© KHBG Reformpläne in den Bundesländern stoßen zunehmend auf Widerstand. Neue Umfragen zeigen Lücken und Kommunikationsfehler durch die Verantwortlichen in Vorarlberg, der Steiermark, Wien, Salzburg und Oberösterreich.
Gleich in mehreren Bundesländern stehen derzeit Spitalsreformen an. In Vorarlberg, der Steiermark, Wien, Salzburg und Oberösterreich sorgt das für heftige Debatten. Ziel überall: die Bündelung von Kapazitäten, die Zusammenfassung von Standorten oder Abteilungen. Eine aktuelle Online-Umfrage des Meinungsforschers Peter Hajek Public Opinion Strategies im Auftrag des Fernsehsenders ATV zeigt nun: 47 Prozent der Befragten sind gegenüber Zusammenlegungen negativ eingestellt (14 Prozent: „sehr schlechte Idee“, 33 Prozent „eher schlechte Idee“) und 40 Prozent (13 Prozent „sehr gute Idee“, 27 Prozent „eher gute Idee) sehen die Thematik positiver. Der Stadt-Land-Vergleich wurde ebenfalls abgebildet. Die Ablehnung fällt am Land mit 55 Prozent größer aus als in der Stadt mit 44 Prozent. Der größte Unterschied zeigt sich im Stadt-Land-Vergleich bei der stärksten Ablehnungsantwort („sehr schlechte Idee“): 20 Prozent sehen es im ländlichen Raum sehr negativ, während es in städtischen Gebieten 11 Prozent sind. Bei den Parteiwählerschaften ist alles wie gehabt. Die Wähler:innen der Regierungsparteien sind dafür, die Grün-Unterstützer:innen ebenfalls, die blaue Wählerschaft dagegen.
Ähnlich ist es übrigens auch bei Gesundheitsberufen: Die in den Krankenhäusern angestellten Ärzt:innen in Vorarlberg befürworten zwar eine Spitalreform, sind mit den vorgestellten Plänen des Landes Vorarlberg aber nicht zufrieden. Das ergab eine Umfrage der Ärztekammer. Demnach sind 75 Prozent für eine Bündelung der Fächer, 67 Prozent halten die Pläne aber für „schlecht“. Vor allem sahen sich die Mediziner:innen nicht genügend miteinbezogen. 89 Prozent bemängelten aber den „partizipativen Strukturdialog“ des Landes zur Vorbereitung der Reform. Der Berater des Landes, Johannes Hohenauer (BDO) hat hingegen im Vorfeld davon gesprochen, dass Vorarlberg den breitesten Partizipationsprozess aller Bundesländer aufgesetzt habe. Am häufigsten kritisiert wurden von den Ärzt:innen eine mangelnde Einbeziehung betroffener Mitarbeitender sowie der Informationsaustausch. 69 hielten die vom Land erhoffte Kostenersparnis für unwahrscheinlich. 70 Prozent fürchteten negative Auswirkungen auf Mitarbeiterzufriedenheit und Arbeitsplatzattraktivität. Teilweise gebe es Überlegungen, zu wechseln, viele seien verunsichert, hieß es.
Das Land habe offenbar nicht glaubhaft vermitteln können, dass mit den Konzepten die Ziele erreicht werden können, sagt Vorarlbergs Ärztekammerpräsident Burkhard Walla. So würde etwa eine Planung vermisst, die mittelfristig in eine Einhauslösung eines Zentrums Nord führen sollte, auch ein ausgereiftes Ausbildungskonzept und ein „rekrutierungsfähiges Gehaltssystem“ fehlten, hieß es. Ob eine verbesserte Versorgung erreicht werde, sei „zum jetzigen Zeitpunkt mehr als fraglich“. Die Vorarlberger Spitalreform sieht vor, dass es künftig jedes Fach nur noch einmal in den beiden Regionen Nord und Süd geben soll – allerdings in mehreren Spitälern.
In einer diese Woche verabschiedeten Resolution hat wiederum die Kurie angestellte Ärzte der Kammer für Ärztinnen und Ärzte in Wien ihre Sorge bezüglich der geplanten Umstrukturierung in Wien, vor allem im Bereich Orthopädie, zum Ausdruck gebracht. Die Bevölkerung wird zunehmend älter. Deshalb werde der Bedarf an medizinischen Angeboten im Bereich Orthopädie, Stichwort Knie- und Hüftprothesen oder Remobilisation nach Operationen, sicherlich zunehmen und auch verstärkt ambulante und tagesklinische Einrichtungen benötigt. In diesem Zusammenhang wirft der geplante Abbau von Betten in diesem Bereich einige Fragen auf. „Eine Reduktion kann nur dann erfolgen, wenn es auch ausreichende Angebote im extramuralen Bereich gibt und Patient:innen wissen, wo sie sich bei Schmerzen hinwenden können“, bringt es Eduardo Maldonado-González, Vizepräsident und Obmann der Kurie angestellte Ärzt:innen in Wien, auf den Punkt. „Wo ist das Auffangnetz für Patientinnen und Patienten, wenn es diese Spitalsbetten nicht mehr gibt? Wann beginnt der Bettenabbau und wann ist er abgeschlossen? Wer finanziert diese Umstrukturierung? Wo sind die erforderlichen zusätzlichen Strukturen im niedergelassenen Bereich und was passiert mit dem gesamten medizinischen und nichtmedizinischen Personal in den Spitälern?“ Das sind nur einige der Fragen, für die es für Johannes Steinhart, Präsident der Kammer für Ärztinnen und Ärzte in Wien, noch keine ausreichenden Antworten gibt.
Zudem bemängeln Betroffene die fehlende Kommunikation und Information. „Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollten nicht aus den Medien erfahren, wie es mit ihrem Spital weitergeht“, wünscht sich Vizepräsident Maldonado-González mehr Gespräche mit den Betroffenen. Auch die Patientinnen und Patienten müssen umfassend informiert werden, „wo sie nun wie am besten behandelt werden“. Einsparungen oder Abbauten sollten jedenfalls nicht auf dem Rücken der Patientinnen und Patienten geschehen. Maldonado-González: „Die Wartezeiten sind bereits jetzt teilweise sehr lang. Der ambulante und tagesklinische Bereich muss so rasch wie möglich effektiv auf- und ausgebaut werden, damit Patientinnen und Patienten schneller zu ihrer Behandlung kommen.“
Stein des Anstoßes: Seitens des Magistrats der Stadt Wien wurde den Vinzenz Kliniken Wien der Entwurf des Regionalen Strukturplan Gesundheit (RSG) 2030, übermittelt. Darin ist eine drastische Reduktion der Planbetten in den beiden orthopädischen Fachkliniken um knapp 50 % vorgesehen. Betroffen wären das Orthopädische Spital Speising im 13. Wiener Gemeindebezirk, sowie das Herz-Jesu Krankenhaus in Wien-Landstraße. Gemeinsam versorgen diese beiden Kliniken fast 50 % der orthopädischen Patient:innen in Wien. „Diese sehr erhebliche Reduktion der Bettenanzahl würde gerade in jenem medizinischen Fachbereich, in dem es ohnedies aufgrund des hohen Bedarfs und der demografischen Entwicklung lange Wartezeiten gibt, eine massive Verschlechterung bedeuten“, sagt David Pötz, Geschäftsführer der Vinzenz Kliniken Wien. (red)