Biosimilars auf dem Vormarsch

In den Vorjahren, ja fast schon im vergangenen Jahrzehnt, haben biotechnologisch hergestellte Arzneimittel die Therapie von schwerwiegenden Erkrankungen revolutioniert. Durch sie wurde es möglich, zielgerichtet in die Pathophysiologie des Krankheitsgeschehens einzugreifen, was die Lebensdauer und -qualität vieler Patienten enorm verbessert hat. Gespannt wird daher auf die weitere Entwicklung von Nachahmerpräparaten der Biopharmazeutika gewartet. Eingesetzt werden Biopharmazeutika vorwiegend in der Hämatologie/Onkologie, aber auch bei schweren chronischentzündlichen Erkrankungen. Bis 2020 werden circa 28 % des Gesamtmarktes an Pharmazeutika Biopharmazeutika sein. Dies wird eine neue Herausforderung für die Kostenträger werden, die auf der einen Seite den Zugang zur Spitzenmedizin erhalten wollen, auf der anderen Seite aber mit wachsendem Druck auf das Budget konfrontiert sind. Biosimilars sind für das Gesundheitssystem deshalb relevant, weil sie versprechen, preiswerter als ihre Referenzprodukte (die Erstprodukte) zu sein.

Sie werden mit Hilfe von lebenden Zellen hergestellt, zum Beispiel Hefen, E.-coli-Bakterien oder Hamsterzellen. Häufig taucht die Frage auf, wie ein Biosimilar überhaupt definiert ist. „Arzneimittel, die als arzneilich wirksamen Bestandteil eine strukturell biotechnologisch ähnliche, also biosimilare Variante eines bereits in der EU zugelassenen Biologika beinhalten, das eine identische pharmakologische Wirkung ausübt“, erklärte Erin Federman, Head of Biologics Europe der Firma Mylan, in einer Pressekonferenz anlässlich der United European Gastroenterology Week (UEGW) in Wien. Auch wird betont, dass es nicht immer einfach ist, Patienten, aber auch Ärzte von den Biosimilars zu überzeugen, steckt doch in der Bezeichnung selbst das Wort „ähnlich“ und eben nicht „gleich“. Im Rahmen des Zulassungsverfahrens ist belegt, dass das Biosimilar dem Referenzarzneimittel hinsichtlich der Qualität, der biologischen Aktivität, der Sicherheit und Wirksamkeit entspricht. Die Herstellung von Biosimilars ist technologisch ebenso aufwändig und komplex wie jene des Referenzproduktes. Die Entwicklung eines Biosimilars dauert etwa acht Jahre – mit Kosten von bis zu 150 Millionen Euro.Aufgrund des im Vergleich zu Generika deutlich aufwändigeren Zulassungs- und Herstellungsprozesses bei Biosimilars sind weniger Markteintritte zu erwarten. Alle Biologika werden in der Europäischen Union zentral für alle Länder der EU und des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) von der Europäischen Arzneimittelbehörde (European Medicines Agency – EMA) zugelassen.

Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) sieht die Anwendung von Biosimilars hinsichtlich Wirksamkeit, Qualität und Unbedenklichkeit als „ausreichend erwiesen“ an. Sie beurteilt die von der EMA zugelassenen biosimilaren Arzneimittel im Vergleich zu den Referenzmedikamenten als gleichwertig, so dass sie gleichberechtigt beim Start einer Therapie eingesetzt werden können. Anders beim Therapiewechsel: „Wird ein Patient auf ein Biosimilar umgestellt, so sollte er in der Umstellungsphase engmaschig überwacht werden, wie bei einer Neueinstellung“, empfiehlt die AkdÄ. Für den behandelnden Arzt ist aber vor allem wichtig, ob auch mit diesen Produkten das „treat to target“ erreicht werden kann. Aus Sicht der AkdÄ können Biosimilars bei Beginn einer Behandlung ebenso eingesetzt werden wie das Referenzarzneimittel. Wird ein Patient bereits mit einem biotechnologisch hergestellten Arzneimittel behandelt und soll von dem Arzneimittel des Originalherstellers auf ein Biosimilar umgestellt werden, beispielsweise aus Kostengründen, sind insbesondere die zugelassenen Anwendungsgebiete sowie andere Applikationssysteme, wie Injektoren, Pens, Fertigspritzen, zu beachten. Hinsichtlich der Sicherheit der Anwendung befindet man sich in einer vergleichbaren Situation wie mit einem neu zugelassenen Arzneimittel der gleichen Wirkstoffklasse, bei dem das Spektrum der wesentlichen Nebenwirkungen bekannt ist. Seit der Zulassung des ersten Biosimilars im Jahr 2006 sind bei keinem einzigen Biosimilar unbekannte Sicherheitsprobleme wie schwere Nebenwirkungen aufgetreten.

„In zahlreichen Switch-Studien zeigten sich keine Unterschiede hinsichtlich des therapeutischen Effektes oder der Art, Häufigkeit und Schwere von Nebenwirkungen beim Wechsel von einem Referenzarzneimittel auf ein Biosimilar“, betonte Prof. Grazyna Rydzewska, Präsidentin der polnischen Gesellschaft für Gastroenterologie, im Rahmen der Pressekonferenz. Weiters ist sie überzeugt: „Biosimilars können daher wie ihre Referenzarzneimittel eingesetzt werden, bei Neueinstellung sowie bei Umstellung bereits mit Biologika behandelter Patienten.“

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