Aufwertung der Hausärzte nimmt jetzt Gestalt an

Die Verhandlungen zwischen der Österreichischen Ärztekammer und dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger für die geplanten Primärversorgungseinheiten (PVE) sind gestartet. In den 75 bis zum Jahr 2021 geplanten Einheiten – Zentren oder lokale Netzwerke – sollen Allgemeinmediziner mit anderen Ärzten und Gesundheits- und Krankenpflegekräften zusammenarbeiten. Je nach Bedarf sollen auch Kinderärzte, Hebammen, Psychologen, Therapeuten und andere Berufe eingebunden werden. Mit dem Gesamtvertrag wird jedenfalls Neuland betreten, weil erstmals der Hauptverband für ganz Österreich den Vertrag verhandelt. Damit soll künftig ein Versorgungsauftrag festgelegt werden, in den Einzelverträgen soll dann das Konzept zur Umsetzung erarbeitet werden. Man müsse auch die Unterschiede zwischen Stadt und Land berücksichtigen, sagt Verbandsvorsitzender Dr. Alexander Biach. Es seien auch unterschiedliche Anreize nötig, etwa um Ärzte in entlegenere Gebiete zu bringen. Eine Möglichkeit dazu sei die Honorierung. Es gehe dann aber auch um die Zusammenarbeit, um geregelte Arbeitszeiten und die Möglichkeit, dass Ärzte andere Ärzte anstellen können.

Sehr erfreut zeigte sich der Obmann der Bundeskurie niedergelassene Ärzte und Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK), Dr. Johannes Steinhart, über aktuelle Ankündigungen von Biach im Kampf gegen den Hausärztemangel. „Höhere Honorare für Hausärzte und die von der Ärztekammer seit Langem geforderte generelle Möglichkeit, dass Ärzte andere Ärzte in ihrer Ordination anstellen können, wären zwei ganz wesentliche Schritte hin zu einer konkreten Aufwertung des Hausarztberufs“, betonte Steinhart. Er sei gespannt, ob auf die positiven Ankündigungen des Hauptverbandchefs nun auch wirklich zeitnah Taten folgen. „Wir stehen jederzeit für weitere Gespräche zur Verfügung, möchten aber so rasch wie möglich Nägel mit Köpfen machen.“ Neben weiteren Flexibilisierungen im Vertragsbereich werde es vor allem auch eine Modernisierung des allgemeinmedizinischen Leistungskatalogs brauchen und einen „spürbaren und massiven Bürokratieabbau“. Schließlich müssen ambitionierte Jungmediziner auch im Rahmen des Kassenwesens die Chance haben, Kenntnisse und Fertigkeiten, die sie in der Ausbildung erlernt haben, einsetzen zu können. „Nur so können wir wieder mehr junge Kolleginnen und Kollegen für die Allgemeinmedizin motivieren“, so der Obmann der Bundeskurie niedergelassene Ärzte.

Unterstützung in Wien und Niederösterreich

Neuigkeiten gibt es auch in den Bundesländern – vor allem in jenen, die heuer neue Landtage wählen und wo die medizinische Versorgung ein wachsendes Thema ist. Das Thema Gesundheit und dabei die Aufrechterhaltung der ärztlichen Versorgung in den Regionen sei den Menschen sehr wichtig, und dies sei auch ein klarer Auftrag für die Politik, betonte etwa NÖ-Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner beim Startschuss für eine „Initiative Landarzt Niederösterreich“. Diese umfasst „ein Sofort-Maßnahmenpaket“ und ein „Struktur-Maßnahmenpaket“. Das Sofort-Maßnahmenpaket umfasse eine „Landarzt-Garantie“: Für nicht besetzte Landarztpraxen würden seitens der Landeskliniken-Holding Ärztinnen und Ärzte bereitgestellt. Weiters werde es für jene Allgemeinmediziner, die als Landarzt einspringen, Einstiegsprämien von bis zu 50.000 Euro für die Modernisierung der Praxen geben. Zudem können Landärzte in Zukunft bei schwierigen Einsätzen Unterstützung etwa durch Rettungsorganisationen anfordern. Im Zuge der Strukturmaßnahmen will man den Vollausbau der Landsteiner-Universität bis zum Jahr 2020 abgeschlossen haben. Darüber hinaus werde man Angebote für junge Menschen auf die Eingangstests des Medizinstudiums vorzubereiten, weiter ausbauen, und ab dem heurigen Sommer werden mindestens 60 Lehrpraxisstellen für eine praxisnahe Ausbildung zur Verfügung stehen.

In Wien wiederum starten Wohnbaustadtrat Michael Ludwig und Ärztekammerpräsident Univ.-Prof. Dr. Thomas Szekeres ebenfalls eine neue Initiative zum Ausbau der medizinischen Versorgung in den 2.000 Wiener Gemeindebauten. „Viele der städtischen Wohnhausanlagen sind mit ihren großzügigen Grünräumen und ihrer guten Infrastruktur ,Dörfer in der Stadt‘. Damit so ein ,Dorf‘ richtig funktioniert, braucht es auch eine gute Versorgung mit Hausärztinnen und -ärzten“, erklärte Ludwig. Wiener Wohnen werde ab sofort verstärkt praxistaugliche Geschäftslokale für Ordinationen zur Verfügung stellen und Ärztinnen und Ärzten, die auf der Suche nach leistbaren Ordinationen sind, kostengünstig geeignete barrierefreie Räumlichkeiten anbieten, erläuterte der Wiener Wohnbaustadtrat.

Im gemeinsamen Schulterschluss appellieren nun Ludwig und Szekeres an den Bundesgesetzgeber, die Bestimmungen insofern abzuändern, als die Möglichkeit zum Vorsteuerabzug für Vermieter selbst dann gegeben sein sollte, wenn Mieter Umsätze tätigen, die wie im Falle der Ärzteschaft nicht der Umsatzsteuer unterliegen. Szekeres: „Durch die steuerlichen Nachteile vermieten viele Eigentümer nicht mehr an Ärzte, oder sie verlangen wesentlich höhere Mieten, die am Ende wieder die Sozialversicherung oder beim Wahlarzt die Patienten zahlen. Das gehört raschest abgeschafft – vor allem im Hinblick auf die Tatsache, dass es allein in Wien, das jährlich um bis zu 40.000 Menschen wächst, um 300 Kassenordinationen zu wenig gibt.“