei einem „Gesundheits-Gipfel“, der nach Tragödien in Oberösterreich und Salzburg für Freitag einberufen worden ist. Nur zwei Verantwortliche mit dabei. Fünf Bundesländer stellen gar keine Vertreter:innen.
Vielmehr sind die Bundesländer mit eigenen Reformen beschäftigt – und die stoßen auf heftigen Widerstand. In Vorarlberg wurde am Donnerstag eine umfassende Spitalsreform präsentiert. Demnach wird es künftig jedes Fach nur noch einmal in den beiden Spitalregionen Nord und Süd geben. Das Konzept für den Strukturplan Gesundheit 2030, das die Landesregierung vorstellte, bringt Verlegungen mit sich, etwa jene bereits durchgesickerte, vielkritisierte der gynäkologischen Stationen vom Stadtspital Dornbirn ins Landeskrankenhaus Bregenz. Die sieben Standorte bleiben vorerst, über 2030 hinaus gibt es aber keine Standortgarantien. Deutlich wurde eine Stärkung des Schwerpunkthauses Feldkirch, wo auch Fächer angesiedelt werden, die für eine Teilung aufgrund zu geringer Fallzahlen zu klein wären. Neu aufgebaut werden Strukturen für Psychosomatik für Kinder und Jugendliche sowie Akutgeriatrien in Dornbirn und Bludenz.
Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) betonte in Hinblick auf die Debatte um das Stadtspital Dornbirn, er nehme die Diskussionen wahr, es brauche aber nun „Mut zu Entscheidungen“. Es gehe darum, das Land vorzubereiten auf die Anforderungen der Zukunft, allem voran stehe dabei die Qualität der Versorgung. Dazu brauche es den „Blick übers ganze Land“. Gerade der demografische Wandel sei eine Herausforderung. Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher (ÖVP) betonte, es handle sich nicht um einen Schnellschuss. An die 56.000 Unterzeichner:innen einer Petition zum Erhalt der Geburtenstation in Dornbirn gerichtet, wolle sie klarstellen: „Wir schließen keine Geburtshilfe, wir führen zwei Standorte an einem Standort zusammen, um dort das Angebot auszubauen und für Zukunft sichern zu können.“ Die Fusionen in der Spitallandschaft sind damit noch nicht abgeschlossen. „Die Zeit für Standortgarantien ist vorbei, wir werden weiter Fächer bündeln, aber dafür brauchen wir Zeit“, so Rüscher.
Widerstand gibt es auch in der Steiermark, wo diese Woche Spitalsreformen vorgestellt worden sind. Die steirische Landesregierung hat am Montag den Regionalen Strukturplan Gesundheit bis zum Jahr 2030 vorgelegt. Das von der Vorgängerregierung geplante Leitspital kommt nicht. Stattdessen wird der Standort Rottenmann ausgebaut und die anderen Standorte in Schladming und Bad Aussee mit Angebotsänderungen erhalten. Das reicht allerdings so manchen in der Bevölkerung in Bad Aussee nicht: Sie forderten zuletzt weiterhin die umfassende medizinische Versorgung vor Ort. Abgesehen vom Bezirk Liezen gibt es auch in anderen Regionen Widerstand gegen die Pläne: In Bad Radkersburg soll es künftig keine Orthopädie mehr geben. Diese wird nach Deutschlandsberg wandern. Gesundheitslandesrat Karlheinz Kornhäusl sagte nach der Präsentation der Pläne: „Die Veränderungen sind keine Option, sondern überlebensnotwendig.“ Die Gesamtkapazität im fondsfinanzierten Spitalsbereich, in der stationäre Betten, tagesklinische und ambulante Betreuungsplätze zusammengefasst sind, wird in der Steiermark im Jahr 2030 mit 5.647 Plätzen beinahe gleich hoch wie im Vergleichsjahr 2022 sein (5.653). Es kommt allerdings zu Verschiebungen: Die stationären Betten gehen von 5.428 auf 5.127 zurück, dafür steigen die ambulanten Betreuungsplätze von 151 auf 426 und die tagesklinischen Kapazitäten von 74 auf 94.
Die Gewerkschaft vida warnte am Donnerstag vor Kürzungen im Gesundheits- und Spitalsbereich und fordert ein „Ende des Sparkurses“. Aktuell würde „schon wieder“ über Einschnitte diskutiert, weshalb die Alarmglocken läuten, sagte die stellvertretende Vorsitzende Olivia Janisch. „Alle Menschen in Österreich sind von der Gesundheitsversorgung betroffen“, sagte Janisch. Und diese sei durch Einsparungen im Spitalsbereich gefährdet. Schon jetzt würden bei wachsendem Bedarf Betten abgebaut und Stationen zusammengelegt. Es brauche immer mehr Pflegekräfte, also auch gute Arbeitsbedingungen und Bezahlung. Steigende Belastungen für Beschäftigte würde auch unmittelbar Patient:innen betreffen, sagte die Gewerkschafterin. Nötig seien Investitionen, um Qualität und Versorgung im Gesundheitsbereich sicherzustellen. Neben den Spitälern seien ambulante Einrichtungen wichtig für die Gesundheitsversorgung, sagte Harald Steer, Gesundheitssprecher der vida Wien. Auch hier befürchte er Einsparungen.
Beistand kam am Donnerstag von der Wiener Kammer für Ärztinnen und Ärzte. „Bei der Gesundheit darf nicht gespart werden“, reagierte Eduardo Maldonado-González, Vizepräsident und Obmann der Kurie angestellte Ärzt:innen, in einer Aussendung. Das Personal im Gesundheitssystem arbeite seit Jahren an der Belastungsgrenze unter herausfordernden Bedingungen. „Die Verantwortlichen können hier nicht den Rotstift ansetzen und damit riskieren, dass die Versorgungsqualität sinkt und die Verunsicherung bei den Patientinnen und Patienten steigt“, sagte Maldonado-González. (rüm/APA)